Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde
stinkenden Eimer in einer Ecke, über harter, sinnloser Arbeit und ständigen Unterweisungen, bis sie wütend, unruhig und vor allem ängstlich wurden. Teras Gradinsohn brachte mit einem Dutzend Jungen seines Alters die Nacht auf die gleiche Weise zu. Nilis Gradintochter hütete auf dem Tar den kleinen Oris, denn er war vermutlich zu jung und unverdorben, als daß er schon eine Umerziehung zum Dienst an Soäreh benötigte.
Nach dem zehnten Peitschenhieb schnitten sie sie herunter. Sie versuchte sich aufrecht zu halten, aber Wut und Stolz waren kein Ersatz für Kraft. Die Knie gaben unter ihrem Körper nach und sie hockte zusammengekauert vor den Füßen des Meßdieners. Eine der Sängerinnen brachte ihr die schäbige, schwarze Bluse, die sie hier tragen mußte. Sie schlüpfte mühsam in Ärmel und schaffte es irgendwie, die Knöpfe vorne zu schließen. Ihre Wärterinnen warteten mit aufreizender Geduld, sie fertig war, dann ergriffen zwei Frauen sie an den Armen und zogen sie auf die Füße. Sie unterdrückte einen Aufschrie obgleich die Schmerzen in ihren Schultern schlimmer war als die in ihrem Rücken. Da das alles unter Alma Yastrias Blicken ablief, rechnete sie damit, grob behandelt zu werde doch sie waren sanft und fürsorglich, gingen langsam und vorsichtig, daß sie dahinstolpern konnte und nicht gezogen wurde. Sie sprachen zu ihr mit leisen, zärtlichen Stimmen zu sagten ihr ... sagten ihr ... sie bekam die ersten Sätze nicht mit. Wenn es Provokationen waren, so hätten sie diese nicht getroffen, denn ihr Denken wurde beherrscht vom Schmerz, der Feuer durch ihren Körper loderte und durch die Notwendigkeit, sich auf die Bewegungen von Beinen und Füßen zu konzentrieren, die einer anderen zu gehören schienen. Doch als sie ihre Kräfte wieder gesammelt hatte, vernahm sie dahingemurmelte Lehren über Gehorsam und Unterwerfung. Immer und immer wieder erklärten sie ihr, daß wahres Frausein in der Gefügigkeit läge. Sie sprachen pausenlos sanftmütig und mild weiter, bis sie am liebsten geschrien hätte. Und doch – das wäre nur ein Erfolg für sie gewesen, ein Eingeständnis, ihnen zugehört zu haben, also kämpfte sie gegen ihren Zorn an. Sie sagte nichts, versuchte so zu tun, als beachtete sie sie gar nicht, doch sie konnte nicht verhindern, daß ihr Körper steif wurde und damit lautlos aber entschlossen alles ablehnte, was sie von verlangten. Zweifellos mußten sie dies merken, doch sie verhielten sich unverändert, hielten weiterhin ebenso fest wie vorsichtig ihre Arme und setzten ihre leisen Ermahnung fort.
Der Rückweg zu ihrer Zelle kam ihr endlos vor, doch letztlich geht alles zu Ende. Eine ihrer Wärterinnen schob den Türriegel zurück, die zweite geleitete sie hinein. Endlich hielten beide Mund. Tuli riß sich zusammen, blieb ganz aufrecht stehen und schwankte nur ein bißchen, als die Frauen sie losließen und gingen. Sie rührte sich nicht, als sie hörte, wie die Tür hinter ihn mit lautem Geräusch zufiel. Ihre Augen suchten sogleich den Blick ihrer Mutter. Die saß reglos auf dem Feldbett und lächelte ein wenig. Sanani stand neben ihr. Sie ballte und löste dir fauste und preßte die vollen Lippen aufeinander, wobei ihre dunklen Augen funkelten. Alle drei warteten.
Mehrere Minuten verstrichen. Tuli ballte die Fäuste, als sie das scharren einer Sandale vor der Tür hörte. Nach einer weiteren Minute hörte sie leise Schritte, die beiden Frauen entfernten sich. Tuli schwankte auf ihre Mutter zu, fiel auf die Knie, vergrub ihr Gesicht in Annics Schoß und knebelte so den wütenden Aufschrei, der aus ihr herausbrach. Annic strich das kurze, braune Haar glatt, während Tuli zitterte, tobte und schluchzte. Sanani zog ihr vorsichtig die Bluse aus. Sie schnalzte leise mit dir Zunge und nahm einen wassergetränkten Lappen aus dem Trinkeimer, um die Schwielen zu kühlen, die sich im Zickzack über Tulis schmalen Rücken zogen. Damit hoffte sie, die Schmerzen zu lindern, ehe Tuli sie wieder voll wahrnahm. Nach ein paar Minuten ließ Tulis Beben nach, und ihr Schluchzen wurde leiser. Als sie den Kopf hob, nahm Annic Sanani das Läppchen und wischte die getrockneten Tränen fort. Stolz funkelte in ihren Augen, als sie zu Tuli hinablächelte. »Du warst großartig, kleiner Hitzkopf«, murmelte sie. »Wie habe wir gelacht, als das Schmutzwasser über Yastrias häßliches besieht lief. Oh, mein Kind, du mußt lernen, dich in der Gewalt zu haben, denn sie haben das nicht nötig.«
Tuli
Weitere Kostenlose Bücher