Duell der Leidenschaft
unterhielten sich in gutturalen Lauten, die Kerr an keine ihm bekannte Sprache erinnerten. Zwischendurch lachten sie und machten die ein oder andere vulgäre, aber nicht obszöne Geste. Dem Anschein nach stellten sie für ihn und Sonia keine Gefahr oder Bedrohung dar.
Damit stand er vor der Wahl zwischen zwei Möglichkeiten. Er konnte auf die Männer zugehen und ihnen eine Bezahlung dafür anbieten, dass Sonia auf einem der Esel dorthin mitreiten konnte, wohin sie nach getaner Arbeit zurückkehren würden. Oder er konnte warten, bis sie sich auf den Weg machten, um ihnen heimlich zu folgen. Auf sich allein gestellt, hätte er sich für die zweite Alternative entschieden. Aber er war nicht allein.
» Hola!«, rief er, als er aus dem Schutz des Dickichts trat und zu ihnen kam.
Sie drehten sich zu ihm um, der Jüngere der beiden hielt die Axt so, dass er sich jederzeit zur Wehr setzen konnte. Vater und Sohn, dachte Kerr. Die beiden sahen sich bemerkenswert ähnlich, im Vergleich zu ihm waren sie recht klein, aber von drahtiger, kräftiger Statur.
In seiner gegenwärtigen Verfassung hätte er sich nur ungern auf eine Auseinandersetzung mit den beiden eingelassen. Nicht dass er zurückweichen würde, wenn es dazu kam, aber er gab Gesprächen den Vorzug. Aus der Tasche zog er eine Silbermünze, ein mexikanischer Silberdollar von der Sorte, wie man sie in New Orleans in letzter Zeit öfters zu sehen bekam, und begann mehr mit Händen und Füßen, denn mit Worten mit den beiden zu feilschen.
Wenig später saßen er und Sonia jeder auf einem Esel und waren auf dem Weg zu einem Ort namens La Casa de las Flores.
Die Nacht legte sich wie ein blauer Samtvorhang über die Landschaft, als sie ihr Ziel erreichten. Der Treck aus Eseln, die den heimatlichen Stall witterten, wurde mit einem Mal schneller. Kerr, der von dem rauen Fell des Esels so wunde Beine bekommen hatte, als wäre er die ganze Strecke gelaufen, war erleichtert, die Außenmauern eines großzügig angelegten Hauses zu sehen. Eine bellende Hundemeute und eine Schar johlender Kinder kamen ihnen entgegen, um sie zu begrüßen. Dass es Sonia nicht besser erging als ihm, wurde spätestens dann klar, als er ihr von dem Reittier half und sie nicht nur erleichtert aufstöhnte, sondern auch erschöpft den Kopf gegen seine Brust sinken ließ, während er sie in seinen Armen hielt.
»Wir sind da«, sagte er und ignorierte den Schmerz in seiner trockenen Kehle. »Fast wieder da, wo du hingehörst.«
»Und wo ist >da«, flüsterte sie müde.
Zumindest deutete er ihre Reaktion so, doch er konnte sich auch irren.
Ein Lichtschein, der sich aus Richtung des Hauses näherte, entpuppte sich als eine Vielzahl von Lampen, die leicht hin und her schwankten. Kerr erkannte, dass es sich um eine Art Empfangskomitee handelte.
Vier oder fünf Indios mit Laternen gingen voran, gefolgt von drei drallen Frauen in identischen blauen Kleidern und Schürzen. In ihrer Mitte bewegte sich eine majestätische Frau in einem schwarzen Seidenkleid, dessen Mieder so tief saß, dass die Brüste wie ein Paar weißer Tauben präsentiert wurden. Ein Schal aus Spitze bedeckte das glänzende schwarze Haar, das von einem auffallend großen Kamm zusammengehalten wurde, das Gesicht der Frau war von unübertrefflicher Schönheit, wenngleich auch nicht mehr jugendlich.
»Guten Abend«, sprach die Lady im lispelnden Akzent von Kastilien. »Ich, Dona Francesca Isabella Cordillay Urbana, heiße Sie in meinem Haus willkommen. Manuel ist vorausgeeilt, um Ihre Ankunft anzukündigen. Treten Sie bitte ein, mein Personal wird sich um all Ihre Bedürfnisse kümmern. Sie können sich gern einige Tage lang ausruhen und Kräfte sammeln, Sie können auch gern so lange bleiben, wie Sie möchten. Sicher kennen Sie unser Sprichwort: Mi casa es su casa.«
»Sie sind sehr entgegenkommend«, erwiderte Sonia.
» Parbleu , Sie sind Französin. Wie dumm von meinem Mann, das nicht zu bemerken.« Dona Francesca wechselte sofort in diese Sprache, in ihr höfliches Auftreten mischte sich unübersehbare Neugier. »Wie lange ist es doch her, seit ich zum letzten Mal jemanden auf Französisch reden hörte. Dass Sie mir die Gelegenheit dazu geben, macht Sie noch mal so willkommen. Nun kommen Sie, Madame, Sie und Ihr wahrhaft riesiger und so gut aussehender Ehemann. Kommen Sie doch herein.«
Aristokraten unter sich, dachte Kerr säuerlich. Es mochte seine eigene Schuld sein, dass er dastand wie ein Trottel, aber es missfiel ihm sehr,
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