Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde
Fluchen oder tausend anderer kleiner Verstöße gegen die Gesetze Soärehs. Die Gardisten verfügten über Blankohaftbefehle aus Oras, um den äußeren Anschein von Rechtmäßigkeit zu wahren, doch in der Cimpia-Ebene war das Gesetz aufgehoben, und es herrschte nur der Wille Floarins und damit, ob sie das wußte oder nicht, der Wille der Aglim, der Wille des Nearga-Nor und damit letztendlich des großen Nors, Ser Noris, der an nichts anderes glaubte als an die von ihm ausgeübte Macht.
Die Frauen sangen:
Dem Mann ist die Verwaltung von Feldern und Tieren anbei Fohlen.
Die Tiere mit rotem Fleisch, die Wildvögel und Wildtiere. Sie sind ihm anvertraut.
Gesegnet sei Soäreh, der die Männer zu Hirten, Jägern und Häuslern macht.
Wieder knallte die Peitsche. Tuli biß die Zähne zusammen. Ihr Rücken schmerzte höllisch. Ihr war nicht mehr zum Lachen zumute.
Der Jungfrauenschrein war geschlossen, der Brunnen trocken, die Reben entwurzelt. Die Säulen mit den gemeißelten Jungfrauengesichtern standen noch, doch sie waren mit dicker, schwarzer Farbe besudelt. Anhänger hatten die gleiche Farbe benutzt, um Soärehs Zeichen auf die zarten Muster des gefliesten Innenhofes zu schmieren. Die Schreinwächterin war im Zentrum verschwunden – das nun in Haus der Buße umbenannt war –, und niemand hatte sie seither wiedergesehen oder etwas von ihr gehört.
Die Frauen sangen:
Der Frau ist Haus und Haushalt zugewiesen,
Sie ist dem Manne geschenkt zu seinem Wohlgefallen und Nutzen,
Sie trägt seine Kinder aus und arbeitet ihm zu,
Geliebt und umsorgt wird sie durch seine Stärke, Geleitet durch seine Klugheit.
Gesegnet sei Soäreh, der die Frau zur Lehrerin, Bewahren und Häuslerin macht.
Zum dritten Mal fiel die Peitsche herab. Ihr Rücken stand in Flammen. Diesmal keuchte sie, als die Riemen über ihre Ha zuckten, dann biß sie sich fest auf die Lippen und schämte sic daß sie sich auch nur diesen winzigen Klagelaut hatte entreiße lassen.
Das Zentrum. Auch unter seinem neuen Namen blieb es da Zentrum des Ortes. Hier wurden die »Irregeleiteten« sanft auf den rechten Pfad geführt und gelehrt, die Dinge richtig zu sehen (wobei richtig eben das war, was der Agli sagte). Die Taroms, die Häusler, die Handwerker und Geschäftsleute – sie kochten vor Wut, zauderten und wehrten sich ungeschickt und vergeblich. Nach dem langen Frieden und so sanfter Herrschaft waren sie es gewohnt, die Befehle aus Oras zu befolgen (nicht blindlings und nicht ohne Abstriche – sie waren alle eigensinnige Dickschädel. Sie gehorchten, soweit sie es für richtig hielten. In den alten Zeiten hatte das ausgereicht. Hern war zu lässig, um sie mit harter Hand zu regieren, und seine Vorväter hatten es ebenso gehalten. Trotzdem herrschte nun eben der Brauch. Es fiel ihnen schwer, an Rebellion zu denken. Schließlich besannen sie sich auf die alte Methode, mit unnachgiebigen Schreibern zu verhandeln. Und sie hielten die Stellung und warteten ab im Vertrauen darauf, daß Floarins Verirrungen eines Tages ein Ende hätten und alles wieder so würde wie zuvor, als alle zufrieden gewesen waren).
Die Frauen sangen:
Verflucht sei, wer gegen den Plan verstößt,
Verflucht sei der Mann, der nach Weiberart lebt. Verflucht sei die Frau, die des Mannes Rolle anstrebt.
Verderben werden sie.
Wurzel und Ast sind verflucht,
Setze das Messer an faulende Wurzeln, Reiß aus dem Körper die fauligen Stellen. Reiß aus dem Land die fauligen Stellen. Gesegnet sei Soäreh, der Herr des Plans.
Der Gesang hielt an und wurde nach der ersten Stunde von dem Meßdiener mit der silbernen Stimme geleitet. Und mit ihm dauerte die lange, langsame Auspeitschung an. Die Worte reizten Tuli, bis der Schmerz sie überflutete und sie nichts mehr hörte als das Pochen in ihrem Kopf. Der zehnte Schlag war der letzte, der gut zwei Stunden nach dem ersten auf sie niedersauste. Ihr Mund war nun blutig, denn sie hatte sich die Zähne in die Lippen geschlagen, um die übelsten Beschimpfungen, die sie kannte, zusammen mit Schmerzensschreien zurückzuhalten.
Innerhalb von drei Tagen war die Jungfrau niedergerungen und Soäreh nahm ihre alte Stellung ein. Das Taromat wurde aufgelöst. Die Bräuche und Einrichtungen von Jahrhunderten wurden außer Kraft gesetzt und abgelöst. Jene drei Tage verbrachte Annic Gradin mit ihren jüngeren Töchtern in einer kleinen, schmutzigen Zelle mit einem wackeligen Feldbett, dünnen Strohmatten und einem
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