Duell der Liebe
haben die Leute gute Gründe für ihre Lügen. «
»Ha! « schnaubte ’Ring.
»Wir können nicht alle so rein sein wie du«, sagte Toby und schüttete Whisky auf die Wunden. »Wenn du meinst, daß sie ein so abgrundtief schlechtes Geschöpf ist - warum läßt du sie dann nicht in Ruhe und reitest ins Fort zurück? «
»Sie ist nicht schlecht«, versetzte ’Ring und blickte zur Seite, als Toby grinste. »Ich habe keine Ahnung, was sie ist. Wenn man eine Auskunft von ihr bekommen will, ist es so, als würdest du… würdest du… «
»Mit einem Blackfoot-Indianer kämpfen? «
»Fast so schlimm. « ’Ring stand auf und streckte sich. »Ich werde mich jetzt schlafen legen. Bei dieser Frau braucht man jedes Quentchen Kraft, das man bekommen kann. « ’Ring zog sein Hemd an, setzte sich auf die Decke, die er auf dem Boden ausgebreitet hatte, und streifte die Mokassins ab.
»Toby? «
»Ja. «
»Hast du schon mal den Ausdruck »seelische Schlafmütze< gehört? «
»Nicht, das ich wüßte. Wo hast du denn das aufgegabelt? «
»Von unserer kleinen… « Er hielt inne und lächelte. »… umherziehenden Sängerin. «
Er hatte sie gewiß nicht in böswilliger Absicht so genannt, sondern sie nur einschüchtern wollen, damit sie von ihren Reiseplänen Abstand nahm. Und genau diesen Zweck hatte er mit seinen weiteren Aktionen verfolgt, aber er hatte nur erreicht, daß sie sich über ihn ärgerte. Angst hatte er ihr nicht einjagen können, aber als sie heute von dem Treffen mit dem Unbekannten zurückgekommen war, war sie ganz blaß gewesen vor Angst. Und bevor er zu ihr ins Zelt gekommen war, hatte sie geweint.
Er lächelte, als er sich an ihr Zusammensein im Zelt erinnerte. Es war ihm in der Tat gelungen, ihre Tränen zum Versiegen zu bringen. Ihre nassen Augen hatten gesprüht vor Haß, und er war froh gewesen, daß sie in diesem Moment keine Waffe in Reichweite gehabt hatte. Ob sie wohl mit einer Waffe umgehen konnte? Auf einem Pferd hielt sie sich gut, das mußte der Neid ihr lassen. Lernte man das in einem herzoglichen Reitstall? Kaum…
»Was ist denn das? « fragte Toby plötzlich.
’Ring blickte geistesabwesend auf den Pfeil, den er aus seinem Gürtel gezogen hatte. »Ein Pfeil. Ein Crow-Pfeil. «
»Für mich sehen alle Indianer und alle Pfeile gleich aus. Wo hast du den her? «
’Ring hielt den Pfeil mit ausgestrecktem Arm von sich und betrachtete ihn. »Er wurde mir geschickt. Eine Botschaft, denke ich. Vielleicht eine Warnung. Ich glaube, der Indianer soll die Sängerin vor irgend etwas bewahren. «
»Wie kann eine Herzogin von… von… «
»… Lanconia. «
»Ja, richtig. Wie kann eine ausländische Lady einen Indianer als Beschützer haben? «
’Ring lachte und streckte sich auf seiner Decke aus. »Das ist meine geringste Sorge. Morgen werde ich damit beginnen, mir die Antworten auf meine Fragen zu holen. Gute Nacht«, sagte er und schloß die Augen.
Maddie saß auf der harten, mit Pferdeleder überzogenen Bank und starrte wütend aus dem Fenster. Sie würde um keinen Preis der Welt den Mann ansehen, der ihr gegenübersaß. Heute morgen hatte Captain Montgomery sie davon unterrichtet, daß er in ihrer Kutsche mitreisen würde. Er hatte gar nicht erst gefragt, ob sie ihm es gestattete. Angeblich wollte er sich eine Weile vom Sattel erholen, aber sie wußte genau, was er vorhatte. Er wollte sie ausfragen.
Heute morgen, als sie aus einem unruhigen Schlaf erwacht war, hatte sie sich als erstes daran erinnert, wie er mit seinen Händen ihre verkrampften Muskeln entspannt hatte, als sie am Abend vorher vor Erschöpfung fast umgefallen wäre. In diesem Moment hätte sie ihm fast verraten, was mit Laurel passiert war.
Was würde wohl geschehen, wenn sie ihm die Wahrheit anvertraute? Sie konnte ihn sagen hören: »Ich habe den Befehl erhalten, Madam, jeden Mann und jede Frau festzunehmen, die versuchen, sich in die freie Meinungsbildung dieses Landes einzumischen. « Sie stellte sich vor, wie sie ihn anflehte, das Leben ihrer Schwester zu retten, und wie er ihr antwortete, daß Pflichtgefühl und Gehorsam wichtiger seien als das Leben eines unbedeutenden Mädchens.
»Wie bitte? « sagte sie, als sie merkte, daß Captain Montgomery etwas zu ihr gesagt hatte.
»Ich fragte, ob LaReina Ihr vollständiger Name ist. «
»Ja«, erwiderte sie und sah ihm jetzt doch in die Augen. Sie hatte ihm schon einmal klarzumachen versucht, daß LaReina ihr Künstlername war - offenbar hatte er ihr damals nicht
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