Duell der Zauberer
Dunkelheit zwischen den Bäumen wurde gesprenkelt vom schwachen Schein der Glühwürmchen, und unablässig zirpten die Grillen. Als das erste Licht des Morgens in den Wald drang, erreichten sie den Rand eines weiteren abgebrannten Feldes. Belgarath blieb stehen, um vorsichtig durch das Gebüsch zu spähen, das hier und dort von verkohlten Baumstümpfen durchsetzt war. »Wir sollten besser etwas essen«, schlug er vor. »Die Pferde brauchen eine Rast, und wir können dann noch etwas schlafen, ehe wir wieder aufbrechen.« Er sah sich um. »Aber wir gehen lieber von der Straße weg.« Er bog ab und ritt am Rand der Rodung entlang. Nach einigen hundert Metern kamen sie auf eine kleine Lichtung, die in das Gestrüpp vorsprang. Aus einer kleinen Quelle plätscherte Wasser in einen vermoosten Teich am Waldrand. Die Lichtung war umgeben von Brombeerhecken und einem Dickicht aus verkohlten Stämmen. »Dies ist ein guter Platz«, entschied Belgarath.
»Eigentlich nicht«, widersprach Silk. Er starrte auf einen annähernd würfelförmig behauenen Felsblock, der mitten auf der Lichtung stand. Häßliche schwarze Spuren zogen sich über die Flächen des Steins.
»Für unsere Zwecke schon«, entgegnete der alte Mann. »Die Altäre Toraks werden im allgemeinen gemieden, und wir wollen ja keine Gesellschaft.«
Sie stiegen am Waldrand ab, und Belgarath begann ihr Gepäck nach Brot und Dörrfleisch zu durchsuchen. Garion fühlte sich seltsam geistesabwesend. Er war müde, und seine Schläfrigkeit machte ihn leicht benommen. Ganz bewußt wanderte er über die weiche Erde auf den blutbefleckten Altar zu. Er starrte ihn an, und seine Augen nahmen jede Einzelheit genau wahr, ohne daß er über deren eigentliche Bedeutung nachdachte. Der geschwärzte Stein stand unverrückbar in der Mitte der Lichtung und warf im schwachen Tageslicht keinen Schatten. Es war ein alter Altar, der schon seit längerem nicht mehr benutzt worden war. Die Flecken, die in die Poren des Steins eingedrungen waren, waren schwarz vor Alter, und die Knochen, die ringsum auf dem Boden lagen, waren halb in der Erde versunken und mit grünem Moos bewachsen. Viele der Knochen waren gebrochen und trugen die Spuren kleiner scharfer Zähne von den Aasfressern des Waldes, die sich von allem ernährten, solange es nur tot war. Um eine zerfallene Wirbelsäule hing noch eine Kette mit einem billigen, schwarz angelaufenen, silbernen Anhänger, und nicht weit davon steckte eine Messingschnalle voller Grünspan immer noch in einem Stück verrottendem Leder.
»Komm da weg, Garion«, sagte Silk, spürbar angewidert.
»Es hilft etwas, wenn ich ihn anschaue«, erwiderte Garion ruhig, weiter den Altar und die Knochen betrachtend. »Dann habe ich etwas, worüber ich nachdenken und meine Angst verdrängen kann.« Er straffte die Schultern, so daß sich das große Schwert auf seinem Rücken bewegte. »Ich finde eigentlich nicht, daß die Welt so etwas braucht. Ich glaube, es ist Zeit, daß man etwas dagegen unternimmt.«
Als er sich umdrehte, merkte er, daß Belgarath ihn aus schmalen Augen beobachtete. »Es ist ein Anfang«, sagte der Zauberer. »Laßt uns essen und dann etwas schlafen.«
Sie hielten ein rasches Frühstück ab, pflockten die Pferde an und rollten sich unter einigen Büschen am Rand der Lichtung in ihre Decken. Weder die Gegenwart des Grolimaltars noch der seltsame Entschluß, den dieser in ihm ausgelöst hatte, konnte Garion daran hindern, auf der Stelle einzuschlafen.
Es war schon fast Mittag, als er erwachte, aufgeschreckt durch ein sanftes Wispern in seinem Geist. Er setzte sich hastig auf und sah sich nach der Quelle dieser Störung um, aber weder von dem Wald noch der abgebrannten Rodung schien eine Gefahr zu drohen. Belgarath stand in seiner Nähe und blickte zum Sommerhimmel empor, wo ein großer, blaugebänderter Habicht kreiste.
»Was machst du hier?« Der alte Zauberer sprach nicht, sondern warf die Worte regelrecht mit seinem Geist in die Höhe. Der Habicht segelte auf die Lichtung herab, schlug mit den Flügeln, um nicht auf dem Altar zu landen und glitt zu Boden. Er sah Belgarath mit zornig-gelben Augen an, dann schimmerten seine Konturen und verschwammen. Plötzlich saß an seiner Stelle der mißgestaltete Zauberer Beldin. Er war immer noch so zerlumpt, so schmutzig und so gereizt, wie Garion ihn von ihrer letzten Begegnung her in Erinnerung hatte.
»Weiter seid ihr noch nicht gekommen?« fragte er Belgarath barsch. »Was macht ihr denn die ganze
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