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Duell im Eis

Duell im Eis

Titel: Duell im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie. »Ich … ich war es …«
    »Nicht reden, Benny.«
    »Ich … ich …« Mulder schien seine letzte Kraft zu sammeln. Sogar den Kopf hob er etwas, und sofort schob Virginia ihre Hände unter ihn und stützte ihn. »Cobb … Lieutenant Cobb … ich … erschossen … Keiner wird … es erfahren … nur Sie … Ich … ich habe Sie gerettet … Cobb, dieses Schwein …«
    »Benny, Sie haben Cobb ermordet?« Wie ein Krampf zog es über Virginias Gesicht. Einen jeden hätte sie verdächtigt, nur Master-Sergeant Mulder nicht. Seinen Revolver zu untersuchen, auf diese Idee wäre niemand gekommen. Mulder, der wochenlang den Mörder gesucht hatte.
    »Nicht … ermordet …« Mulder röchelte wieder und schloß die Augen. »Ich … ich hab's getan … für Sie … Sah, wie er … zu Ihnen schlich … Ich … ich konnte nicht … anders …« Mulder öffnete wieder die Augen. Die Unendlichkeit lag schon in ihnen, die unbegreifliche Weite jenseits des Irdischen. »Virginia …«
    »Ganz ruhig bleiben, Benny.«
    »Ich … ich liebe Sie … Verzeihung …« Unter dem erstarrten Blut lächelte er. Mit einem Seufzer legte er den Kopf zur Seite, berührte mit seinen Lippen ihre seinen Kopf stützende Hand und schien unendlich glücklich zu sein.
    Erst Minuten später merkte Virginia, daß sie den Kopf eines Toten in ihren Händen hielt; vorsichtig, als könne es ihm noch weh tun, legte sie ihn auf das Eis zurück, zog seine Lider über die Augen, und dann kniete sie vor ihm, faltete die Hände und weinte.
    Und die Lautlosigkeit um sie herum, diese völlige eisige Stille kam ihr vor, als sei auch sie losgelöst von der Welt, von Zeit, Raum und Leben.
    Man muß verstehen, wie Malenkow litt, daß sein Täubchen Ljuba so allein und einsam auf einem Eisplateau nahe über dem Meer lebte, nur, um sich mit Plankton und Fischschwärmen zu beschäftigen.
    Da half es auch nichts, daß Vizeadmiral Schesjekin etwas anzüglich sagte: »Mein lieber Jurij Adamowitsch, Sie sehen blaß und zerknittert aus. Sie sollten mehr Bewegung haben.« Und er schickte Malenkow mit seiner ›Gorki‹ zu den getarnten Versorgungsschiffen, die ganze Strecke in Tauchfahrt unter dem sich immer mehr schließenden Eis.
    So kam es, daß Malenkow den sechswöchigen Eissturm auf dem Versorgungsschiff ›Sokol‹ vorbeiblasen lassen mußte, sechs Wochen, in denen er nachts mit Ljuba sprach, gedanklich natürlich, oder mit leisen Worten, wenn er vor ihrem Foto saß, erregt bei der Vorstellung, sie liege jetzt neben ihm auf dem Bett und reize ihn mit dem Spiel ihrer Zehen.
    Siebzehnmal in diesen langen sechs Wochen funkte Malenkow seine flehentliche Bitte an Schesjekin, zur ›Morgenröte‹ zurückkommen zu dürfen, und jedesmal antwortete Wladimir Petrowitsch, dieses Ungeheuer, wie Malenkow ihn im stillen nannte: »Nein! Sie bleiben. Hier ist die Hölle ausgebrochen.«
    »Was ist mit Ljuba Alexandrowna, Genosse Admiral?«
    »Sie wird in ihrer Hütte neben dem Ofen liegen.«
    »Keine Nachricht von ihr?«
    »Keine. Keine Verbindung. Sie antwortet nicht. Unmöglich, zu ihr hinzukommen. An Stürme bin ich gewöhnt, auf allen Meeren, aber so etwas wie hier, das vergißt man nie.«
    Malenkow trauerte mit tiefem Gefühl, nahm in den sechs Wochen zehn Pfund ab, lief hohlwangig und mißgelaunt auf dem Versorgungsschiff herum, schnauzte jeden an, der mit ihm ein Schwätzchen halten wollte, und wachte des Nachts ein paarmal schweißgebadet auf, wenn ihn seine Sehnsucht ständig neue Variationen von Ljubas Liebeskunst erleben ließ. Er stellte sich dann unter die Dusche, besprühte sich erst heiß, dann kalt, kroch bibbernd zurück ins Bett und träumte dennoch gegen Morgen von neuen erotischen Exzessen.
    Er wurde ungenießbar wie ein Dörrfisch ohne Wasser, bastelte sich eine Scheibe aus Holz und malte den Kopf von Vizeadmiral Schesjekin darauf, lieh sich aus der Bordküche drei große Fleischermesser und begann, sich im Messerwerfen auszubilden. Bei jedem Treffer in Schesjekins Kopf rief er: »So geschieht's dir recht, du Halunke! Ha! Du hinterlistiger Biber! Du quietschende Ratte! Und noch ein Messerchen, und noch eins, und eins noch drauf!« Wie toll war er, und als er einen Glückstreffer landete, ein Messer mitten ins rechte Auge von Schesjekin, hüpfte er im Zimmer herum wie ein tanzender Indianer und brüllte: »He, he, aus ist's mit dem Augenblitzen, Genosse Admiral! Jetzt kommt das andere dran, das andere …«
    Aber das gelang ihm nicht. Schesjekins linkes Auge war

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