Duell der Liebe
sinnlos war, ihn zu bitten, sie allein ausreiten zu lassen. Er hatte sich zu ihrem Wachhund erklärt und würde seine Pflicht um keinen Preis vernachlässigen.
Sie hatte gestern stundenlang in der Kutsche über diesem Problem gebrütet, und dabei war ihr nichts Besseres eingefallen als Opium. Das würde ihn lange genug aus dem Verkehr ziehen und Maddie einen ausreichenden Vorsprung verschaffen. Zudem schien Edith einen unerschöpflichen Vorrat von diesem Zeug zu besitzen. Maddie hatte sich einen Plan ausgedacht, wie sie Captain Montgomery dazu bringen konnte, das Opium in einer Trockenfrucht zu sich zu nehmen.
»Ja«, sagte sie leise, »ich brauche diese Frucht. « Ais sie das sagte, kam sie sich ziemlich schäbig vor. Es hatte sie kaltge-lassen, als er vor ihren Augen den mit Opium versetzten Whisky getrunken hatte, und heute war er ein noch größeres Hemmnis und Ärgernis als je zuvor. Aber inzwischen hatte er sehr viel für sie getan.
»Bring die Frucht morgen früh so gegen fünf Uhr. Hast du mir ein Pferd besorgt? «
»Wie Sie es mir aufgetragen haben. Es steht für Sie bereit. « Edith blickte Maddie eine Weile stumm an. »Wollen Sie wirklich allein in die Wälder reiten? «
»In den Wäldern bin ich sicherer als in so einer Bretterbudenstadt. Wälder haben keinen Schrecken für mich, aber wenn Captain Montgomery aufwacht, wird er eine furchtbare Laune haben. «
»Dann bin ich morgen wohl den ganzen Tag hindurch am anderen Ende des Lagers beschäftigt. Ich möchte nicht, daß er auf die Idee kommt, ich hätte irgend etwas mit der Sache zu tun. «
»Ein weiser Entschluß. «
Als ’Ring ins Zelt zurückkehrte, hatte sich Maddie die Decke bis zum Kinn hochgezogen. Sie lauschte jedoch den Geräuschen, die er beim Ausziehen und beim Ausbreiten seiner Decken auf dem Boden machte. Sie fragte sich, was er wohl anhatte.
Er löschte die Lampe und kroch zwischen seine Armeedecken. »Gute Nacht«, sagte er leise.
Maddie antwortete nicht, sondern wartete gespannt, ob er nicht doch etwas unternahm. Sie erinnerte sich daran, daß Toby gesagt hatte, Captain Montgomery wäre an Frauen nicht interessiert. An keiner Frau oder nur an ihr nicht?
»War ich heute abend tatsächlich gut, oder wollten Sie mir nur etwas Nettes sagen? «
»Sie waren mehr als gut. «
Sie schwieg einen Moment. »Ich habe noch nie zuvor so etwas getan. Ich meine, ich habe noch nie so eine Rolle gespielt. Mein Leben ist eher gesetzt gewesen, was Männer betrifft. Tatsächlich habe ich noch keinen… « Sie konnte den Satz nicht beenden.
»Ich weiß. «
Diese Bemerkung machte sie wütend. »Wie können Sie nur annehmen, daß Sie so viel über mich wissen, während ich so wenig über Sie weiß? «
»Wir lernen dort, wo unsere Interessen liegen. «
»Was soll das nun wieder heißen? «
Er sagte nichts, und sie ahnte, daß er ihr die Antwort auf diese Frage schuldig bleiben wollte. Sie hatte wieder die Szene vor Augen, als er ihr seine Arme entgegenhob, um sie vor ihren betrunkenen Zuhörern zu retten, und sie dachte daran, was sie ihm morgen früh antun würde. »’Ring«, flüsterte sie.
Er sagte nichts, aber sie wußte, daß er horchte. »Manchmal muß ein Mensch etwas tun, was nicht gerecht ist oder was in dem Moment der Tat ungerecht zu sein scheint, aber die Umstände zwingen einen manchmal dazu, ob man will oder nicht. Verstehen Sie? «
»Nicht ein Wort. «
Sie seufzte. Es war besser, wenn er es nicht verstand. »Gute Nacht«, sagte sie, drehte sich auf die Seite und versuchte einzuschlafen.
Am Morgen, gegen fünf, kam eine verschlafen aussehende Edith mit einer kleinen Schachtel aus Holz unter dem Arm ins Zelt. »Morgen, Captain«, sagte sie.
Maddie rollte sich auf die linke Seite und sah Captain Montgomery voll bekleidet mit seinem schmutzigen, blutbefleckten Hemd und seiner Armeehose auf einem Klappstuhl sitzen und Kaffee trinken. »Wie lange sind Sie schon wach? « fragte Maddie.
»Eine Weile. Was bringen Sie denn da, Miss Honey? «
»Trockenfrüchte. Einer der Männer hat sie ihr geschickt«, antwortete Edith und deutete auf Maddie. »Als Anerkennung für ihre Vorstellung gestern. Ich glaube, man nennt diese Dinger Feigen. Ich habe noch nie so was gegessen, und sie sehen mir auch nicht besonders verlockend aus, aber eines von den Mädchen hat mir erzählt, daß sie ein horrendes Geld kosten. «
’Ring nahm Edith die Schachtel ab und schaute hinein. »Es sind tatsächlich Feigen. « Er hielt Maddie die Schachtel hin.
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