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Duell im Eis

Duell im Eis

Titel: Duell im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hinter der sich die Küche befand. Zwei Köche der Sowjetmarine und drei Gehilfen rührten hier in drei großen Kesseln das Essen an, von dem der Chefingenieur Karasow behauptete, es grenze an versuchten Totschlag. An einer Theke wurde auch das Frühstück ausgegeben: hartes oder glitschiges Brot, Margarine, billigste Marmelade, Block- oder Dosenkäse, ab und zu Hartwurst oder Leberwurst aus Zinkeimern.
    »Wer verdreht hier die Augen, ha?« schrie Chefkoch Anatol Viktorowitsch Sumkow, als die ersten Beschwerden auf ihn niederprasselten. »Zu Hause freßt ihr Birkenrinden und leckt die Gurkentöpfe aus, aber hier wollt ihr leben wie früher die Bojaren, diese Halsabschneider! Wer von euch Hohlköpfen denkt daran, daß alles über Tausende von Kilometern herangeschafft werden muß? Was wollt ihr haben? Saftige Hühnchen, was? Einen fetten Schweinearsch? Schinken, geräuchert über Wacholder? Kaviar vom Aral-See? Multebeeren in Honigsoße? Tanzt einen Dankeswalzer, wenn ihr überhaupt was zu fressen kriegt!«
    »Müssen alle zum Essen in die Kantine?« fragte Ljuba und ging zurück in den Wohnraum.
    Der Oberleutnant stellte das Gorbatschow-Foto an die Wand. »Ja, Genossin.«
    »Auch die Offiziere?«
    »Ja, auch wir. Das Offiziershaus soll erst in sechs Wochen gebaut werden, sagt man. Wer glaubt daran? Doch wir haben eine eigene Ecke in der Kantine, Genossin Berreskowa, und dort ist Ihr Platz bereits reserviert.«
    »Der Kommandant ißt auch dort?« Es klang harmlos.
    »Kapitän Malenkow? Aber natürlich. Ohne ihn fängt keiner von uns an, es sei denn, er ist mit der ›Gorki‹ unterwegs. Jurij Adamowitsch hat Sie noch nicht begrüßt?«
    »Nein. Er wird beschäftigt sein. Wer hat schon Zeit, wenn er ein Held der Sowjetunion ist?« Sie setzte sich auf die Eckbank, dachte: Eine Kabine auf der ›Nadeshna‹ ist ein Palastraum gegen dieses Zimmer, viel ist zu tun, um es hier Jahre auszuhalten, und fragte dann: »Wann beginnt das Abendessen, Genosse?«
    »Um sieben Uhr. Es sind noch fünf Stunden. Haben Sie Hunger, Genossin? Soll ich Ihnen etwas holen? Sumkow, unser Koch, wird sich die Haare raufen und brüllen: ›Keine Ausnahme! Küche geschlossen!‹, aber bei Ihnen, der einzigen Frau bei uns, wird er eine Ausnahme machen. Vielleicht auch muß ich ihn in den fetten Hintern treten, das wäre eine besondere Freude für mich.«
    »Ich habe Durst.« Die Berreskowa faltete die Hände auf der Tischplatte. »Was trinkt man hier?«
    »Tee. Darf ich Ihnen eine Thermoskanne holen?«
    »Das wäre lieb von Ihnen.«
    Der junge Oberleutnant rannte aus dem Haus, glücklich, der schönen Genossin zu Diensten zu sein. Als hinter ihm die Tür zuklappte, erhob sich Ljuba von der Eckbank und ging zum Fenster. Vor ihr lag die Pier II mit dem vertäuten U-Boot ›Puschkin‹, das flache Gebäude eines Magazins, das offene Wasser des Fjords und gegenüber die atemraubende, gezackte Eiswand.
    Und plötzlich sah sie Malenkow. Er war in eine dicke Pelzmütze, einen Fellmantel und Fellstiefel vermummt, aber er mußte es sein, an seinem Gang erkannte sie ihn, an der Eigenart, wie er beim Gehen die Arme bewegte, wie er Entgegenkommende begrüßte.
    Malenkow ging an die Eispier, betrat über den eisernen Laufsteg die ›Puschkin‹ und wurde von dem wachhabenden Offizier begrüßt. Er sprach kurz mit ihm, drehte sich um, warf einen Blick in die Richtung des Hauses, das Ljuba gerade bezogen hatte, und verließ dann wieder das U-Boot.
    Er hat sich nach mir erkundigt. Wirklich, er ist aufgehalten worden, mich zu begrüßen. Aber jetzt wird er kommen …
    Sie trat vom Fenster zurück, lief in das Schlafzimmer, riß den Reißverschluß ihres Koffers fast auseinander, wühlte in ihren Kleidern, warf sie auf das Bett, bis sie das gefunden hatte, was sie suchte. Das eng anliegende, dunkelrote Kleid mit den goldfarbenen Spitzenärmeln und dem Spitzenkragen, das sie einmal in Odessa gekauft hatte, nach einer Modenschau. Aus diesem Kleid hatte Jurij Adamowitsch sie herausgeschält, als sie zum erstenmal miteinander glücklich waren.
    Vor dem Spiegel schüttelte sie ihre blonden Haare, weil Jurij eine strenge Frisur verabscheute, strich noch einmal über ihren Körper, der sich in dem engen Kleid deutlich abzeichnete, besprühte sich mit einem Parfüm, das nach Rosen duftete, und eilte dann zurück ins Wohnzimmer.
    Jetzt kannst du kommen, Jurij, dachte sie, und ärgerte sich nicht darüber, daß eine unzähmbare Hitze durch ihre Adern floß. Komm, mein

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