Duell der Leidenschaft
Entwicklung gar nicht zu freuen. Sein Gesicht behielt den finsteren Ausdruck, und er stand unerschütterlich und wachsam da, als man sich einander vorstellte. Sein Missfallen reichte Sonia, um sich für ihren neuen Bekannten zu erwärmen, selbst wenn der wirklich den vermuteten Beruf ausüben sollte.
Monsieur Tremont hielt ihre Hand geringfügig länger fest als nötig, als sie ihm vorgestellt wurde, doch davon abgesehen, waren seine Manieren tadellos. Seine Bemerkungen richtete er an sie drei insgesamt, und in erster Linie ging es darum, wann sie ablegen und welche Route sie über den Golf nehmen würden und wie erfahren der Captain dieses Schiffs war. Tremont stellte sich ihnen als jemand vor, der im Norden von New Orleans eine Zuckerrohrplantage besaß und in Mexiko und Mittelamerika in Kaffee und Ähnliches investierte. Es mochte sein, dass er die Wahrheit sagte, doch Sonia hatte seinen Ausführungen kaum zugehört.
Ihre Gedanken drehten sich stattdessen längst wieder um die Frage, wie sie das Schiff würde verlassen können. Dieser Mann aus Kentucky besaß eine teuflische Umsicht, trotzdem konnte er nicht überall gleichzeitig sein. Vielleicht würde es ihr also doch noch gelingen, ihn zu überlisten.
In jedem Fall musste sie sich aber sputen, da ihr die Zeit davonlief. Der Dampfer nach Mobile würde in weniger als
zwei Stunden ablegen. Sollte sie ihn verpassen, konnte sie sich bis zum nächsten Dampfer immer noch irgendwo in der Stadt verstecken. Aber ihr blieb nicht mehr viel Zeit, um die Lime Rock zu verlassen, denn die würde im nächsten Morgengrauen die Anker lichten und die Segel setzen.
»Sollen wir ein wenig spazieren gehen, Gentlemen?«, sagte Tante Lily zu den beiden. »Wir stehen hier in der Sonne, und Sonia und ich haben es versäumt, unsere Sonnenschirme mit an Deck zu bringen.«
Niemand wandte etwas dagegen ein, erst recht nicht Sonia. Nur zu gern wollte sie sich auf dem Schiff umsehen und nach etwas suchen, in dessen Schutz sie ihre Flucht antreten konnte. Nur ein paar Schritte weiter waren zwei Seeleute damit beschäftigt, die Reling abzuschmirgeln und neu zu streichen. Tante Lily hakte sich bei Monsieur Tremont unter, als sie einen Bogen um einen Eimer Firnis machen musste. Damit blieb für Sonia nur Kerr übrig, der ihr Halt geben konnte, während sie ihre Röcke so raffte, dass die mit der Farbe nicht in Berührung kamen. So schnell wie möglich löste sie sich aber wieder aus seinem Griff, da ihr Arm überall dort irritierend kribbelte, wo seine Finger sie berührt hatten.
Als sie die beiden Seeleute passierten, sah einer von ihnen hoch und schaute Sonia in die Augen. Dabei grinste er so breit, dass sie seine Zähne sehen konnte, die sich vom Saft des Kautabaks in seinem Mund rot verfärbt hatten. Etwas an der Art, wie er den Mund verzog, erschien ihr unangemessen keck, außerdem fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen, während er seinen Blick über ihren Körper wandern ließ. Er schien von der Sorte Matrose zu sein, die in Kneipen und Bordellen für hohe Einnahmen sorgten, während ihre Schiffe im Hafen lagen.
Sonia schaute sofort weg, gleichzeitig kam Kerr näher und nahm ihren Arm erneut in seinen besitzergreilenden Griff, wobei er dem Mann einen finsteren Blick zuwarf.
»Du da, Baptiste. Zurück an die Arbeit!«
Der Befehl kam von einem Offizier des Schiffs, der an einer Luke in der Nähe stand und das Verladen von Mehlfässern überwachte.
»Aye, Sir. Wird gemacht, Sir.«
In der Antwort des Seemanns, der mit dem Akzent eines englischen Hafenarbeiters sprach, schwang ein aufsässiger Unterton mit, dennoch senkte er den Kopf und widmete sich mit solchem Eifer wieder seiner Aufgabe, als hinge sein Leben davon ab. Während sie weitergingen, schaute Kerr nachdenklich über die Schulter zurück zu dem Mann.
Der Zwischenfall war so unbedeutend und so schnell vorüber gewesen, dass Sonia ihn gleich wieder vergaß. Ganz im Gegensatz zu dem Mann an ihrer Seite, dessen Nähe ihr viel zu deutlich bewusst war. Diesmal ließ er sie nicht wieder los, sondern nahm ihre Hand und legte sie in seine Armbeuge.
Durch den Stoff hindurch konnte sie stählerne Muskeln und Sehnen ertasten, und sie spürte, welche Kraft in seinem großen Körper schlummerte. In seinem graublauen Gehrock, der cremefarben und blau verzierten Weste und der grauen Hose — deren Säume er mit Bändern unter seinen Halbstiefeln hindurch festgemacht hatte und die dadurch gefälliger an ihm aussah - machte er eine
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