Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde
da, hielt sie im Arm und ließ sein Kinn warm auf ihrem Kopf ruhen. Dann wirbelte er sie lachend zu sich herum und hielt sie bei den Schultern. »Du willst keine Anweisungen befolgen, selbst wenn du weißt, daß ich recht habe; du willst keine Fragen beantworten, solange du keine Lust hast; du bist aufbrausend, intolerant, egozentrisch und eine Nervensäge.« Immer noch mit einem Lachen ließ er sie los und hob ihre Stiefel und die Speere auf. »Gehen wir.«
Der Aufstieg, bei dem sie von Spalte zu Spalte über Gestein krochen, war weit ärgerlicher als schwierig. Das Gestein wirkte massiv und brach doch unter Händen und Füßen fort, nachdem sie jeden Griff geprüft und doch kein großes Vertrauen dazu gefaßt hatten. Bis sie oben angelangten, bluteten Serrois Hände und Füße und Herns Hände. Die Sonne ging gerade als roter Fleckchen an der flachen Linie des Horizonts auf. Der Morgen war frisch und kühl, ein Windchen fegte Steinchen und trockne Grasbüschel umher und pfiff durch das dürre Gesträuch Serroi rammte ihre Speerspitze in die harte Erde und ließ di Waffe stecken, dann wandte sie sich zu Hern um und ergriff seine Hände.
»Was...?«
»Sei ruhig.« Der Heilprozeß verläuft in einem realen Körper nicht so leicht. Sie fühlt seinen erschreckten Widerstand, sein darauf folgende Entspannung, während sie sich in der Erde verwurzelt und die Wärme der Mutter durch sich und in ihr fließen läßt. Er fühlt es und schreckt zurück, doch sie hält ihn fest, und er kann sich ihr nicht entziehen, ohne ihr wehzutun Er wird ruhig, als die Heilung ihn Kraft kostet, diesmal allerdings nicht so sehr. Die Verletzungen sind unbedeutender doch sie empfindet das Bedürfnis, gegen die kleine Schwäch etwas zu unternehmen. Sie erfüllt ihn direkt mit der Kraft der Erde und läßt dann los. Er starrt auf seine Hände, und sie bemerkt, daß sie, ohne es zu beabsichtigen, auch sich selbst geheilt hat. Sie begegnet seinem Blick, sieht wie er die Braue hochzieht, sieht, daß auch die Narbe in seinem Gesicht verschwunden ist, obgleich die Furche in seinen Bartstoppel anzeigt, wo sie einmal verlief. Sie tritt zu dem Speer zurück ergreift den Schaft, empfindet einen Anflug von Euphorie, ein Hochgefühl, das langsam verfliegt, als sie sich der Sonne zu wendet und zu laufen beginnt.
Sie ging ein paar Schritte und drehte sich um. Hern beobachtete sie mit eigenartigem Gesichtsausdruck. Er wischte seine Hände über das Vorderteil seines Hemdes, schüttelte den Kopf, holte sie ein und stellte keine Fragen.
Sie gingen eine Zeitlang in dieser harmonischen Schweigsamkeit. Das Plateau wies in der Nähe der Böschung zumeist Steinboden mit spärlichen Flecken dünner Erdschichten und dürren, sonnengetrockneten Grases auf, wo ihre Füße kleine Kriechtiere aufschreckten. Je weiter sie sich von der Böschung entfernten, um so höher wurde die Erdschicht, um so dichter das Gras, um so höher die Sträucher, eine neue Art von Hecken, mit einem staubigen, angenehmen, starken Geruch. Die kurzen, knorrigen Stämme hatten eine glatte, ledrige, dunkelrote, ja fast schwarze Rinde und tropfenförmige Blätter in staubigem Graugrün. Sie stapften über eine ausgetrocknete Rebe, an deren klebrigen Stengeln und Blättern noch ein paar grüne Stellen geblieben waren mit runzligen, ausgedörrten dunkelpurpurnen Früchten an trockenen, gelben Stengeln. Sie fühlte ein plötzliches Stechen auf den Fußsohlen, hob erst den einen, dann den anderen Fuß, wischte hastig über die Sohlen und trottete hinter Hern her.
Eine zweite Rebe. Wieder das Kitzeln. Sie blieb stehen. Lausche, dachte sie.
Reiki sagte, lerne lauschen.
Sie zog einen Stiefel aus ihrem Gürtel, kniete neben die Rebe und streifte die getrockneten Früchte hinein. Hern sah ihr einen Augenblick lang zu und ging ungeduldig weiter. Sein Magen knurrte, und mit jedem Augenblick wurde er durstiger. Sie wußte, was er empfand, aber im Augenblick wußte sie nicht so recht, was sie dagegen hätte unternehmen können, außer weiterhin Wurzeln und alles Eßbare, was sie fand, zu sammeln. Sie stand auf, ging hinter ihm her und lauschte schließlich, lauschte durch die Sohlen ihrer Füße.
Ein Zipfler huschte vor ihnen vorüber. Mit einem lauten Aufschrei jagte Hern hinter ihm her und richtete den Speer zum Wurf auf. Er verschwand zwischen Sträuchergruppen und lief mit einer Kraft und Geschwindigkeit, die sie überraschte; daß er mit einem Speer umgehen konnte, überraschte sie allerdings
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