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Duell der Magier 01 - Unter den magischen Monden

Duell der Magier 01 - Unter den magischen Monden

Titel: Duell der Magier 01 - Unter den magischen Monden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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zu Atem zu kommen. Die Nor-Schlacht hatte die Schindeln und die Trägerbalken beschädigt, so daß das Dach unter ihrem geringen Gewicht ächzte, wann immer sie sich bewegte.
    Sie betrachtete die Holzstücke, die sie im vergangenen Jahr hier heraufgeschleppt hatte. Als sie ihr Gewicht geringfügig verlagerte, neigte sich das Dach ein wenig, und ihr wurde klar, daß sie ihre Pyramiden nicht wieder errichten konnte. Stirnrunzelnd blickte sie über die Schulter zur Mauer, deren braunschwarzes Gestein in der Mittagssonne funkelte, erschauderte und wandte sich wieder dem Turm zu.
Wenn ich auch nur ein kleines bißchen nachgebe, wird er mich mit Haut und Haaren verschlingen. Ich werde es nicht zulassen . . . werde es nicht . . .
Sie zog ihr Kleid über die Knie.
Irgend etwas über die Mauer schleudern . . . ein Seil? Die Mauerzinne ist zu glatt. Was dann?
Ihre Versuche, sich einen Fluchtweg auszudenken, wurden von einem ständig wiederkehrenden Refrain begleitet. Ich kann nicht. Ich kann nicht. Ich traue mich nicht. Ich kann nicht. Der Rhythmus glich pulsierenden Blutstößen. Ich kann nicht. Ich kann nicht.
    Ein Seil... etwas, das hängen bleibt . .. dieses Aststück.
Sie kroch um den Schutthaufen. Ein Ast wie ein Fischhaken und so groß wie sie selbst schob sich an der Wand empor. Sie zog daran, wollte ihn herausbrechen. Zu ihrer Befriedigung stellte sie fest, daß das Holz fast so widerstandsfähig war wie das Mauergestein. Sie blickte zum Turm. »Und ich werde dich doch überwinden, Ser Noris. Du wirst warten.«
    Danach kamen die Hände drei Tage lang nicht. Serroi fragte sich, ob man sie verhungern lassen oder nur bestrafen wollte. Sie verwehrte sich selbst, an ihn zu denken und konzentrierte sich ausschließlich auf die Vorbereitungen zu ihrer Flucht. Sie riß Laken in Streifen, flocht sie zu einem Zopf und arbeitete neue Streifen hinein, bis sie ein Seil von fünf Metern Länge hatte. Als sie das Ende verknotete, zog und drehte sie das Seil und überprüfte es auf der ganzen Länge nach Schwachstellen. Als sie damit zufrieden war, rollte sie es zusammen, warf es sich über die Schulter, trat hinaus in den Hof und rieb sich die schmerzenden Augen. Die Schatten fielen tief in den Hof, die Sonne hing gerade noch über der Westmauer. Sie trank vom Wasserhahn, streckte sich und ächzte, dann marschierte sie zu den Käfigen.
    Auf dem Dach zerrte sie den Ast über die geborstenen Ziegel zu der Ecke, wo das Dach noch in der besten Verfassung zu sein schien. Sie knotete das Seil um ihre Taille und das andere Ende um den Ast. Sie spreizte leicht die Beine, wirbelte das Holzstück über dem Kopf und warf es dann so hoch, wie sie nur konnte.
    Der Ast prallte gegen den Stein, fiel zurück und riß sie dabei fast vom Dach herab. Sie ließ sich vorsichtig auf die Knie fallen, ihr Herz raste. Drei Tage ohne Nahrung hatten sie mehr geschwächt, als sie gedacht hatte. Mit Schwindelgefühlen im Kopf und einem Zittern am ganzen Körper, versuchte sie es noch einmal unter Aufbietung aller Kräfte. Diesmal flog der Ast über die Mauer, aber nur gerade eben so. Sie hörte das dumpfe Poltern des Holzes, als es an der Außenseite der Mauer aufprallte, spürte, wie das Seil sich um ihre Taille spannte, sah es als weiße Linie von ihrem Bauch zu der Mauer und darüber verlaufen. In ihrem Innern suchte sie nach Triumph, doch da war nichts als Trauer. Mit zitternden Händen begann sie das Seil zu spannen und ihren improvisierten Enterhaken hochzuziehen.
Es muß halten, es
muß... Das Ende wurde über der Mauer sichtbar, wackelte und legte sich flach an den Rand, als der Seitenast, der den Haken bildete, griff und hielt.
    Sie trat an die Mauer und zerrte am Seil. Es hielt. Sie belastete es mit ihrem Körpergewicht. Es hielt. Nachdem sie das Ende von ihrer Taille gelöst hatte, griff sie so weit nach oben, wie sie konnte, und begann zu klettern. Etwa einen halben Meter über den Dachpfannen verspürte sie ein beängstigendes Rucken und verharrte reglos. Als sie nach oben schaute, sah sie, daß der Ast ein wenig verrutscht war. Einen Augenblick blieb sie mit auf die Unterlippe gebissenen Zähnen hängen, dann atmete sie schnaubend aus und zog sich höher. Der Ast hielt. Sie zog die Füße nach und griff weiter nach oben.
    Der Ast kam schwungvoll von der Mauer geflogen und warf sie heftig aufs Dach. Die Schindeln krachten unter der plötzlichen Belastung, und sie brach bis zu den Hüften ein. Langsam und unter Schmerzen stemmte sie sich aus dem

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