Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde
stirnrunzelnd ihre Finger.
Wir verließen das Tal am dreißigsten Vara. Heute haben wir den zweiten Gorduu, heilige Jungfrau, wir stehen mitten im Gorduufest. Das Lokal müßte brechend voll sein und das Bier in Strömen fließen. Wo sind die auf dem Platz aufgesteckten Pfähle, wo die vom Schreinwächter gesegneten Strohmägde? Auf dem Rasen müßten sich die Tänzer drängeln und ringsum Grillfeuer flackern.
Sie mußte wieder an das strenge Muster des Elfentanzes denken und die Trauer, die sie dabei empfunden hatte. Dieser Raum, der ganze Gasthof strahlte eine Traurigkeit aus, die ihr fast die Kehle zuschnürte. Sie trat zu Hern und legte ihm die Hand auf den Arm. »Laß uns hier weggehen.«
»Allmählich glaube ich, du hast recht«, sagte er leise. Er strich sich über sein zerzaustes, grausträhniges Haar, wandte sich zur Tür und drehte sich dann zusammen mit Serroi zum Treppenaufgang, als sie beide schlurfende, unsichere Schritte hörten. Braddon kam mühsam Schritt für Schritt und mit angstverzerrtem Gesicht die Treppe herunter. Im ersten Augenblick erkannte ihn Serroi gar nicht, dann blickte sie ihn finster an. Der rundliche, überschäumende Mann mit seiner herzlichen Freude an gutem Essen und netten Nachbarn, dieser offenherzige Freund aller, die über seine Schwelle traten, dieser Mann existierte nicht mehr. Die Haut hing ihm faltig um die Knochen, seine Hände zitterten, sein wilder Haarschopf war ausgedünnt, geplättet und weißgesträhnt. Auf der letzten Stufe blieb er stehen und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Er zuckte angesichts der dunklen Schatten, schluckte, als die Tür geschlossen blieb. Seine Zunge fuhr zwischen trockenen Lippen hervor, dann räusperte er sich. »Ketaj?«
Serrois Finger spannten sich um Herns Arm. Ohne zu sprechen, strich sie sich mit der anderen Hand die Kapuze zurück und drehte ihr Gesicht dem Licht zu.
Braddon schnappte nach Luft. Er stolperte von der Stufe herunter und streckte die Hand aus, um ihr über die Wange zu streichen. »Meie?« Seine Augen flogen über sie hinweg und kehrten zu ihr zurück. »Hat er dich gesehen?«
»Er war zwar da, aber ich glaube nicht, daß er mich erkannt hat – ich hatte die Kapuze auf und den Umhang fest um mich geschlungen. Kommt mir so vor, als wären die Augen des alten Bussards nicht mehr so scharf.«
»Noch scharf genug. « Braddon straffte die Schultern. »Egal. Es gelten Befehle, nach denen sich niemand ohne Sondergenehmigung nach Sonnenuntergang im Freien aufhalten darf.« Hern wollte etwas sagen, aber Serroi schloß ihre Finger dichter und grub ihm die Nägel ins Fleisch. »Wessen Befehle?«
»Die vom Agli. Und ein Deksel von Oras verleiht ihnen Nachdruck.« Die Worte wurden zu einem wütenden Zischen. Einen Augenblick war wieder ein Schatten seines alten Ichs zu erkennen.
Sie strich über seine runzelige Wange. »So viele Veränderungen in so kurzer Zeit?«
»Tja, Meie.« Das Aufflackern war schon wieder erloschen. Er ergriff ihre Hand, wobei seine eigene zitterte, und drückte sie an sein Gesicht. »Veränderungen, ja. Sie hatten mich einen Monat lang in ihrem Haus der Buße festgehalten, und als sie mich entließen, schickten sie ihn zu meiner Bewachung.« Er nickte zur Tür hin. »Ein Wurm Soärehs, das ist er!«
»Dann machen wir uns besser davon!«
»Er hat euch doch schon gesehen.« Jedes leise Wort fiel wie ein Stein in die Stille. »Sie sagten, wenn ich sündigte, würden sie mich reinbrennen. Sünde!« Er ließ ihre Hand sinken, stolperte zur Bar und schob sich dahinter. Er griff nach unten, zog ein sauberes, feuchtes Tuch hervor und schob es zärtlich und liebevoll über den alten, polierten Holztresen. »Ich weiß eigentlich nicht, warum ich weitermache, Meie. Das ist kein Leben. Ich hab' ja auch niemanden mehr, Matti ist letztes Frühjahr gestorben und meine Enkel weggezogen. Ich hätte nie gedacht, daß ich das einmal sagen müßte, aber ich bin froh, daß sie nicht mehr lebt und das mit ansehen muß.« Sein Blick wanderte zu Hern. »Ich glaube, ich kenne Sie, Freund. Sie wären besser nicht hier, das ist keine gesunde Gegend für Sie. Hört beide auf einen alten Mann. Haut aus Mijloc ab und bleibt fort. Alleine könnt ihr nichts ausrichten. Und die Leute hier sind zu aufgewühlt, um zu helfen.« Er scheuerte abwesend die Holzbohlen vor ihm. »Sie nennen euch Perverse, Meie, so nennen euch die Anhänger. Ich habe gesehen, wie sie Meien verfolgt haben.« Er starrte finster auf das Tuch. »Man
Weitere Kostenlose Bücher