Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde
Stendaaugen in Gespinsten von Fältchen versinken. »He, Rane. Schon wieder zurück?« Ihr Blick wanderte an Rane vorbei zu Tuli. »Eine neue Anwärterin?«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht.« Rane nickte in Richtung der erschöpften Macain. »Sind das alle, die ihr noch habt?«
»Tja. Wir haben die anderen zwei Tage nach deiner Abreise in die Erdzähne gebracht. Dort oben gibt es wenigstens Wasser und Weiden.« Sie griff zwischen den Stangen hindurch und rieb die Nase von Ranes Reittier. »Die zwei sehen noch ganz gut aus. Steht es schlimm um Mijloc?«
»Ziemlich. Es müßte endlich mal regnen. Die Wintersaat geht nur langsam auf, wenn überhaupt. Und Floarin mit ihren Zinsforderungen macht das Ganze auch nicht besser.«
»Die törichte Närrin sägt sich den eigenen Ast ab. Laßt eure Sachen hier, ich werde dafür sorgen, daß sie in Yael-mris Warau gebracht werden.«
»Die Jungfrau segne dich, Melit.« Rane schwang sich vom Macai und wartete, bis Tuli etwas weniger gelenkig abstieg und mit den Füßen stampfte, um wieder Gefühl in die Beine zu bekommen.
Tuli folge Rane ein paar Schritte und schaute dann zurück. Ein Mädchen mit langen, schwarzen Zöpfen und honigfarbener Haut kletterte über die Pferchstangen. Es sah, wie Tuli sie beobachtete, grinste und winkte ihr, ehe sie heruntersprang und sich daran machte, die beiden müden Macain in den Stall zu führen.
Die kleine Geste verließ Tuli nicht, ja, sie wärmte sie, als sie Rane folgte. Ihr war nach Lachen zumute, nach richtigem Lachen, fast so, wie es manchmal gewesen war, wenn sie nachts mit Teras umherstreifte. Die Nachtluft hatte ihre Haut seidenweich berührt, die Nachtdüfte waren in ihre Nase gedrungen und sie hatten vor lauter Lebensfreude laut hinausgelacht. Ganz so war es hier noch nicht, doch sie spürte eine Vorahnung dessen in der Luft. Sie pflegte dieses Gefühl. Ein Blick zu Rane belehrte sie, daß sie nicht mit ihr darüber sprechen konnte.
Erinnerungen,
dachte sie.
Ich möchte gerne wissen, wie das ist, jemanden ein Vierteljahrhundert zu lieben. Sie ließ die Worte über ihre Zunge rollen. Ein Vierteljahrhundert.
Es klang wie ewig. Fast doppelt so lange, wie sie jetzt alt war. Wieder schaute sie auf Rane.
Ich frage mich, ob es das wert ist.
Sie traten in einen überdachten Gang, der zu einem der vielen Innenhöfe des Gebäudes führte. Raum und Schweigen umgaben Rane, so daß Tuli sie nicht ansprechen und nicht berühren konnte. Es war, als stünde eine durchsichtige, harte Wand zwischen ihnen wie das unerwartete Glas in allen Fenstern. Sie fuhr mit der Hand über die dicht gefugten Mauersteine. Sie hatte vorher nicht darüber nachgedacht, aber es mußte hier ja Leute geben, die Steine klopften, spannen und webten, kochten, die Felder bestellten und alle Dinge verrichteten, die auf den Tars von Häuslern erledigt wurden.
Hier könnte ich auf dem Feld arbeiten, ohne daß einer mich anbrüllen würde,
dachte sie.
Oder mir sagen könnte, das wäre keine Frauenarbeit.
Sie unterdrückte ein Kichern, schlug die Hand vor den Mund, blickte zu Rane und wieder fort.
Sie traten aus dem Gang, kurz bevor der Innenhof endete. Auf der anderen Seite waren sechs Mädchen, nicht viel älter all Tuli, um eine kleine, untersetzte Frau versammelt. Alle sieben trugen leichte Kittel und kurze, weite Hosen. Die Mädchen wiederholten immer wieder eine Reihe von vier Stellungen und bewegten sich geschmeidig von der einen zur anderen,, wenn die ältere Frau die entsprechenden Nummern ausrief, Rane schaute nicht zu ihnen und blieb auch nicht stehen, sondern bog sogleich in einen anderen überdachten Gang. Tu'( sah eine Minute fasziniert zu und lief dann hinter Rane her. Ein anderer Hof. Unter einer freundlichen, gestreiften Markise saß eine dunkelhaarige Frau im Alter ihrer Mutter an einem Webstuhl. Ihre Füße huschten über die Pedale, das Schiffchen schoß in einem zuckenden Tanz durch die Fäden. Auf Kissen zu ihren Füßen arbeiteten junge Mädchen ungeschickt mit Spindeln. Sie versuchten einen gleichmäßigen Faden aus der Wolle zu drehen, die andere Mädchen kämmten. Das Geräusch des Webstuhls, das leise Singen der Mädchen beim Spinnen und die anderen gedämpften Laute ergaben eine heitere Musik, die Tuli mit einem Gefühl von Frieden erfüllte. Sie erkannte jedoch, daß sie vor Frustration und Langeweile einen Schreikrampf bekommen würde, wenn sie selbst diese Arbeit länger als eine Minute verrichten müßte.
Sie kamen durch weitere Höfe. In
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