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Duenenmond

Duenenmond

Titel: Duenenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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etwas ausmachen, kurz einen Blick auf das Foto zu werfen? Ich will sowieso langsam los. Es wäre wirklich klasse, wenn du mir auf die Sprünge helfen könntest, sonst grüble ich die gesamten letzten Tage.«
    »So geht es mir mit dir.« Er schnaufte. »Klar komme ich mit.«
    »Die da, die Frau mit den rötlich-braunen Haaren. Kennst du sie?« Sie standen vor dem Glaskasten, und Jo beobachtete ihn aufmerksam.
    »Keine Ahnung, tut mir leid.«
    Sie war enttäuscht, hatte allerdings nichts anderes erwartet.
    »Wenn du mich nach dem gefragt hättest …« Er deutete auf ihren Vater. »Über den hätte ich dir etwas erzählen können.«
    »Ach ja?«
    »Ja, er ist einer der wenigen Stammgäste, die ich kenne. Naja, kennen ist zu viel gesagt. Man hat ihn öfter gesehen. Der hat viel hier im Hafen gemalt, wollte auch einmal mein Schiff mieten.«
    Jo musste schlucken. »Und, seid ihr zusammen rausgefahren?«
    »Ich nehme keine Touristen mit, das weißt du doch. Das war schon so, als ich die Aldebaran gerade erst übernommen hatte.«
    »Bei mir hast du auch eine Ausnahme gemacht.«
    »Das war privat. Das ist etwas ganz anderes.«
    »War er nett?«
    »Wir haben nur ein paar Worte gewechselt. Aber er schien ganz lustig zu sein. Die Frauen jedenfalls waren alle hinter ihm her.«
    Jo blieb die Spucke weg. »Hinter dem? Ich finde, er sieht ganz schön mürrisch aus. Alle anderen lachen, nur seine Mundwinkel zeigen nach unten. Und dann die Frisur! Schon ganz grau, an den Seiten diese langen Fusseln, oben nur noch einzelne Haare …«
    Sönke nickte. »Bei den älteren Damen konnte ich das noch verstehen. Die legen bei einem Mann wohl nicht mehr so viel Wert auf das Äußere. Es gab aber auch genug Jüngere, die mit ihm geflirtet haben. Das fand ich auch etwas gewöhnungsbedürftig. Muss wohl sein Künstlercharme gewesen sein.«
    »Ja, das muss es wohl gewesen sein … Ist er immer alleine hier gewesen?«
    »Er kam allein. Angeblich hatte er hier aber eine feste Freundin. Ob er trotzdem etwas mit anderen hatte, weiß ich nicht. Ich will mich auch nicht an den Spekulationen beteiligen.Einige behaupten sogar, er hätte ein Kind auf dem Darß gezeugt. Keine Ahnung, ob’s stimmt. Und wenn, ist es seine Sache. Da gehören immer zwei dazu.«
    Jo hörte kaum noch zu. Ein Kind? Die Leute redeten viel, zerrissen sich das Maul, wenn jemand nicht allzu viel von sich preisgab. Meistens war indes ein Fünkchen Wahrheit daran.
    »Habe ihn lange nicht mehr gesehen. Der macht jetzt wohl woanders Urlaub.«
    Sie lief die Stufen zum Hotel hinauf. Ihr schwirrte der Kopf. Gestern noch die Freude über die Versöhnung mit Jan, heute diese unfassbaren Neuigkeiten über ihren Vater. Er sollte ein Filou gewesen sein, der seine Frau betrogen hat? Sollte er tatsächlich ein Kind gezeugt haben? Jo konnte es sich beim besten Willen nicht vorstellen. Einmal blitzte die Frage in ihrem Kopf auf, warum sie bloß hierher gekommen war. In der nächsten Sekunde wusste sie, dass es die richtige Entscheidung war. Wenn sie eine Halbschwester oder einen Halbbruder hatte, dann wollte sie sie oder ihn kennenlernen. Aber vielleicht war sowieso nichts davon wahr. Jo ließ sich ihren Zimmerschlüssel geben.
    »Und hier ist auch eine Nachricht für Sie. Bitte schön!« Eine hagere Rezeptionistin mit langen schwarzen Haaren, deren Dialekt verriet, dass sie nicht in dieser Gegend aufgewachsen war, sondern aus Süddeutschland kam, reichte ihr den Schlüssel und ein Kuvert.
    Auf dem Weg zu ihrem Zimmer riss Jo den Umschlag auf und fischte ein Blatt heraus, das von einem Notizblock abgerissen worden war.
    Ich hole dich morgen um sechzehn Uhr am Hotel ab. Zieh eine lange Hose an! Jan , stand da.
    Was hatte das wieder zu bedeuten? Sie seufzte, warf den Zettel auf den Nachttisch und ließ sich rückwärts auf ihr Bett fallen.
    Es war eindeutig zu warm für eine lange Hose. Aber da Jan sie so ausdrücklich darum gebeten hatte, erschien Jo nun pünktlich und schwitzend in einer Jeans auf der Hotelterrasse. Sie ging langsam zur Treppe, um auf der Straße nach einem weißen Käfer Ausschau zu halten. Der kleine Wagen war noch nicht in Sicht. Gerade wollte sie kehrtmachen, um Schatten aufzusuchen, da sah sie ihn.
    »Das glaube ich einfach nicht!«
    Jan saß auf einem schwarzen Pferd. Ein weiteres, eines mit rötlich-braunem Fell und weißem Stern, führte er am Zügel. Als er Jo entdeckte, brachte er die beiden Tiere zum Stehen und winkte ihr zu. Die Blicke der Urlauber, die eben noch dem

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