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Duenenmond

Duenenmond

Titel: Duenenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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Fischerei mit Zeesenbooten, die ihren Namen von ganz speziellen Fangnetzen, den Zeesen, hatten.
    »Mönche sollen diese Art des Fischfangs erfunden haben«, berichtete Jan kauend. »Darum heißt das Netz im Plattdeutschen auch noch Mönkesack.«
    Beide schilderten so lebendig die Vergangenheit dieses sehr speziellen Schiffstyps, dass Jo sich zurückversetzt fühlte in eine aufregende Zeit, in der die Boote als Last-, Hochzeits- oder Totenschiffeunterwegs gewesen waren. Vor ihrem geistigen Auge kreuzten die hübschen flotten Segler im Krieg als Kuriere und unter dem Kommando von Schmugglern durch die Boddengewässer und gewiss auch über die Ostsee. Außer den Stimmen, dem Glucksen des Wassers, den Seilen, die ab und zu gegen einen Mast schlugen, und dem Pfeifen und Rauschen des Windes war nichts zu hören. Jo konnte kaum glauben, dass es eine solche Ruhe überhaupt noch gab, ohne zumindest in der Ferne lärmenden Straßenverkehr, ohne allgegenwärtige Mobiltelefone, ohne ein Radio oder Fernsehgerät.
    Fast unbemerkt hatte sich die Nacht über das alte Boot gespannt. Sönke zündete die Positionslaternen an und sagte: »Der Wind flaut ab. Wir sollten Segel setzen, wenn wir heute noch nach Hause kommen wollen.«
    Schweigend fuhren sie zurück. Jo konnte sich nicht satt sehen an dem Schilf, das sich schemenhaft im gelben Kegel der Laternen zeigte, und an den Lichtern, die wie Sterne auf der Halbinsel aufblitzten. Als sie schließlich in den Althäger Hafen glitten, fühlte sie sich berauscht, als hätte sie Wein statt Wasser getrunken.
    »Vielen, vielen Dank«, sagte sie und drückte Sönke fest die Hand. »Das war ein wundervoller Ausflug. Das Boot ist wirklich etwas ganz Besonderes. Da hat Jan nicht zu viel versprochen. Ich hoffe, ich kann mich irgendwie für die Fahrt und das Essen revanchieren.«
    »Gern geschehen«, gab der Skipper zurück. »Ich freue mich immer, wenn ich die Aldebaran vorführen darf.«
    »Warum bietest du keine regelmäßigen Fahrten für Urlauber an?«
    »Das ist ohne Motor nicht zu machen. Der Wind spielt nicht immer so mit wie heute. Außerdem ist sie so etwas wie ein Museumsboot.« Er betrachtete den alten Kahn liebevoll. »Sie ist für den regelmäßigen Betrieb nicht geschaffen.«
    Die Männer verabschiedeten sich, dann waren Jo und Jan allein. Sie schlenderten den Weg hoch, der vom Hafen zur Straße führte.
    »Ich bringe dich zum Hotel«, sagte Jan.
    »Danke.« Jo steuerte auf seinen Käfer zu, der im Schein einer Straßenlampe auftauchte.
    »Nein, wir gehen zu Fuß«, verkündete er. »Ich habe Sönke den Schlüssel da gelassen. Er muss morgen nach Stralsund.«
    »Musst du denn in die gleiche Richtung? Ich meine, ich kann sonst auch alleine laufen.«
    »Nee, nee, besser nicht. Die Wege sind nicht alle gut beleuchtet. Besser, ich bringe dich zum Hotel. Ich wohne sowieso ganz in der Nähe.« Er hakte sie unter, wofür Jo nicht undankbar war. Zumindest in den kleinen Seitenstraßen schien Beleuchtung von den Einheimischen für überflüssigen Schnickschnack gehalten zu werden. Sie musste höllisch aufpassen, dass sie auf dem Kopfsteinpflaster nicht stolperte. Gott sei Dank trug sie flache Schuhe. Mit Absätzen wäre sie hier verloren, und vermutlich hätte sie die Aldebaran gar nicht betreten dürfen.
    In der Luft lag eine eigentümliche Duftmischung aus Salz, Fisch und Flieder. Jo schnupperte genüsslich. Jan sah sie fragend an.
    »Es riecht so gut. Überhaupt: Es ist wirklich sehr schön hier«, sagte sie leise. Dann lachte sie: »O je, ich werde noch sentimental.«
    »Wäre das so schlimm?«
    »Und wie!«
    Sie hatten die Hauptstraße erreicht. Hier saßen noch einige Nachtschwärmer auf den Terrassen der Lokale. Auf den Tischen standen Windlichter und gefüllte Gläser. Viel war hier, verglichen mit Hamburg, nicht los. Trotzdem nahm Jo die Menschen und die Geräusche mit einem Mal viel intensiver wahr als vor dem Ausflug.
    »Na, Entschädigung akzeptiert?«, fragte Jan sie, als sie vor dem Hotel ankamen.
    »Das war weit mehr als eine Entschädigung. Ich glaube, jetzt muss ich mich revanchieren. Darf ich dich noch auf ein Bier einladen?«
    »Lieber nicht, ich habe morgen früh Dienst im Hotel.«
    »Dann schließe ich wohl besser meine Tür ab«, witzelte Jo, um ihre Enttäuschung zu überspielen.
    »Morgen Abend würde mir passen.«
    »Okay, gern.«
    Jan schien einen Augenblick zu zögern und küsste sie dann sehr vorsichtig auf die Wange. Seine Bartstoppeln kratzten, aber er hat volle

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