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Duenenmond

Duenenmond

Titel: Duenenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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Mann hoch zu Ross gegolten hatten, wanderten nun auf die Terrasse und erfassten Jo. Sie schloss die Augen und atmete hörbar aus. Das konnte doch nicht sein Ernst sein!
    »Du wolltest doch reiten«, rief Jan über die Straße hinweg. »Worauf wartest du?«
    »Ich wollte …? Wie kommst du denn darauf?«, fragte sie so leise, dass er sie unmöglich hören konnte. Sie hatte keine Lust, sämtliche Passanten zu unterhalten. Unentschlossen ging sie die Stufen hinab. Vom Bürgersteig sahen die Tiere noch größer aus als von der erhöht liegenden Terrasse.
    Jan war inzwischen abgesessen und band die Zügel seines Pferdes an ein Bushaltestellenschild.
    »Überraschung gelungen?«, fragte er und küsste sie zur Begrüßung.
    »Das kann man wohl sagen«, antwortete sie tonlos.
    »Darf ich vorstellen? Das ist Molly, eine ganz liebe Stute. Molly, das ist Josefine, eine ziemlich eigensinnige Hamburgerin. Aber sie ist ganz nett.«
    »Ganz nett?« Sie tat empört.
    »Ach doch, ja.« Er lachte. »Du kannst Molly ruhig mal streicheln, bevor wir starten, damit sie dich kennenlernt.«
    Jo streckte zaghaft die Hand zum Maul und kraulte es vorsichtig. Es fühlte sich weich wie Samt an. Jetzt, als sie direkt vor dem Pferd stand, erschien es ihr geradezu riesig.
    »Wieso denkst du, dass ich unbedingt reiten will?«
    Er sah sie mit vor Erstaunen geweiteten Augen an. »Du hattest neulich an der Rezeption den Prospekt in der Hand. Ich ging davon aus, dass du einen Reitausflug buchen willst.«
    Jetzt fiel es ihr wieder ein. Sie hatte in dem Informationsblatt gelesen, als sie an der Rezeption stand, um ihr Zimmer vorzeitig zu stornieren. Völlig wahllos hatte sie an dem Morgen in den Prospektständer gegriffen, nur, um sich in irgendetwas vertiefen zu können, bis Jan endlich gegangen wäre. Aber er war nicht gegangen. Und nun wusste sie, wie genau er sie beobachtet hatte.
    »Ich habe nur geguckt«, sagte Jo hilflos.
    »Oh.« Er sah enttäuscht aus, fing sich aber schnell wieder. »Macht nichts, es wird dir trotzdem gefallen.«
    Da war sie nicht so sicher.
    »Ich bin noch nie geritten«, gab sie zu bedenken und hoffte sehr, das würde seinen Plan ändern.
    »Das lernst du ganz schnell. Molly ist das perfekte Anfänger-Pferd.«
    »Sie ist riesig. Ich weiß ja nicht einmal, wie ich in den Sattel kommen soll.«
    Jan erklärte ihr, wo sie welchen Fuß lassen, wo sie sich festhalten sollte. Das klang einfach. Trotzdem war Jo nicht wohl in ihrer Haut. Sie spürte die Blicke der anderen Hotelgäste, die bei Kaffee und Kuchen auf der Terrasse saßen. Hätte er sie nicht mit dem Auto abholen und zu einem Pferdehof fahren können?
    »Die Stute ist doch mindestens zwei Meter hoch«, jammerte sie verzweifelt.
    »Nicht ganz, nur ungefähr eins siebzig.« Er drückte ihr die Zügel in die Hand.
    »Nur? Du bist witzig!« Ihre Beine hatten die Konsistenz von Pudding angenommen. Wie sollte sie sich damit kräftig hochstemmen, wie er ihr gesagt hatte?
    »Soll ich dir helfen?«
    »Nein, nein, das kriege ich schon hin.« Jo sah ihn schmunzeln und stellte sich vor, wie sie wie ein nasser Sack an dem Gaul hing und er versuchte, ihren Po nach oben zu drücken. Kam nicht in Frage. Sie musste es allein schaffen. Und zwar möglichst elegant.
    »Ich zeig’s dir«. Er löste auch schon den Zügel seines Hengstes von dem Straßenschild. »Den Fuß hier rein …« Er schlüpfte in den Steigbügel. »Hier festhalten …« Mit beiden Händen griff er in den Sattel, den Zügel hatte er lässig zwischen zwei Fingern hängen. Ein Schwung, und er saß auf dem schwarzen Tier.
    »Okay! So, Molly«, flüsterte sie, »wir müssen jetzt beide stark sein. Bleib du nur stehen, den Rest mache ich. Ich versuch’s jedenfalls.« Der Steigbügel war so hoch, dass Jo wünschte, sie wäre gelenkiger. Sie schaffte es, ihren Fuß zu platzieren. Woher sollte sie in dieser unmöglichen Haltung, das Knie auf Höhe ihres Bauchnabels, die Kraft nehmen, um aufzusitzen?
    »Ja, genau«, kommentierte Jan. »Und jetzt Schwung holen und hoch mit dir!«
    Eine Mutter mit zwei Kindern stand da. Die drei sahen mit unverhohlener Neugier zu. Ein Junge mit einem Eis und ein junges Pärchen gesellten sich dazu. Jo war gereizt und überlegte kurz, ob sie Gage für die Vorstellung verlangen sollte. Dann entschied sie sich, die Sache lieber schnell hinter sich zu bringen. Sie griff nach dem Sattel, sprang mit dem Bein ab, das noch Bodenkontakt hatte, zog und stemmte sich gleichzeitig und landete zu ihrer eigenen

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