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Duenenmord

Duenenmord

Titel: Duenenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Peters
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entgegnete er schließlich leise.
    »Exakt. Ein Tag, den manche Menschen niemals in ihrem Leben vergessen werden.«
    »Der kleine Jurek«, flüsterte Poschke und verbarg seine zitternden Hände.
    Einen Augenblick lang hörte Romy nur den Wind, der an den Fensterläden riss. Was für Scheißgeschichten das Leben doch manchmal schreibt, dachte sie und sah Kasper an.
    »Wir müssen Sie bitten, uns nach Bergen zu begleiten«, sagte der zu Poschke.
    »Die Erzieherinnen haben bis in den Abend hinein mitgesucht«, begann Poschke ohne Zögern zu berichten, als sie eine gute Stunde später im Vernehmungsraum zusammensaßen. Der Mann war immer noch aschfahl, hatte aber seine abwehrende Haltung vollends aufgegeben. Nur weil Monika tot ist, fuhr es Romy durch den Kopf, sonst würde er blocken oder es zumindest versuchen, dessen war sie sich sicher.
    »Wie haben Sie von der Suchaktion erfahren?«, fragte sie.
    »Monika war zwischendurch zu Hause und hat sich umgezogen«, antwortete er. »Sie war völlig fertig …« Er knetete seine Hände. »Ich habe sie gefragt, ob ich mitkommen soll, aber das wollte sie nicht. Ich habe lange auf sie gewartet, und später bin ich vor dem Fernseher eingeschlafen.«
    Romy spürte plötzlich eine unangenehme Enge im Hals. Poschke sah sie an. »Mitten in der Nacht bin ich hochgeschreckt. Ich hörte, dass sie im Bad war, bin aber liegen geblieben«, berichtete er weiter. »Ich weiß nicht, warum, wirklich nicht … Es herrschte irgendwie eine merkwürdige Atmosphäre, anders kann ich es nicht ausdrücken. Ich habemich jedenfalls schlafend gestellt. Sie ist dann auf Zehenspitzen an mir vorbei ins Schlafzimmer geschlichen.«
    Romy lehnte sich zurück, während Kasper die Ellenbogen auf den Tisch stützte und das Kinn auf die ineinander verschränkten Hände legte. »Und dann?«, fragte er leise. »Wie ging es weiter?«
    »Ich konnte nicht wieder einschlafen.« Poschke schluckte. »Irgendwann bin ich aufgestanden. Ich dachte, ein kleiner Spaziergang täte mir gut, verstehen Sie? Es war ja mittlerweile schon früher Morgen, halb vier, vier oder so …« Er brach ab. »Kann ich bitte etwas zu trinken haben?«
    »Wasser? Kaffee?«
    »Beides.«
    Poschke leerte sein Wasserglas in einem Zug und trank zwei Schluck Kaffee, bevor wieder hochsah. »Ich habe noch gedacht: Tu es nicht«, fuhr er fort, als hätte es die Unterbrechung gar nicht gegeben. »Ein merkwürdiger Gedanke, der direkt aus dem Bauch kam. Manchmal sollte man auf seinen Bauch hören … Habe ich aber nicht.« Er winkte ab. »Monika hatte den Wagen in den Schuppen hinterm Haus gefahren und das Tor verschlossen. Das tat sie sonst nicht, wenn einer von uns gleich morgens wieder los musste. Dann schoben wir einfach nur den Riegel vor und ließen das Schloss unversperrt. Man hat so seine Gewohnheiten und wird stutzig, wenn die nicht eingehalten werden. Also, mir geht es so.«
    »Sie war am Tag zuvor mit dem Wagen unterwegs gewesen«, vergewisserte Romy sich.
    »Ja, sie brauchte ihn, um Utensilien für das Fest zum Strand zu bringen und später bei der Suche nach dem Jungen.«
    »Sie sind in den Schuppen gegangen und haben nach dem Wagen gesehen«, nahm Kasper den Faden auf.
    »So ist es.«
    »Und?«
    Er verzog das Gesicht, als hätte er plötzlich einen Magenkrampf.»Ich habe den Kofferraum geöffnet, aus einem Impuls heraus. Alles wie immer, dachte ich und wollte die Klappe gerade wieder schließen, als ich den Schuh entdeckte – einen einzelnen Schuh, eine Sandale, eine Kindersandale.« Seine Unterlippe zitterte.
    Das konnte alles Mögliche bedeuten, dachte Romy sofort, aber Poschke sah sie an und schüttelte, als ahnte er ihren Einwand, langsam den Kopf. »Er war voller Flecken – Blutflecken …«
    »Woher wollen Sie denn wissen, dass es sich um Blut handelte?«, unterbrach Romy ihn, und sie hörte selbst, dass ihre Stimme entsetzt klang.
    »Es roch nach Blut, glauben Sie mir. Später habe ich im Müll eine alte Decke und einen Plastiksack entdeckt, auch mit Blutflecken …«
    Romy wandte den Blick zur Seite.
    »Ich weiß, was Sie jetzt denken«, sagte Poschke leise. »Ich hätte zur Aufklärung beitragen müssen, und Sie haben natürlich recht …«
    »Was hat Sie davon abgehalten?«, ergriff Kasper schnell das Wort. Seine Stimme klang gepresst.
    »Die Ungeheuerlichkeit des Geschehens«, sagte Poschke nach langem Überlegen. »Ich hatte Mühe zu begreifen, was passiert war, und kaute tagelang auf dem Gedanken herum, wieso ich eigentlich

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