Duell im Eis
aber peinigend.
Sie hinkte in die Küche, tauchte ein Handtuch in das kalte Wasser, das aus einem Reservoir unter dem Dach in die Leitung floß, preßte den nassen Lappen gegen ihre Hüfte und setzte sich dann, nackt wie sie war, auf die Eckbank in der Nähe des blubbernden Ölofens.
Die nasse Kühle des Handtuchs tat gut, die Schmerzen verringerten sich, auch als sie aufstand und zurück ins Schlafzimmer humpelte. Als sie noch überlegte, ob sie sich wieder anziehen oder sofort ins Bett legen sollte, klopfte es an der Haustür. Lautlos tappte sie zum Fenster, blickte durch einen Spalt der Gardine nach draußen und sah Malenkow vor dem Haus stehen. Im trüben Licht einer Bogenlampe sah er in seinem Fellmantel wie ein zotteliger Bär aus.
Ohne sich einen Bademantel überzuwerfen oder sich sonstwie zu bedecken, ging Ljuba zur Tür und fragte, als sei sie überrascht: »Wer ist denn da?«
»Ich«, ertönte es von draußen.
»Wer ist ich?«
»Jurij Adamowitsch.«
»Der große Held?«
»Mach auf, Ljuba.«
»Ha! Ist das ein Befehl?«
»Wer könnte dir befehlen? Mach auf, hier draußen ist es kalt.«
»Wie kannst du in deinem Pelz frieren, oder stehst du nackt vor der Tür?« Sie sah an sich hinunter, über Brüste, Bauch und Schenkel und tat nichts, ihre Nacktheit zu verhüllen.
Malenkow gab auf ihre Frage keine Antwort.
Jäh kam in ihr die Furcht hoch, er könne wieder gehen, wie damals auf der ›Nadeshna‹, als er als Held zurückgekommen war und sie sich eingeschlossen hatte. »Bist du noch da?« fragte sie durch die Tür.
»Ja.«
Einen Moment schloß sie die Augen, preßte beide Hände flach gegen ihre Brüste, und dann schob sie den Riegel zurück, trat einen Schritt nach hinten und blickte auf die Tür, die jetzt von Malenkow aufgestoßen wurde.
Ein eisiger Hauch wehte über sie, als er ins Haus kam, reaktionsschnell warf er sofort wieder die Tür zu und blickte sie von den blonden Haaren bis zu den Zehen wortlos an. Erst dann sagte er: »Ich komme zu keiner guten Zeit? Erwartest du jemanden?«
Schon diese Frage war beleidigend für sie, als schlage er sie ins Gesicht oder spucke auf ihre Brüste. Noch zwei Schritte trat sie zurück, und die Verengung ihrer Augen hätte ihn warnen müssen. »Wenn du die Tür wieder verriegelst, kann niemand mehr herein«, sagte sie mit der Heiserkeit verschluckter Wut.
Gehorsam drehte sich Malenkow um, schob den Riegel wieder vor, und wenn sie gewollt hätte, wäre jetzt Zeit gewesen, ihre Nacktheit zu bedecken. Sie tat es nicht, ging vor ihm her in das Wohnzimmer, setzte sich auf ihren Platz auf der Eckbank, in der Nähe des Ofens, und schlug die Beine übereinander.
Malenkow war in der Tür stehen geblieben, als warte er auf die Aufforderung, eintreten zu dürfen. Dabei knöpfte er seinen dicken Fellmantel auf. Er trug keine Uniform darunter, sondern in den Pelzstiefeln eine schwarze Hose und darüber einen dicken Pullover aus dunkelroter Schafswolle.
Die Berreskowa schwieg, saß in weißer Nacktheit neben dem Ofen und wartete. Auf was? Sie wußte es selbst nicht, sie wollte es nicht wissen, aber das Zittern unter ihrer Haut verriet den Aufruhr ihres Unterbewußtseins.
Malenkow unterbrach die lastende Stille, indem er den Mantel auszog und auf einen Hocker warf; die Pelzmütze folgte ihm, die Handschuhe klatschten hinterher. Mit beiden Händen strich er sich über die Haare und sah dann die Berreskowa an. »Läufst du immer so herum?« fragte er.
»Stört es dich?« Sie lehnte den Kopf zurück an die Wand, was ihre Brüste spannte. »Siehst du Unangenehmes oder Fremdes? Beleidigt dich der Anblick? Sag es ohne Scheu … Ich bleibe trotzdem, wie ich bin.«
Ihr Blick verfolgte ihn, als er wortlos in die Küche ging. Sie hörte, wie er das Schlafzimmer betrat, und sie saß noch immer in provozierender Nacktheit am Tisch, als er zurückkam.
»Soll ich dir beim Auspacken helfen?« fragte er und setzte sich ihr gegenüber auf einen Stuhl.
»Danke, es macht mir keine Mühe.«
»Wo hast du deinen Plattenspieler?«
»In einer der kleinen Kisten. Warum?«
»Ich möchte eine Platte hören.«
»Du? Eine Platte?«
»›Don Carlos‹ von Verdi. Arie des Königs Philipp. ›Sie hat mich nie geliebt …‹ Gesungen hört sich das gut an.«
Sie zog die Augen wieder zu Schlitzen zusammen. »Ich liebe Puccinis ›Tosca‹ mehr: ›Nur der Schönheit weiht' ich mein Leben …‹«
»Das ist eine Lüge.« Malenkow umfaßte mit einem langen Blick ihre Nacktheit und erhob
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