Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde
Sonne liegen. Hah! Morgen wirst du lauter stöhnen als der Bach. Wir haben Unmengen Arbeit vor Wintereinbruch zu bewältigen.« »Arbeit«, stöhnte er. Zwar lächelte er noch immer, doch in dem Blick, den er dem Stein unter ihrem Arm widmete, lag starke Abneigung. Mit einem Lacher schwang er sich in den Sattel und ritt davon.
Tuli betrachtete nachdenklich ihre Hände, dann den Stein. Mit einem unzufriedenen Seufzer straffte sie die Schultern und machte sich auf den Weg zur Mauer.
Rane hob ihre Flöte, betrachtete sie kurz, hob sie an die Lippen und spielte probeweise ein paar Töne. Sie ließ sie wieder sinken. In ihren Augen stand eine Frage. »Das war noch nicht alles, oder?«
Tuli nickte. Sie preßte die Lippen so fest aufeinander, daß sie nicht mehr zu sehen waren. Hektische Flecken röteten ihre Wangen.
»Du mußt es mir ja nicht erzählen.« Rane begann ganz leise zu spielen, entlockte der Flöte eine gehauchte, kaum hörbare Melodie in den tiefsten Tönen, ein seltsam beruhigendes Auf und Ab, das sich ins spröde Rascheln der steifen, grüngrauen Blätter des Vachbusches mischte. Tuli entspannte sich nach und nach. Sie preßte die Schenkel zusammen, schob die Hüften ruhelos über der krustigen Erde vor und zurück. Sie war verlegen und beschämt, verängstigt, ja, vor allem verängstigt und unsicher. Sie lauschte dem Flötenspiel, betrachtete Ranes langes, hageres Gesicht und beneidete sie um die Ruhe, die sie im Körper und im Antlitz der Frau erkannte. Sie drückte ihr Becken gegen den Boden und scharrte mit dem Daumen durch die Furchen, die sie vor sich gekratzt hatte. Sie ballte die Hände zu Fäusten, rieb sich mit dem Handrücken über den Mund. »Ich... ich habe Teras sehr vermißt«, sagte sie plötzlich. Ihre Panik kehrte wieder zurück, als Rane zu spielen aufhörte und nie anschaute. »Sieh mich nicht an, sonst kann ich nicht reden.«
Rane nickte, klopfte den Speichel aus der Flöte und begann wieder die gleiche, sich langsam dahinziehende Melodie zu spielen, die gleichen tiefschwingenden Töne.
Tuli schlüpfte mitten in der zweiten Nacht nach Fayds Auftauchen aus ihren Decken. Sie wand sich unter dem schweren Leinenstoff hervor und nahm Stiefel, Jacke, Kittelbluse Hose mit. Der gewölbte TheDom hing tief im Westen und fast schon auf den Spitzen der Zähne. Die Nachtluft um ihre Haut wie trockenes Eis. Zitternd rannte sie zu einer Gruppe Sträucher, streifte ihr Nachthemd ab und zog sich schnell und leise an. Sie versuchte, das Klappern ihrer Zähne zu unterdrücken und war etwas behindert, weil ihre Hände durch die Kälte so klamm waren. Sie streifte ihre alte Jacke über, die eine Hand in die Tasche und fühlte den zusammengerollten Lederstreifen ihrer Schleuder ganz unten. Zum ersten Mal seit Tagen entspannte sie sich; es waren zu viele Menschen um sie; Menschen, die sie nicht kannte, Menschen, die sie nicht kennenlernen wollte, und von denen sie sich niemals zurückzieh konnte. Sie zog sich die Stiefel an, schlich zum Fluß und über die Trittsteine ans andere Ufer. Sie paßte auf, um keinen Schläfer aus dem Lager zu wecken, flitzte wie ein Schatten das Tal hinab zur Mauer und schüttelte dabei soviel von ihr Spannungen und Verkrampfungen ab, daß sie schließlich Mühe hatte, ihr Lachen zu unterdrücken. Es war wie in alten Zeiten, nur daß Teras nicht an ihrer Seite lief. Aber daran wollte sie nun nicht denken, wenigstens war Fayd da. Sie schwenkte heftig mit den Armen und hüpfte alle paar Schritt. Ihre Seele glättete sich mit der Nacht, und ihre Augen erholten sich im vertrauten Schwarz und Weiß und den vielfältig Grauschattierungen. Hier oben gab es keine Kankas, die die Nacht mit ihrem Flöten und ihren Jagdschreien erfüllten, doch eine andere Art von Passar nahm deren Platz ein, ein schlanke Flieger mit langen, spitzen Flügeln, kleineren Gasbeuteln und einem pfeifenden Gezwitscher, das bei seiner Tonhöhe fast nicht mehr zu hören war. Kleine, pelzige Raubtiere mit holprigem, hüpfendem Gang flitzten von Schatten zu Schatten stürzten sich auf kleinere Nager und flohen mit ihrer Beute, als Tuli an ihnen vorüberlief. Noch hielt niemand Wache an der halb fertiggestellten Mauer, es hätte jetzt noch keinen Zweck gehabt. Sie bog durch die Lücke, wo später das Tor sein sollte, kehrte zurück ans Ufer und trabte weiter, bis sie zu dem einzelnstehenden Brellim inmitten verstreuter Koniferen kam, einem betagten, knorrigen Baum, dessen untere Äste so altersschwach waren,
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