Duell der Zauberer
verspricht mir, Tante Pol zu meiner Mutter zu machen, wenn ich tue, was er sagt.«
»Er lügt. Er kann die Vergangenheit nicht ändern. Ignoriere ihn.«
»Wie denn? Er greift nach meinem Geist und legt seine Finger auf die empfindlichsten Stellen.«
»Denke an Ce’Nedra. Das wird ihn verwirren.«
»An Ce’Nedra?«
»Immer, wenn er versucht, dich mit Polgara zu locken, denk an deine quirlige kleine Prinzessin. Erinnere dich genau daran, wie sie aussah, als du damals im Wald der Dryaden zu ihr hinübergeblinzelt hast, während sie badete.«
»Ich habe nicht geblinzelt!«
»Wirklich nicht? Wie kommt es dann, daß du dich so lebhaft an alle Einzelheiten erinnerst?«
Garion wurde rot. Er hatte vergessen, daß ihm seine Tagträume nicht ganz allein gehörten.
»Konzentriere dich einfach auf Ce’Nedra. Es wird Torak wahrscheinlich genauso irritieren wie mich.« Die Stimme schwieg einen Moment. »Ist das eigentlich wirklich alles, woran du denken kannst?« fragte sie dann.
Garion versuchte gar nicht erst, diese Frage zu beantworten.
Sie ritten unter dem schmutziggrauen Himmel weiter nach Süden und erreichten nach zwei Tagen die ersten Bäume, die spärlich verstreut am Rande des offenen Geländes wuchsen. Hier grasten große Herden von Tieren, die Geweihe trugen, so ruhig und friedlich wie Kühe. Auf ihrem weiteren Weg wuchsen die Bäume immer dichter und wurden bald zu einem Wald dunkler, immergrüner Gehölze.
Die wispernden Schmeicheleien Toraks gingen unaufhörlich weiter, aber Garion setzte ihnen Gedanken an seine rothaarige, kleine Prinzessin entgegen. Er konnte die Gereiztheit seines Feindes spüren, wenn er mit diesen Tagträumen auf die sorgfältig ausgemalten Bilder antwortete, mit deren Hilfe Torak versuchte, ihm seine Vorstellungen einzuimpfen. Torak wollte, daß er an seine Einsamkeit und seine Angst dachte und an die Möglichkeit, Teil einer liebenden Familie zu werden, und daß er Ce’Nedra in diese Bilder hineindrängte, verwirrte und erstaunte den Gott. Garion begriff rasch, daß Toraks Verständnis der Menschen sehr begrenzt war. Mehr mit den elementaren Dingen, mit den übermächtigen Zwängen und Leidenschaften beschäftigt, konnte Torak mit den vielfältigen Verwicklungen und widersprüchlichen Wünschen nichts anfangen, die den meisten Menschen eigen sind. Garion nahm seinen Vorteil wahr, um das hinterhältige und unwiderstehliche Gewispere zu durchkreuzen, mit dem Torak ihn von seinem Ziel abbringen wollte.
Die ganze Geschichte war ihm eigenartig vertraut. Dies war schon früher geschehen vielleicht nicht in genau der gleichen Weise, aber doch sehr ähnlich. Er suchte in seinen Erinnerungen, um dieses seltsame Gefühl der Wiederholung auf einen bestimmten Punkt zurückführen zu können. Der Anblick eines gekrümmten Baumstumpfes, der vom Blitz gespalten und verkohlt war, brachte ihm plötzlich die Erinnerung zurück. Wenn man den Stumpf unter einem bestimmten Blickwinkel betrachtete, hatte er eine vage Ähnlichkeit mit einem Mann zu Pferde, einem dunklen Reiter, der sie zu beobachten schien, als sie an ihm vorbeikamen. Weil der Himmel bedeckt war, warf der Baum keinen Schatten, und das war genau das Bild, das in seine Erinnerung paßte. Seine ganze Kindheit hindurch hatte Garion, immer nur am Rande seines Gesichtsfeldes, die seltsame, bedrohliche Gestalt eines dunkelgekleideten Reiters auf einem schwarzen Pferd gesehen, der selbst bei strahlendstem Sonnenschein keinen Schatten warf. Das war zwar Asharak, der Murgo, gewesen, der Grolim, den Garion bei seiner ersten offenen Tat als Zauberer vernichtet hatte. Aber war er es wirklich gewesen? Zwischen Garion und der finsteren Gestalt, die seine Kindheit heimgesucht hatte, hatte ein starkes Band bestanden. Sie waren Feinde gewesen, Garion hatte das immer gewußt, aber in ihrer Feindschaft hatte auch immer eine seltsame Nähe zueinander bestanden, etwas, das sie zueinander zu drängen schien. Angenommen, der dunkle Reiter war tatsächlich nicht Asharak gewesen – oder wenn doch, dann jedenfalls überlagert von einem anderen mächtigeren Bewußtsein.
Je mehr er darüber nachdachte, desto überzeugter wurde Garion, daß er versehentlich über die Wahrheit gestolpert war. Torak hatte unter Beweis gestellt, daß sein Bewußtsein, auch wenn sein Körper schlief, durch die Welt ziehen und die Ereignisse zu seinem Vorteil lenken konnte. Asharak war daran beteiligt gewesen, sicherlich, aber die beherrschende Macht war Torak gewesen. Der Dunkle
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