Duell der Zauberer
Unwetter alle Witterung in Wald und Sumpf auslöschte.
Bei Einbruch der Nacht hatten sie eine niedrige Hügelkette weit im Osten erreicht, und der Regen hatte bis auf ein stetes, unangenehmes Nieseln nachgelassen, das hin und wieder von kühlen Böen und heftigen Schauern unterbrochen wurde, die vom Meer des Ostens kamen.
»Bist du sicher, daß du den Weg findest?« wollte Silk von Belgarath wissen.
»Ich werde ihn schon finden«, antwortete Belgarath. »Cthol Mishrak strömt einen ganz besonderen Geruch aus.«
Der Regen ließ immer mehr nach und versiegte schließlich ganz, als sie an den Waldrand kamen. Der Geruch, von dem Belgarath gesprochen hatte, war kein scharfer Gestank, sondern eher eine gedämpfte, modrige Geruchsmischung, zu der feuchter Rost einen Großteil beizutragen schien, aber auch der Gestank nach faulendem Wasser und der muffige Geruch von Schimmelpilzen war vertreten. Der Gesamteindruck war der von Verfall. Als sie unter den letzten Bäumen waren, hielt Belgarath an. »Hier sind wir also«, murmelte er leise.
Die Senke vor ihnen wurde schwach erhellt von einem blassen, kränklichen Leuchten, das die Erde selbst auszustrahlen schien. In der Mitte der großen Vertiefung erhoben sich die zerklüfteten, zerfallenen Überreste der Stadt.
»Was ist das für ein seltsames Licht?« wisperte Garion angespannt.
Belgarath grunzte. »Phosphoreszenz. Das kommt von dem Schimmel, der hier überall wächst. Die Sonne scheint niemals auf Cthol Mishrak, und so ist es die natürliche Heimat aller Dinge, die im Dunkeln wachsen. Wir lassen die Pferde hier.« Er glitt aus dem Sattel.
»Ist das eine gute Idee?« meinte Silk, während er sich ebenfalls aus dem Sattel schwang. »Vielleicht müssen wir eilig aufbrechen.« Der kleine Mann war völlig durchnäßt und zitterte.
»Nein«, sagte Belgarath ruhig. »Wenn alles gut geht, wird niemand in der Stadt Interesse daran haben, uns Schwierigkeiten zu machen. Und wenn es nicht gut geht, spielt es ohnehin keine Rolle mehr.«
»Ich mag keine Unternehmen, bei denen es nur eine Möglichkeit gibt«, brummte Silk verdrießlich.
»Dann hast du die falsche Reise mitgemacht«, entgegnete Belgarath. »Was wir tun, ist so unabänderlich, wie es nur sein kann. Wenn wir einmal angefangen haben, gibt es kein Zurück mehr.«
»Trotzdem muß es mir doch nicht gefallen, oder? Was tun wir jetzt?«
»Garion und ich müssen uns erst einmal darum kümmern, etwas weniger auffällig zu wirken. Du bist Experte darin, dich im Dunkeln zu beweisen, ohne gesehen oder gehört zu werden, aber wir sind darin nicht so geübt.«
»Du willst Zauberei anwenden – in dieser Nähe zu Torak?« fragte Silk ungläubig.
»Wir werden sehr leise sein«, beruhigte Belgarath ihn. »Ein Gestaltwechsel ist fast vollständig nach innen gerichtet, so daß es sowieso nicht viel Lärm macht.« Er wandte sich an Garion. »Wir machen es langsam«, sagte er. »Dadurch breitet sich der Lärm aus und wird noch weiter abgeschwächt. Verstehst du?«
»Ich glaube schon, Großvater.«
»Ich mache es zuerst. Paß auf.« Der alte Mann warf einen Blick auf die Pferde. »Laß uns ein Stück beiseite gehen. Pferde haben Angst vor Wölfen. Sie sollen nicht hysterisch werden und hier herumtanzen.«
Sie schlichen am Waldrand entlang, bis sie ein gutes Stück zwischen sich und die Pferde gelegt hatten.
»Das ist weit genug«, meinte Belgarath. »Jetzt paß auf.« Er konzentrierte sich einen Moment, dann begann seine Gestalt zu schimmern und zu verschwimmen. Die Veränderung ging ganz allmählich vonstatten, und einen Augenblick lang sah es so aus, als existierten sein Gesicht und das des Wolfes an gleicher Stelle. Es wurde nur von einem ganz schwachen Wispern begleitet. Dann war es vorbei, und der große graue Wolf saß auf seinen Hinterbeinen vor ihnen.
»Jetzt mach du es«, sagte er zu Garion in dem leichten Wechsel der Ausdrucksweise, der für die Sprache der Wölfe typisch ist.
Garion konzentrierte sich angestrengt und hielt das Bild im Geiste fest. Er tat es so langsam, daß er das Gefühl hatte, spüren zu können, wie ihm der Pelz wuchs.
Silk hatte sich unterdessen zur Tarnung das Gesicht mit Erde eingerieben. Dann sah er die beiden Wölfe fragend an.
Belgarath nickte und ging voran, hinaus auf die nackte Erde der Senke, die langsam zu den Ruinen von Cthol Mishrak abfiel.
In dem geisterhaften Licht bewegten sich noch andere Schatten, schleichend und witternd. Einige der Gestalten strömten einen Hundegeruch
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