Duell der Leidenschaft
der Rest bekannt.«
»Ich würde lieber Ihre Version hören.«
Mit einer beiläufigen Geste redete sie weiter. »Lamar war überzeugt, die Leute in diesem Landstrich und vielleicht sogar der Befehlshaber der Festung Santa Fe würden sich den Rangern anschließen und sich gegen Mexiko erheben. Aber das geschah nicht.«
»Ich nehme an, Ihr Bernard starb in Texas.«
»Er gehörte zu jenen, die gezwungen waren, sich bei Mier zu ergeben. Die Gruppe musste ins mexikanische Hinterland marschieren, unternahm aber einen Fluchtversuch. Dabei verirrten sie sich und wurden abermals gefasst. General Santa Ana wies an, dass zur Strafe jeder zehnte Gefangene erschossen werden sollte. Ein Krug wurde mit hundertneunundfünfzig weißen und siebzehn schwarzen Bohnen gefüllt. Bernard zog eine schwarze Bohne, und so holte man ihn aus der Gruppe der Gefangenen und ...«
Sie musste abbrechen, da ihr die Tränen kamen und sie nicht weiterreden konnte. Sie hatte gedacht, diesen Verlust hätte sie längst überwunden, doch offenbar irrte sie sich.
»Mein Bruder Andrew musste diese Tortur nicht ertragen«, sagte der Mann neben ihr, ohne sie anzusehen. »Er gehörte zu jenen, die bei dem Fluchtversuch starben.«
Erstaunt drehte sie sich zu ihm um. »Ihr Bruder? Das wusste ich nicht. Das tut mir leid.«
»Vielleicht haben Ihr Verlobter und mein Bruder sich sogar gekannt.«
»Ja, vielleicht. Jean Pierre, der Mann, den ich heiraten soll, hatte ebenfalls an dieser schrecklichen Expedition teilgenommen. Von ihm erfuhr ich von Bernards Schicksal, als er mir nach seiner Rückkehr einen Besuch abstattete, um mir sein Beileid auszusprechen. Er überbrachte mir die Nachricht, die Bernard vor seinem Tod an mich geschickt hatte. Das war das einzige Mal, dass ich mich mit meinem zukünftigen Ehemann unterhielt.«
Der Mann aus Kentucky reagierte mit einem sonderbaren Blick und machte den Mund auf, als wolle er ihr widersprechen. Stattdessen sagte er nach kurzem Zögern: »Das ist nicht viel, um darauf eine Ehe aufzubauen.«
»Nein, das ist es wirklich nicht.«
»Dies ist nun schon eine ganze Weile her. Haben Sie seitdem keinen anderen Mann kennengelernt? Ich meine, fühlten Sie sich zu niemandem sonst hingezogen?«
Sie glaubte, dass er mit seiner Frage etwas Abstand zu einem schmerzhaften Thema schaffen wollte, vielleicht nicht nur für sie, sondern auch für sich selbst. Zwar war sie ihm dafür dankbar, doch das wollte sie ihn lieber nicht wissen lassen.
»Ehe als einzige Daseinsberechtigung für eine Frau?«, fragte sie mit bewusster Härte in ihrer Stimme.
»Im Allgemeinen wird das als etwas Erstrebenswertes angesehen.«
»Mir kommt es wie eine Falle vor.«
Er wandte sich zu ihr um. »Betrachten Sie so diese Vermählung mit Rouillard? Als Falle?«
»Eine, die mein Vater aufgestellt hat.« Sie schaute ernst drein und lächelte dann leicht.
»Warum ist Ihr Vater so darauf versessen, dass Sie ihn heiraten? Meint er, Sie und Rouillard hätten etwas gemeinsam, weil er zugegen gewesen sein soll, als Ihr Verlobter erschossen wurde?«
»Die Denkprozesse meines Vaters sind unergründlich. Er hat es bestimmt und erwartet, dass seine Anordnung ausgeführt wird.«
»Könnte es sein, dass er immer noch einen Erben will?«
»Ja, einen Enkel. Seit Bernards Tod hat er sich immer beklagt, dass ich ihn nicht überredet habe, mich zu heiraten, bevor er sich auf den Weg nach Texas machte.«
»Das wäre vielleicht besser gewesen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie hätten die Heirat mit Rouillard vermeiden können, von dieser Reise ganz zu schweigen.«
»Das stimmt.«
»Natürlich wären Sie da für eine Heirat noch recht jung gewesen.«
»Siebzehn. Eine Heirat in dem Alter ist hier üblich. Viele meiner Freundinnen haben bereits mit fünfzehn oder sechzehn geheiratet.«
»Viel zu jung, als dass man weiß, worauf man sich einlässt.«
»Aus dem Grund arrangieren die Eltern das Ganze«, konterte sie. »Bei ihnen geht man davon aus, dass sie in ihrem Alter genügend Erfahrung gesammelt haben, um die richtige Entscheidung treffen zu können.«
Er blieb skeptisch. »Davon kann in diesem Fall aber wohl
kaum die Rede sein. Damit will ich sagen, dass Sie alt genug sind, um Ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.«
Dem konnte sie nicht widersprechen. Natürlich hätte sie ihm erklären können, dass eine französisch-kreolische Lady, die in diesem Alter noch unverheiratet war, als alte Jungfer angesehen wurde, die alle Hoffnung fahren lassen konnte ...
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