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Duenne Haut - Kriminalroman

Duenne Haut - Kriminalroman

Titel: Duenne Haut - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kabelka
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werden.“
    Er blickt sie ungläubig an. „So ein harter Befund aus einem so schönen Mund!“, sagt er. Erst, nachdem die Worte verklungen sind, bemerkt er, dass ihm da etwas passiert ist, was sonst absolut seine Sache nicht ist: ein Kompliment.
    „Vergessen Sie es einfach“, sagt sie und rückt näher an ihn heran. „Jetzt wird es mir doch ein bisschen kalt.“
    Er legt unsicher seinen Arm um ihre Schulter. Sie wehrt sich nicht dagegen, schmiegt sich an ihn. Beide schauen schweigend in den Teich mit seinen konzentrischen Kreisen, wie sie langsam in der Dämmerung verebben.
    „Wissen Sie, warum ich Katzen hasse, Tone?“
    Er schüttelt den Kopf. Ich kann dich riechen, denkt er, der Wildparkwärter riecht den Luchs.
    „Weil sie so selbstständig sind. Sie lassen sich nicht streicheln, wenn ich es möchte.“

17 R OT UND SCHWARZ
    „Schön, dass wir uns wieder mal sehen, Anton. Wie geht’s?“
    Erst das zweite Mal kommt Hagen in den Genuss einer Einzeltherapie bei Dr. Grein. Den letzten Termin hat er ja von sich aus sausen lassen, und mehr als eine Sitzung pro Woche gibt es nicht.
    Mit dem Kopf ist er noch immer auf der Parkbank am Teich. Er fühlt sich eigenartig: Zuerst sein Schwadronieren und ihre maßlose Bewunderung für ihn, den
wirklichen Helden;
dann das Wechselbad aus Kuss, Hass, Umarmung und plötzlichem Verschwinden … Ohne jede Erklärung hat sie sich von ihm losgerissen und ist zurück ins Haus gelaufen. Er wollte beim Abendessen mit Prader über das Parkerlebnis reden, hat ihn aber im Speisesaal nicht angetroffen. Auch beim Frühstück heute Morgen hat sich Prader nicht sehen lassen. Und Marie Therese ebenso wenig.
    „Es geht“, lautet seine lapidare Antwort. Und weil Dr. Grein ihn so fragend anschaut, fügt er hinzu: „Die Behandlung tut mir recht gut, doch. Vor allem das autogene Training und die Körpertherapien.“
    „Fein.“
    Die Therapeutin sitzt ihm gegenüber, mit ziemlich verzogener Schulterpartie und schiefem Kopf, was ihm beim ersten Mal gar nicht aufgefallen ist. Ob sie an einem Hexenschuss leidet?
    „Dr. Mickl hat mir gesagt, was Ihr Thema in der letztwöchigen Gruppentherapiesitzung war, Anton. Und wenn ich mir ansehe, was Sie in der Kunsttherapie gemalt haben, entdecke ich dort ähnliche Aspekte. Denken Sie, dass wir daran anknüpfen könnten?“
    Sein
gerne
klingt nicht ganz glaubwürdig.
    „Dann würde ich Sie bitten, erst einmal selbst Ihr Thema zu formulieren. Gut?“
    Wieder legt sie den Kopf schief wie ein Rabe.
    „Natürlich“, sagt er brav.
    Aber so einfach ist das dann doch nicht. Er fragt sich, was genau die Mickl der Grein von seinem Sie-konnten-zusammen-nichtkommen-Schmonzes erzählt hat, mit dem er sich aus der Affäre ziehen wollte und sich doch nur tiefer darin verstrickt hat.
    In sein
Thema …
    Er hat festgestellt, dass dieser Begriff in der Klinik gleich oft strapaziert wird, wie man in der Welt der Kriminalisten vom
Motiv
spricht. Zentral für die Lösung eines Falls. Also, Hagen, sag schon: Wie lautet dein Thema?
    Berg ohne Wiederkehr?
    Mann ohne Frau?
    Scheiße ohne Ende?
    Oder musst du noch weiter zurückgehen, in die graue Urzeit deiner Familiengeschichte? Das hören diese Psychos ohnehin so gerne: Was alles danebengegangen ist in den ersten paar Jahren. Die fünf Jahrzehnte danach – uninteressant, vernachlässigbar. Wo immer du auch scheiterst als noch so alter Narr, alles hängt und steht und fällt damit: Servus, Mama, hier Ödipus. Hundertprozentig hat auch seine folgenschwere Beziehung zu Bruderherz Hartmut solche Wurzeln gehabt.
    Aber das bringt er von sich aus sicher nicht aufs Tapet! Selbst Verbrecher nehmen sich die Freiheit, eine Tat trotz eindeutiger Beweislage nicht zu gestehen …
    Dr. Grein lässt ihm Zeit. Was auch seine Nachteile hat, wie er bemerkt. Zu viel schießt einem da durch den Kopf, das macht die Entscheidung nicht leichter. „Also gut“, sagt er endlich, „mein Thema ist, dass ich mich schuldig fühle an Lisas Tod. Nicht im rechtlichen Sinn, aber … na ja, Sie wissen schon.“
    Sie nickt. Bittet ihn zu erzählen von Lisa, vom gemeinsamen Urlaub und wie es zu dem Unglück kam. Er beginnt zäh wie eine Bergziege, aber nach einer Weile findet er in einen gewissen Rhythmus. Blüht sogar kurzfristig auf, als er auf Lisas Sieben-Achtel-Theorie zu sprechen kommt, die sie ihm während ihrer Wanderungen durch Connemara dargelegt hat:
    Unsere Welt besteht zu sieben Achteln aus Einerlei. Aus dem, was manche Beständigkeit

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