Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde
nur ihr Profil sehen. »Trotzdem ist es kein Geheimnis. Du hast meine Kampfgefährtin kennengelernt, aber ich weiß nicht, ob du dich daran erinnern kannst. Das ist lange her, dein halbes Leben, Motte.« Einige Minuten ritten sie schweigend, und Ranes Profil veränderte sich, als ihre Lippen sich zu einem kurzen, zärtlichen Lächeln verzogen. »Meien reiten immer paarweise. Manchmal, um sich Gesellschaft und Schutz zu bieten, manchmal, weil sie sich lieben. Wir haben uns geliebt, meine Waffengefährtin und ich. Wahrscheinlich kannst du das nicht begreifen, Motte, aber es war so. Leidenschaft und Zuneigung, eine Art Seelenverwandtschaft. Gemeinsam bildeten wir ein Ganzes, getrennt fühlten wir uns unwohl und unvollkommen. Ich war vierzehn, also in deinem Alter, Motte, als ich durch das Tor in der Nordmauer stolperte. Vierzehn, als ich sie kennenlernte. Als sie starb, war ich neununddreißig ... Als sie starb – weiß du, es dauerte Monate, ehe ich diese Worte zusammen aussprechen konnte. Sie starb über zwei Jahre hinweg an einer progressiven Muskelatrophie, gegen die auch unsere Heiler nichts auszurichten vermochten. Ich verließ Biserica, weil dort einfach zu viele Erinnerungen waren. Hier draußen ...« Sie vollzog eine dieser angeboren natürlich graziösen Handbewegungen, die Tuli nun als ein Überbleibsel der Stendaerziehung begriff. »Hier draußen kann ich mich von ihr lösen. Und mich an die schönen Zeiten erinnern, wenn ich in der Stimmung dafür bin.« Tuli stellte überrascht fest, daß Rane lächelte. »Jetzt bin ich nur noch eine Umherziehende, die Flöte spielt für die, die es hören wollen. Deshalb bin ich bei den Spielleuten immer willkommen.« Sie lachte und tätschelte liebevoll den Flötenkasten. »Und sie können mich brauchen, wenn sie Schwierigkeiten mit Betrunkenen oder Männern bekommen, die die Frauen der Spielleute belästigen, weil sie fälschlicherweise meinen, sie wären wenig mehr als Huren. Es erspart eine Menge Ärger, wenn ich es bin, die den Lümmeln eins über die dicken Schädel haut und sie den Männern des Bürgermeisters übergibt, damit sie sie einsperren.« Sie tippte auf ihren Sattelrand, »Noch eine Warnung, Tuli. Du und Teras, ihr habt rech daran getan, Fariyn und ihren Freunden zu vertrauen. Bei den übrigen Spielleuten ist das aber eine andere Sache. Sie sind sich untereinander eisern treu, doch Außenstehende sind Freiwild. Wenn ihr ihnen wieder über den Weg lauft, vertraut ihnen nur soweit wie es notwendig ist. Und seht euch nach einem Flucht weg um.«
Tuli runzelte die Stirn und vermutete, daß es über Rane und ihre Unternehmungen noch viel zu berichten gäbe, was di Exmeie nicht erzählte. Sie unterdrückte ihre Neugier, weil si wußte, daß sie keine zufriedenstellenden Antworten mehr er. halten würde. »Tschah«, wisperte sie.
»Tut es wieder weh?«
»Nein. Ich habe nur nachgedacht.«
»Ach so.« Ranes Lippen zuckten. »Das kann auch weh tun.« Über den Zähnen der Erde zogen sich dicke, gelbe Wolke zusammen und schoben sich auf die scharfkantigen Gipfel wie Hauhaus auf ein Pferchgatter zu. Der Sonnenuntergang tönt sie rosig und rostfarben, granatrot und harzfarben, amethyst- und indigoblau und verlieh den großen, sich dahinwälzende Staubwolken eine momentane Schönheit. Rane beobachtet die Wolken schweigsam und reglos und mit auf den Oberschenkeln ruhenden Händen. Tuli sah das Farbenspiel, das die Exmeie verzückte und zollte ihm flüchtig Tribut, doch die Angst um ihren Vater erfüllte ihr Denken, so daß sie für all andere wenig Sinn hatte. Als sie Teras ansah, der steif und unnachgiebig neben ihr ritt, wußte sie, daß ihn die gleichen Ängste bewegten.
Dann bewegte er den Kopf und drehte ihn leicht von einer Sei zur anderen. Er suchte die Straße vor ihnen und den Himmel ab. Tuli wartete, daß er das Wort ergriff, doch als er schwieg wurde sie ungeduldig. »Ist irgend etwas?«
»Nein.« Er hob eine Hand und ließ sie wieder sinken. Manch mal ließ ihn sein Gong eben im Stich, wenn er von größtem Nutzen wäre. Sie hatten sich längst daran gewöhnt, sich nicht darauf zu verlassen, als sie nach ihren nächtlichen Streifzügen wieder ins Haus zu schleichen versuchten. Tuli hielt den Blick auf den Himmel gerichtet, wußte nicht, was sie zu erwarten hatten und beugte sich dann angespannt nach vorn, ohne die Schmerzen zu beachten, die die Schürfstellen verursachten, wenn sie an die Sattelklappen drückten.
Eine schwarze, kaum erkennbare
Weitere Kostenlose Bücher