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Duenenmord

Duenenmord

Titel: Duenenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Peters
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Tag in der alten Wäschekommode auf, um ihn von Zeit zu Zeit hervorzuholen und die Bilder ihres begabten Sohnes zu betrachten. Meist an seinem Geburtstag und an dem Tag, an dem er verschwunden war. Der nette Polizist hatte nicht nur daran gedacht, ihr Jureks Tasche und sein Handtuch nach Hause zu bringen, sondern auch den Zeichenblock, den er immer bei sich getragen hatte.
    Die letzten Bilder, die er gemalt hatte, beschäftigten sich mit dem Strandfest: Zelte mit bunten Wimpeln, ein Lagerfeuer, um das einige Kinder singend tanzten, eine Möwe, die dicht über den Strand flog. Helga strich zärtlich über die Blätter und legte sie zurück in die Schutzhülle. Eine Zeichnung war anders. Helga hatte sie nie so richtig verstanden.Offensichtlich sollte das Bild eine Szene in einem der Zelte abbilden. Ein Zelt, in dem sich zwei Spiegel, eine Krone, Zepter, Clownsschuhe und andere Utensilien und Kostüme befanden. Vielleicht handelte es sich um das Märchenzelt, von dem Jurek mal erzählt hatte. Die Kinder konnten dort etwas gewinnen, wenn es ihnen gelang, einige Zeilen aus einem Märchenbuch vorzulesen, das die Kindergärtnerin, um die Sache zu erschweren, vor einen Spiegel hielt, so dass die Schrift verkehrt herum erschien, und den Titel zu erraten.
    In einem der Spiegel waren zwei Figuren abgebildet – eine große, eine kleine. Die kleine Figur erinnerte entfernt an eine Nixe und trug lange Zöpfe, wie Helga beim genaueren Hinsehen plötzlich erkannte, und sie sah alles andere als vergnügt aus, ihr Gesicht war seltsam verzerrt. Die andere Figur hatte rote Locken und auffallend große Augen und Hände. Ihr Antlitz wirkte verschwommen.
    Merkwürdig, dass der Junge bei dieser Zeichnung so ungenau und flüchtig gearbeitet hat, dachte Helga. Normalerweise hatte er Gesichter so detailgetreu abgebildet, dass man auf Anhieb erkennen konnte, um wen es sich handelte. Sie schüttelte den Kopf und legte auch dieses Blatt schließlich zurück in seine Hülle. Dann schob sie den Karton in die Schublade und schloss die Kommode.
    Sie blieb lange auf dem Fußboden sitzen, und die Sehnsucht nach ihrem Jungen durchdrang ihr Herz mit unerträglichem Schmerz.

14
    Ulrich Poschke sah so aus, wie man sich einen Koch gemeinhin nicht vorstellte – er war hager, fast dürr und hatte ein wettergegerbtes Gesicht mit zahlreichen Lachfältchen. Sein Lokal hatte bescheidene Ausmaße, dafür verfügte es mit seinem Ausblick auf den kleinen Hafen über eine malerische Lage, und es duftete schon am Morgen nach köstlichen Gerichten. Die Betonung des Seefahrerambientes mit dem von der Decke herabhängenden Fischernetz sowie zahlreichen Schiffsbildern an den Wänden war nach Romys Geschmack ein bisschen arg dick aufgetragen, aber dem kauzigen Charme des engen Gastraums konnte auch sie sich nicht entziehen. Ganz in der Nähe war es vor einigen Jahren zu einem massiven Steilküstenabbruch gekommen, wie Kasper Romy mit besorgter Miene berichtet hatte, als sie ausgestiegen waren.
    Poschke hatte seine Schürze abgenommen und ihnen einen Platz am Fenster angeboten. »Mein bester Tisch«, sagte er. Seine Verwunderung über den Polizeibesuch war unübersehbar. »Der ist schon für die ganze Woche ausgebucht«, fügte er mit einem gewissen Stolz in der Stimme hinzu.
    »Freut mich«, erwiderte Romy. »Sind zurzeit viele Wintertouristen hier?«
    »Es gibt einige Stammurlauber, die kommen immer wieder, und zwar gerade im Winter. Sie suchen die Stille.« Er schob ein Lächeln hinterher. »Und wonach suchen Sie, wenn ich mal ganz direkt fragen darf?«
    »Wir suchen einen Mörder«, erklärte Romy unumwunden.
    Poschke sank die Kinnlade herab. »Wie bitte? Hier, bei mir?«
    »Na, mal sehen.«
    Kasper schmunzelte. Endlich mal wieder, dachte Romy. Sie hatten vereinbart, die Befragung offensiv zu gestalten, wie sie es gerne ausdrückte: direkt und provokativ, wo es vielversprechend schien.
    »Das ist nicht Ihr Ernst, oder?« Poschkes Blick flog mehrfach zwischen Kasper und Romy hin und her.
    »Erinnern Sie sich an Monika Sänger, geborene Arnolt und spätere Barendsen?«, fuhr Romy fort.
    Poschke wirkte noch erstaunter, sofern das möglich war. »Na klar, wir waren mal einige Zeit zusammen. Das ist aber schon ewig her«, antwortete er zögernd. »Und was hat sie mit …«
    »Sie ist tot, genauer gesagt müssen wir davon ausgehen, dass sie ermordet wurde.«
    »Ach du liebe Güte!« Poschke ließ sich gegen die Rückenlehne sinken. »Ihr Ernst?«
    »Ich pflege mit solchen

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