Duenenmord
Albrecht und sah Kasper irritiert an. »Kollege, worum geht es hier eigentlich?«
»Um eine riesengroße Sauerei – mehr kann ich dir im Augenblick nicht sagen.«
»Verstehe.«
»Wo ist denn der Junge zuletzt gesehen worden?«
»Mehrere Kinder sagten, er sei zwischen den Zelten herumgelaufen, andere hatten ihn am Strand gesehen und sogar oben bei den Autos, das Übliche …« Albrecht seufzte. »Und jeder schwört Stein und Bein, dass seine Erinnerung stimmt.«
»Und die Sachen, die er dabei hatte – Rucksack, Proviant, Handtuch. War das auch verschwunden?«
»Nö, das lag in einem der Zelte, wo die Kinder sich umzogen und ihre Sachen aufbewahrten.«
Kasper nickte. »Was glaubst du, was passiert ist?«
»Er ist ertrunken«, entgegnete Albrecht ohne Zögern.
»Und niemand hat etwas gemerkt oder gehört?«
»Die Kinder haben gespielt, getobt, sich ausgeruht, gegessen, in den Zelten zusammengehockt – da kann doch mal einer die Gruppe verlassen, ohne dass es sofort auffällt«, entgegnete Albrecht. »Und als es auffiel, war es zu spät. Der Kleine ist untergegangen und rausgetrieben. Ende.«
Ende. »Ja, möglich.«
»Die Kita hat jedenfalls da draußen nie wieder ein Strandfest veranstaltet.«
»Kann ich mir denken. Danke, Kollege. Du hast mir sehr weitergeholfen.«
Kasper verabschiedete Robert Albrecht, der sichtlich enttäuscht war, nicht mehr über die Hintergründe der Recherchen erfahren zu haben, und griff umgehend zum Telefon, um noch einmal mit Helga Lind zu sprechen. Sie war zum fraglichen Zeitpunkt zwar in Stralsund beschäftigt gewesen, aber der Fall des vermissten Jungen hatte sicher Kreise gezogen, und es war nicht auszuschließen, dass sie mit einer Clement-Kollegin darüber gesprochen hatte. Helga nahm das Gespräch nicht selbst an, kam aber nach wenigen Minuten an den Apparat.
»Mir ist noch was eingefallen«, kam Schneider sofort zur Sache und fasste die Ereignisse in wenigen Worten zusammen. »Ich weiß, dass du damals in Stralsund warst, aber …«
»Ja, ich erinnere mich trotzdem daran. Eine traurige Geschichte. Aber was hat sie mit Monika zu tun?«
»Wir sind auf der Suche nach Anhaltspunkten, Helga. Der Junge verschwand im Sommer 1989 am Strand von Göhren, und wenige Monate später ist Monika nach Kiel gegangen«, erläuterte er geduldig. »Vielleicht hat das überhaupt keine Rolle gespielt oder aber eine, die mit ihrem Tod nicht das Geringste zu tun hat. Aber möglicherweise …«
»Möglicherweise«, wiederholte Helga. »Ihre Leiche ist am Strand von Göhren gefunden worden, nicht wahr? Am Südstrand.«
»Ja.«
»Ist das der Grund für eure Nachforschungen?«
»Helga, bitte.«
»Schon gut. Nun, ich entsinne mich, dass ich mich eine ganze Weile danach mal mit einer Exkollegin unterhalten habe, die ich beim Segeln traf. Sie erzählte, dass Monika in den Westen wollte. Fand ich ziemlich albern und meine Kollegin auch, aber sie erwähnte dann noch, dass Monikas Beziehung gerade in die Brüche gegangen war und der Zeitpunkt demnach nicht schlecht, noch mal neu anzufangen.«
»Weißt du, wie ihr damaliger Typ hieß?«
»Ulli, glaube ich … Nachnamen weiß ich nicht mehr. Der war Koch. Ist das wichtig?«
»Ja.«
»Gut, ich versuche die Exkollegin zu erreichen, die behält solche Sachen immer ganz gut und kennt auf der Insel Gott und die Welt«, ergriff Helga die Initiative. »Sie ist vor einigen Jahren nach Hiddensee gezogen. Ich hake da mal nach, dann musst du nicht lang und breit erklären.«
»Das ist eine große Hilfe für mich, danke dir. Hast was gut bei mir«, meinte Kasper.
»Kochst du immer noch so gut wie früher?«
Kasper spürte, dass er errötete, und war heilfroh, dass Helga ihn nicht sehen konnte. Er gab sich einen Ruck. »Fast noch besser«, behauptete er mutig.
»Werde ich mir merken.«
»Tu das. Wenn das alles vorbei ist, könnten wir ja mal …«
»Könnten wir.«
Helga rief zehn Minuten später zurück. »Monikas Freund von damals heißt Ulrich Poschke«, sagte sie. »Er betreibt ein Fischlokal oben in Lohme, in der Nähe des kleinen Hafens, nachdem er nach der Wende auch einige Zeit unterwegs war. Soll ein echter Geheimtipp sein, selbst im Winter.«
Kasper notierte den Namen. »Noch mal – danke, Helga.« Nebenan hörte er Romys Stimme. Sie klang munter und tatendurstig.
Es kribbelte in ihren Fingerspitzen. Romy war sicher, dass sie auf der richtigen Spur waren oder sich wenigstens in eine Richtung bewegten, die entscheidend mit der Lösung
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