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Duenne Haut - Kriminalroman

Duenne Haut - Kriminalroman

Titel: Duenne Haut - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kabelka
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und erstochen auffinden oder ob wir einen aus der Dornbirner Ach fischen. Glauben Sie mir: Ich habe zum Tod ein pragmatisches Verhältnis. Das muss man in meinem Job auch haben. Im Affekt übersiehst du leicht die wichtigsten Spuren.“
    Wieder geht seine Hand in Richtung Schulter. Scheiße, jetzt strahlen die Schmerzen schon in den Nacken aus!
    „Glauben Sie, dass der Fall für Sie wirklich abgeschlossen ist?“
    „Na ja, für einzelne Bahnangestellte dürfte das Ganze noch ein gerichtliches Nachspiel haben. Für mich und die Abteilung ist der Fall aber längst abgeschlossen, ja.“
    „Abgeschlossen“, wiederholt Dr. Grein. „Sie denken wie ein pflichtbewusster Beamter. Denken Sie doch einmal an sich! Ich glaube, dass in Ihnen noch eine Menge offen ist, Anton. Schauen Sie sich doch Ihre eigenen Bilder an! Und was sagt Ihnen Ihre körperliche Verspannung, die Sie im Spiegel nicht bemerken, deretwegen Sie sich aber ständig massieren?“
    „Sie meinen meine verzogene Schulter? Die Folge eines Sturzes.“
    „Und wovon ist dieser Sturz die Folge? Soviel ich weiß, sind Ihnen in letzter Zeit schon mehrere solche Stürze passiert. Einmal sind Sie deshalb sogar im Krankenhaus gelandet. Alles wirklich nur ein Zufall?“
    Hagen versinkt in ein mürrisches Schweigen. Stürze und Abstürze – da ist sie wieder, die alte Verquickung. Er sieht sich, Gfader und Winder im Hinterzimmer des
Loibl
über dem vierten oder fünften Bier hocken, in der abgefuckten Beiz, die ihnen nach besonders harten Tagen als geheime Anlaufstelle dient. Weil sie dort garantiert kein
ghöriger
Vorarlberger dabei beobachtet, wenn sie sich zuschütten und auf alles scheißen, für einige Stunden wenigstens. Dabei Sprüche klopfen, die sich für einen Außenstehenden ganz und gar nicht tröstlich anhören würden. Aber was weiß ein Außenstehender schon vom Ekel, den man sich nur mit etlichen Halben von der Seele waschen kann? Burnoutprävention à la Kripo. Um anschließend durch möglichst dunkle Seitenstraßen nach Hause zu kurven und betäubt wegzukippen, mit den Socken noch an den Füßen. Dass man den kleinen Absturz am nächsten Tag untereinander nicht einmal ignoriert, ist Ehrensache. Wer tagtäglich das zu sehen kriegt, was sie sehen, verliert über das eigene, vergleichsweise läppische Elend keine Worte.
    „Ich mache Ihnen einen Vorschlag“, sagt Dr. Grein, während sie aufsteht und hinter ihn tritt. „Wagen Sie ein Experiment. Verstärken Sie doch einmal Ihre schiefe und gebückte Haltung.“
    Er tut ihr den Gefallen. Es ist, als ob ein Dolch durch seine Nackenmuskeln gebohrt würde.
    „Und? Wie fühlt sich das an?“
    „Grauenhaft!“
    „Gut. Dann verstärken Sie die Haltung noch ein bisschen.“
    „Sind Sie akademisch geprüfte Sadistin, oder was?“
    Er hört nur ihr leises Lachen hinter sich. „Bleiben Sie in dieser Stellung und sagen Sie mir ganz schnell, welches Tier Sie jetzt sind.“
    Das ist leicht. „Eine Schildkröte. Eine Schildkröte, die der verdammte Panzer zwickt.“
    „Sehr gut. Dann wollen wir mal sehen, wie wir diesen Panzer etwas lockern.“
    Ihre warmen Hände berühren kaum seine Schultern, scheinen die Massage eher in die Luft zu zeichnen. Sie haben das Reden eingestellt. Er hört etwas gluckern in sich, vertraut und fremd zugleich. Als ihm die erste Träne über die Wange rinnt, will er sie wegwischen.
    „Lassen Sie nur“, flüstert sie ihm ins Ohr. „Lassen Sie es einfach fließen, Anton.“
    Er lässt es fließen.
    Tränen, die auf blanke Gleise tropfen. Die den Bahndamm waschen, zu blutigen Bächen werden. Münden in einen fernen Graben.
    In einen Moorgraben, rot und schwarz.

18 N ÄCHTLICHER B ESUCH
    Sie nähert sich ihm von Norden her, in dicke Felle gehüllt. Ein Wesen aus grauer Vorzeit. In ihren Augenhöhlen sitzen glühende Kohlen, ihr Körper ist unförmig und stark behaart. Ich mag keine Frauen mit Haarbüscheln unter der Achsel, ruft er. Sie riecht stark, wie ein Stück Wildbret. Wieso verwendet sie kein Parfum?
    Sie rückt ihm auf den Leib, wächst mit jedem Schritt. Eine Riesin! Zuerst erschien sie ihm doch so klein, so schutzbedürftig. Jetzt, in Reichweite, überragt sie ihn um Ellen. Bleib stehen, will er sie anbrüllen, aber es wird nur ein spitzes, hilfloses Quieken, wie von einem Schwein, das das Blut im Schlachthof riecht. Ihr Gorillamund verzieht sich zu einem bösartigen Grinsen. Die Zähne leuchten gelb und spitz. Die tief eingekerbten Falten in ihrem schwarzen Gesicht

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