Duell der Zauberer
nicht sehr beunruhigt zu sein.«
»Bin ich auch nicht.«
»Aber wir sind doch gefangengenommen worden, oder?«
Silk schüttelte den Kopf. »Wenn man jemanden gefangennimmt, legt man ihm Fesseln an. König Drosta will nur mit mir reden, das ist alles.«
»Aber dieser Steckbrief…«
»Darauf würde ich nicht allzuviel geben, Garion. Der Steckbrief war für die Malloreaner gedacht. Was immer Drosta auch vorhat, er will nicht, daß sie darüber Bescheid wissen.«
Yarblek kämpfte sich durch die Menge zurück und ließ sich neben ihnen auf die schmutzige Bank fallen. »Drosta wird gleich hier sein«, sagte er. »Wollt ihr etwas trinken, während wir warten?«
Silk sah sich angewidert um. »Lieber nicht«, meinte er. »In den Bierfässern solcher Spelunken schwimmen meist ein paar ersoffene Ratten, ganz zu schweigen von toten Fliegen und Kakerlaken.«
»Wie du meinst.«
»Ist das nicht ein etwas ungewöhnlicher Ort, um einen König zu treffen?« fragte Garion mit einem Seitenblick auf das Innere der Taverne.
»Man muß König Drosta kennen, um das zu verstehen«, erklärte Silk. »Er ist berüchtigt für gewisse Gelüste, und diese Spelunken hier am Fluß sagen ihm zu.«
Yarblek lachte zustimmend. »Unser Monarch ist ein lebhafter Knabe«, bemerkte er, »aber man darf nie den Fehler begehen und glauben, daß er dumm ist – ungehobelt vielleicht, aber nicht dumm. Wenn er an einen Ort wie diesen kommt, wird sich kein Malloreaner die Mühe machen, ihm zu folgen. Er findet, daß es eine gute Möglichkeit ist, Dinge zu unternehmen, die ’Zakath nicht unbedingt zu Ohren kommen müssen.«
Am Eingang der Taverne entstand Unruhe, und zwei breitschultrige Nadraker in schwarzen Ledertuniken und spitzen Helmen schoben sich durch die Tür. »Platz gemacht!« bellte einer. »Und alles aufstehen!«
»Die noch aufstehen können«, setzte der andere trocken hinzu.
Eine Welle höhnischen Gelächters und Spötteleien lief durch die Menge, als ein dünner Mann in gelber Seidenweste und pelzverbrämtem, grünem Samtmantel eintrat. Seine Augen waren vorstehend, und sein Gesicht war gezeichnet von alten Pockennarben. Er bewegte sich schnell und abgehackt, und seine Miene zeigte eine seltsame Mischung aus sardonischer Belustigung und einem verzweifelten, unstillbaren Hunger.
»Heil Seiner Majestät, Drosta lek Thun, König der Nadraker!« brüllte ein Betrunkener lauthals, und die übrigen Anwesenden lachten rauh, höhnten, pfiffen und stampften mit den Füßen.
»Meine treuen Untertanen«, entgegnete der Pockennarbige mit breitem Grinsen. »Säufer, Diebe und Zuhälter. Ich sonne mich im warmen Glanz eurer Liebe zu mir.« Seine Verachtung schien sich ebenso gegen ihn selbst zu richten wie gegen die zerlumpte, ungewaschene Menge.
Der Mob johlte spöttisch.
»Wie viele heute abend, Drosta?« rief einer.
»So viele, wie ich schaffe.« Der König warf boshafte Seitenblicke um sich. »Es ist meine Pflicht, königliche Segnungen zu verteilen, wo immer ich auch hingehe.«
»Nennt man das jetzt etwa so?« fragte einer spöttisch.
»Eine genauso gute Bezeichnung wie jede andere«, antwortete Drosta achselzuckend.
»Das königliche Schlafgemach wartet«, sagte der Wirt mit einer spöttischen Verbeugung.
»Ebenso wie die königlichen Bettwanzen, denke ich«, fügte Drosta hinzu. »Bier für jeden, der nicht zu betrunken ist, es zu schlucken. Meine loyalen Untertanen sollen auf meine Manneskraft trinken.«
Die Menge jubelte, als der König auf die Treppe zusteuerte, die in die oberen Stockwerke führte. »Die Pflicht ruft«, erklärte er und zeigte mit großer Geste auf die Treppe. »Alle sollen sehen, wie bereitwillig ich gehe und diese Verantwortung auf mich nehme.« Damit schritt er unter dem spöttischen Applaus des Pöbels die Treppe hinauf.
»Was jetzt?« fragte Silk.
»Wir warten noch etwas«, antwortete Yarblek. »Es wäre zu offensichtlich, wenn wir sofort hinaufgingen.«
Garion rutschte unbehaglich auf seiner Bank hin und her. Hinter seinen Ohren spürte er ein nervöses Kribbeln, ein Prickeln, das über seine Haut lief. Er hatte die unerfreuliche Vorstellung von Wanzen und Flöhen, die von dem Gesindel in der Taverne auf der Suche nach frischem Blut auf ihn zuwanderten, verwarf diesen Gedanken jedoch wieder. Das Kribbeln schien nicht äußerlich zu sein.
An einem Tisch in der Nähe schnarchte ein schäbig gekleideter alter Mann, offenbar in fortgeschrittenem Stadium der Trunkenheit, den Kopf auf die Arme gelegt.
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