Duell der Leidenschaft
düstere, aber imponierende Figur. Die strahlende Sonne betonte die feinen Fältchen in seinen Augenwinkeln, beschien die kantigen Konturen seines Gesichts und erfasste eine kleine Narbe an seinem Kinn, während seine Augen das Licht silbern reflektierten.
Ein sonderbares Frösteln überkam sie und bescherte ihr eine Gänsehaut. Irritiert legte sie die Stirn in Falten. Sie war kein Schulmädchen mehr, das sich von einem Paar breiter Schultern und einem Gang wie bei einem sich an seine Beute anschleichenden Puma beeindrucken ließ. Was war nur los mit ihr, dass sie irgendetwas an diesem Mann als attraktiv empfinden konnte? Es war einfach lächerlich, zumal sie kultivierte Männer bevorzugte. Männer, die zu einem Mindestmaß an zivilisierter Unterhaltung fähig waren.
Natürlich war es ihre Pflicht, zumindest den Versuch einer Konversation zu unternehmen; diese Verhaltensregel war ihr von dem Moment an eingeimpft worden, als sie begann, ihr Haar hochzustecken. Sie hätte sich gern auf ihre Tante verlassen, damit die zu einem Redeschwall ansetzen konnte, ehe betretenes Schweigen überhaupt aufkommen konnte, doch die Lady war mit Monsieur Tremont bereits ein ganzes Stück weit vorausgegangen. Sonia neigte eigentlich dazu, gar nichts zu sagen, da es kaum etwas gab, worüber sie mit dem Mann an ihrer Seite reden konnte. Doch nach kurzem Überlegen entschied sie sich anders. Es war wichtig, bei ihm den Eindruck zu wecken, dass sie sich in ihr Schicksal ergeben hatte. Vielleicht würde er dann nicht mehr ganz so wachsam sein.
»Waren Sie schon mal auf See?« Die Frage, die sie so ruhig vortrug, wie ihre Stimme es zuließ, war ihr in den Sinn gekommen, als sie die sanfte Bewegung des Schiffs durch die Strömung bemerkte.
Kerr Wallace reagierte mit einem skeptischen Blick, antwortete aber ohne zu zögern. »Nur auf Dampfschiffen, die zwischen hier und Mobile oder Charleston entlang der Küste verkehren.«
»Dann wissen Sie gar nicht, ob Sie einen guten Seemann abgeben würden.«
»Richtig. Und Sie?«
»Meine Eltern reisten mit mir nach Frankreich, als ich noch ein Kind war. Die Reise machte mir Spaß, und ich liebte die Schaukelbewegung des Schiffs. Aber das ist schon lange her.«
»Dann können wir nur das Beste hoffen.«
»Ja.« Damit schien dieses Thema abgeschlossen. Während sie krampfhaft überlegte, was sie als Nächstes sagen sollte, griff sie nach dem Fächer, der mit einem Band an ihrem Handgelenk hing, und fächelte den Rauch von Ihr weg, der vom Nachbarschiff zu ihnen wehte und sich über sie legte. Dort hatte die Mannschaft alle Hände voll zu tun, alles zum Verlassen des Docks bereit zu machen. Das Dampfschiff hatte Natchez zum Ziel, und gleich dahinter lag das Schiff, das nach Mobile fahren würde. Auch dort hatte man das Feuer entzündet, um in den Kesseln Druck zu erzeugen.
Voller Unwillen dachte sie daran, dass sie jetzt nicht auf diesem Schiff dort war. Der Gedanke weckte zugleich die immer noch frische Erinnerung daran, wie mühelos Kerr Wallace sie in der letzten Nacht gepackt und weggetragen hatte, und bescherte ihr ein sonderbares Gefühl im Bauch. Unwillkürlich ging ihr Blick zu seiner Schulter, über die er sie gelegt hatte, während ihre Hüfte gegen seinen kantigen Kiefer drückte und seine große Hand ihren Oberschenkel umfasst hielt. Dabei näherte er sich bedenklich jenem Bereich zwischen ihren Beinen, wie es noch niemand vor ihm gewagt hatte.
Auf eine hitzige, beinahe schmerzhafte Weise nahm sie ihn als Mann wahr, was sie stärker beunruhigte als alles, was sie bis dahin gekannt hatte.
Ihm war nicht anzumerken, ob er ihr gegenüber etwas Ähnliches verspürte. Aber warum sollte er das? Sie war seine Schutzbefohlene, durch sie erlangte er die finanziellen Mittel, die für eine Reise nach Mexiko erforderlich waren, und er würde deshalb sehr wachsam sein, damit sie ihm nicht entwischte. Er hatte seinen Willen durchgesetzt, und sie war unterlegen. Also konnte er es sich jetzt erlauben, sich zu entspannen. Zumindest für den Augenblick.
»Etwas beschäftigt mich, Mademoiselle Bonneval«, sagte er auf einmal leise. »Sie sind beileibe nicht unansehnlich. Sie können eine gute Familie vorweisen, und ich nehme an, Ihr Vater könnte sich eine gute Mitgift leisten. Wie kommt es dann, dass Sie mit — wie viel war es noch gleich? Zweiundzwanzig? - noch immer nicht verheiratet sind?«
»Das ist eine trübselige und uninteressante Geschichte.« Ihre Antwort fiel knapp aus, da sich in ihr Wut
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