Duenenmord
Wochenenddienst und beschäftigte sich mit dem PC der Sängers. Der Mann gehörte seit knapp einem Jahr zu Buhls Technikmannschaft und galt als schwieriger Kollege. Mit Glatze und tätowierten Oberarmen erweckte er einen durchaus martialischen und unzugänglichen Eindruck, was durch seine selbst für den hohen Norden auffällige Wortkargheit noch verstärkt wurde. Keiner wusste so recht, was er zuvor gemacht hatte, dementsprechende Nachfragen ignorierte er schlicht, und über sein Privatleben war auch nichts Genaueres bekannt.
Buhl störte sich nicht daran, er schätzte Kostas Zuverlässigkeit und Geduld sowie dessen forensische Kenntnisse, und es war ihm völlig egal, ob der Mann eine schwierige Vergangenheit hatte, wie einige im Institut mutmaßten, oder ganz einfach maulfaul war und seine Ruhe haben wollte.
»Moin. Und? Was Auffälliges?«, fragte Buhl.
»Mal gucken.«
Buhl trat näher.
»Kümmere mich um gelöschte Mails.«
»Kannst du die wiederherstellen?«
»Sieht so aus. Sind aber sehr viele. Wonach genau suchen die denn?«
Buhl zuckte mit den Achseln. »Spam und solchen Kram kannst du außen vorlassen, den Rest sollen die sich selbst ansehen und entscheiden, was wichtig ist.«
»Hör ich gern«, meinte Kosta.
»Schick den Kram möglichst noch heute nach Bergen – die Beccare freut sich über jeden Hinweis.«
Kosta deutete ein Nicken an, seine ungerührte Miene erweckte jedoch nicht den Eindruck, als ob Buhls Einschätzung bezüglich der zu erwartenden Reaktion der Kommissarin seine weitere Vorgehensweise beschleunigen würde. Er heftete den Blick auf den Monitor.
»Ach so, und was ist mit dem Handy?«
»Bin ich auch dran.«
Übersetzt bedeutete die Auskunft, dass in Kürze mit Ergebnissen zu rechnen war. Buhl war zufrieden.
Der Anruf erreichte ihn am Nachmittag. Lanz hatte sich gerade eine Kanne Kaffee gekocht und zwei Stückchen Torte bereitgestellt. Er seufzte und ging ans Telefon.
»Es gab einen Unfall«, vernahm er eine leise männliche Stimme, und er brauchte ein paar Sekunden, um Walter zu erkennen.
Die alten Kontakte funktionierten hin und wieder offensichtlich bestens und überaus schnell, dachte er verblüfft. »Ja, der Unfall im Hafen Mukran, bei dem …«
»Nein.«
»Was?«
»Ich meine nicht den Unfall auf Rügen«, entgegnete Walter leise, aber energisch.
»Sondern? Meine Güte – nun tu doch nicht so geheimnisvoll«, entfuhr es Lanz. »Wir schreiben das Jahr 2012, undmein Telefon ist nicht verwanzt.« Davon gehe ich zumindest sehr stark aus, fügte er in Gedanken hinzu.
»Es geht um einen Autounfall in Neubrandenburg«, fuhr Walter fort, ohne auf Lanz’ sarkastische Bemerkung einzugehen. »1982. Ein Unfall mit Fahrerflucht, die Zeitung berichtete darüber, mit Foto und allem. Eine junge Frau starb, ihr Freund überlebte schwerverletzt und sitzt seitdem im Rollstuhl.«
Lanz schüttelte verwirrt den Kopf. »Hast du vielleicht gestern was missverstanden?«
»Ganz und gar nicht. Gedulde dich einen Moment und höre zu.«
»Na schön.«
»Die Polizei konnte Tage später einen Verdächtigen festnehmen.«
»Aha.«
»Sie mussten ihn wieder laufen lassen. Die Beweise hatten sich nach mehreren Vernehmungen als falsch erwiesen.«
»Komm zum Punkt.«
»Der Tatverdächtige hieß Stefan Heise.«
Lanz runzelte die Stirn. »Weiter«, sagte er leise.
»Viel gibt es nicht mehr zu berichten«, erklärte Walter. »Nur noch soviel: Gut möglich, dass der Verdacht gegen Heise und weitere Untersuchungen des Unfalls aus einem ganz bestimmten Grund fallengelassen wurden.«
Lanz spürte, wie ihn eiskalte Wut packte. »Ist es so, wie ich vermute? Die alte Nummer?«
»Nun …«
»Mein Gott, was für ein mieser Laden das doch war! Ihr habt ihn erpresst, stimmt’s?«
»Ich habe niemanden erpresst, aber zum Aufnahmegespräch soll angeblich sogar ein Genosse aus Greifswald angereist sein«, ergänzte Walter. »Du kennst ihn auch. Konrad Arnolt.«
Lanz sagte sekundenlang kein einziges Wort. Dann stieß er laut die Luft aus. »Und Heise sollte auf Rügen tätig werden?«
»Ja.«
»Ausgerechnet dort, wo Konrads Sohn als Spati seinen Dienst absolvierte und bei einem Unfall ums Leben kam, bei dem Heise Zeuge war? Das glaube ich jetzt nicht!«
»Ich gebe nur wieder, was mein Kontakt mir berichten konnte«, versuchte Walter zu beschwichtigen.
»Ging es um die Wahl?«
»Darüber weiß ich nichts.«
Lanz lachte unfroh auf. »Natürlich nicht. Und was genau ist bei dem Unfall
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