Duell der Magier 01 - Unter den magischen Monden
Erde auftauchte. Die Wälder, die das Hügelland davor bedeckten, tauchten nach und nach aus dem rauchigen Dunkel, das noch an der Erde haftete.
»Willst du die Berge überqueren?«
Die Stimme hinter ihr erschreckte sie. Sie wirbelte herum. Der Intii hatte die arbeitenden Männer allein gelassen und war so lautlos hinter sie getreten, daß sie nicht das geringste Geräusch vernommen hatte. Sie blickte in die runzelige Maske. »Ja.« Das Wort sickerte heraus, als versuchte sie, seine Gedanken zu lesen und zu entscheiden, wieviel sie sagen durfte. Es schien ihr sicherer zu lügen; wie wenig Kontakt die verstreuten Fischerdörfer auch mit Außenstehenden und untereinander hatten, Zufälle waren immer möglich. Hunderte, ja Tausende von Augen mochten nach ihr suchen, nach jedem Schatten ihrer Spuren.
Auf merkwürdigste Art ist es am sichersten für mich, in die Stadt zurückzukehren. Das ist der letzte Ort, wo sie nach
mir suchen würden.
»Ich nehme die Hochstraße südlich vom Biscerica«, sagte sie.
Der Intii blickte von den Dorfmauern zu den dunklen Flecken im Gras, wo die toten Angreifer noch unbeerdigt lagen. »Die Kapperim werden dich erwarten.« Er deutete zu den Bäumen. »Du wirst sie nicht sehen. Immer einer oder zwei werden dir auflauern. Diese Bestien vergessen niemals eine Niederlage.« Sein Mund verzog sich zu einem leichten Lächeln, als er die Hand ausstreckte und die Spitze des Bogens berührte. »Verfehlst du damit jemals dein Ziel, kleine Meie?«
»Selten.« Sie beobachtete, wie die Boote sich auf die Mitte der Wasserstraße zubewegten. Die zurückgebliebenen Männer kehrten schweigend zu dem erwachenden Dorf zurück. Sie sah, daß mindestens die Hälfte der Schiffe noch hoch am Ufer festgemacht lagen. »Rechnet ihr damit, daß die Kapperim wiederkommen?«
Er wies mit einem langen, knochigen Daumen auf die dahingestreckten Leichen. »Dieser Haufen dort bestimmt nicht, aber andere nach ihnen mit Sicherheit. Wir hatten hier schon ein halbes Dutzend solcher Überfälle.« Er zog an einem Zopf seines Barts. »Ich werde dir eines sagen, Meie, ich habe nichts gegen dich, aber es ist besser, wenn du schnell verschwindest, hörst du? Meine Frau packt die Dinge zusammen, um die du gebeten hast. Es ist nicht nötig, daß du noch einmal umkehrst.« Er nickte in Richtung des Dorfes. »Such dir dein Macai aus.« Er grinste plötzlich und wurde ebenso plötzlich wieder ernst. »Du kannst unter vielen wählen.« Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und schritt auf das Tor zu.
Ein Macai trompetete traurig, trollte sich dann an ihr vorüber und kaute auf üppigem Steppengras, wobei die langen, schmalen Blätter aus seinem Maul hingen, rhythmisch zuckten und allmählich kürzer wurden. Serroi mußte ab und zu lachen, während sie zwischen den weidenden Macai umherging und sie mit von Tayyan trainiertem Auge abschätzte, bis sie eines gefunden hatte, das ihr gefiel.
Sie näherte sich ihm vorsichtig und benutzte ihren Augenfleck, um beruhigende Wellen auszusenden. Es beobachtete sie mißtrauisch, wich jedoch nicht zurück, sondern scheute nur ein wenig, als sie die Hand auf seinen mageren Hals legte. Sie kraulte die glatte, warzige Haut und legte ihre Stirn an die Schulter des Macai. Der scharfe, staubige Geruch des Tieres löste reiche Erinnerungen aus .
Als hochgewachsene, knochige Blonde mit zerschrammten Knien, den Tränen nahe und mit einem kleinen Pflaster auf der Nase, schlenderte Tayyan in den Stall und ließ den Blick über die Macai schweifen. Ihre Inspektion wurde von einer Reihe weitgehend trauervoller Schnüffelgeräuschen begleitet. Serroi streichelte den Hals eines frisch geschlüpften Macai, dessen Fell so strahlend braun-gelb gestreift und weicher war als frisches Frühlingsgras. Tayyan kniete neben sie, der starre Blick ihrer blauen Augen wurde weicher. Sie hielt ihre schmutzige Hand dem Fohlen zum Schnuppern hin, dann hockte sie sich neben Serroi. Nach einer Weile streichelte sie die bebende Schnauze sanft, bis das kleine Fohlen vor Freude schrie. Weitere Augenblicke verstrichen in kameradschaftlichem Schweigen, dann begannen Serroi und Tayyan zu sprechen.
Tayyans Vater war ganz verrückt auf Macairennen und teilte diese Leidenschaft mit seiner Tochter. Diese konnte schon reiten, bevor sie das Laufen gelernt hatte, und weigerte sich, brav bei den Frauen zu sitzen und die Frauenpflichten zu erlernen, die ihr die Tanten unbedingt beibringen wollten: Bei jeder Gelegenheit stahl sie sich
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