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Duerers Haende

Duerers Haende

Titel: Duerers Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kirsch
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ihre Vermutung: Der Kühlschrank war leer.
    Sie saß gerade am Küchentisch, mit einem Glas Leitungswasser, einer Scheibe Brot und einer aufgerissenen Dose Ölsardinen vor sich, als es Sturm klingelte. Sie öffnete fluchend. Kurze Zeit später stand Paul vor ihr, mit zwei flachen Pappkartons in der rechten und drei Bierflaschen in der linken Hand.
    »Heute bleibt die Küche kalt, heute essen wir was Feines aus dem Wald«, sagte er statt einer Begrüßung und überreichte ihr die Kartons. »Zwei Pizzas al funghi, eine für mich, eine für meine angebetete Paula.«
    Sie strahlte. »Oh ja, meine Lieblingspizza. Komm rein, bevor sie kalt wird.«
    Sie aßen in der Küche, direkt aus dem Karton. Paul überließ ihr sogar eine Flasche seines Franziskaner-Weißbiers. »Ungern, Paula, ungern. Und nur, weil du es bist.«
    Sie fand, es schmeckte alles einfach köstlich, vor allem die Pizza. Eine Einschätzung, die Paul nicht teilte.
    »Du brauchst doch nicht glauben, dass da irgendwas drin ist an Vitaminen, Mineralstoffen oder Ähnlichem. Das ist Chemie pur. Das ist nur ungesund. Aber zwischendurch können wir uns das schon mal leisten.«
    Nach einer Pause setzte er mit einem breiten Grinsen hinzu: »Vor allem dann, wenn Manchester gegen Bayern spielt und wir keine Zeit zum Kochen haben. Weil wir ja das Spiel im Fernsehen anschauen müssen. Gell?«
    »Auf jeden Fall. Das machen wir. Ich geh schon mal rüber. Bring halt deine Pizza mit. Und dein Bier.«
    Sie schaltete den Fernseher ein, setzte sich aufs Sofa und nahm sich vor, die Zweisamkeit und auch das Fußballspiel kommentarlos zu genießen. Als die Farbe Grün ihr Wohnzimmer beherrschte, hatte Paul Zankl mit seinem zweiten Weißbierglas endlich neben ihr Platz genommen.
    Auch dem Altbayern war das Vergnügen anzumerken, dieses Spiel der Münchner mit einem Münchner Getränk zu verfolgen, trotz fränkischer Eskorte auf dem Sofa. Für einen Oberpfälzer war er nämlich erstaunlich gesprächig und im Gegensatz zu ihr durchaus kommentarbereit. Das gefiel ihr an diesem Abend am besten – seine so fachmännischen wie gefühlsbetonten Meinungsbeiträge zu dem Spielverlauf, die, je aussichtsloser diese Begegnung für Bayern München schien, umso erregter und rätselhafter wurden.
    Das erste Tor schoss Fletcher. Ein Tatbestand, der Paul zu seiner ersten Stellungnahme inspirierte.
    »Einbrechen werden die Engländer net. Die spuiln in ihrem Stadion. Die kennen hier jeden Grashalm.«
    Dann das 2:0. Die Hoffnung blieb. »Bayern kommt scho noch, bei denen geht’s ja um was.«
    Eine Zuversicht, die sich im folgenden Spielverlauf als verfrüht herausstellen sollte. Aber einen triftigen, geradezu heimtückischen Grund hatte. »Der Rooney is verletzt, hams gsagt. Gar nix is der, pumperlgsund is der.« Danach hüllte sich der Moderator auf ihrem Sofa in Schweigen, sie spürte seine Resignation und auch den vorwurfsvollen Groll.
    Viel später, fast schon zu spät erhielt der pumperlgsunde Wayne Rooney endlich eine rote Karte und verließ das Spielfeld. Freude und Zuversicht machten sich wieder auf dem Sofa breit. Und als sie kurz vor Mitternacht den Fernseher ausschaltete, nach einem überraschenden und für jeden Bayern-Fan erfreulichen Ergebnis, hatte sie zwei entscheidende Leitsätze dazugelernt. Erstens: »Pomadig brauchst bei den Engländern riet spuiln. Weil die wie die Blöden kämpfen.« Und zweitens: »Die Hintispielerei bringt gar nix. Vieriwärts musst spuiln, dann klappt’s auch.« Maximen, die sicher nicht nur auf dem Fußballfeld erfreuliche Ergebnisse hervorbringen würden.
    Sie setzte sich noch mal neben Paul Zankl, der soeben zufrieden den letzten Schluck aus ihrem Weißbierglas nahm, und fragte ihn: »Welchen Stellenwert hat für dich eigentlich die Arbeit?«
    »Ha? Was für Arbeit denn?« Er blickte sie erstaunt an.
    »Na, Arbeit ganz allgemein. Der Beruf.«
    »Arbeit hat keinen Stellenwert«, antwortete er nach einer kurzen Pause. »Damit verdient man Geld. Und Geld braucht man, um die Miete zu zahlen.«
    »Das meine ich nicht. Das ist eh klar. Aber darüber hinaus, was bedeutet es dir, eine feste Arbeit zu haben?«
    »Viel, denn sonst könnte ich meine Miete nicht bezahlen. Und was noch schlimmer wäre, auch kein Bier.«
    Sie erkannte die Sinnlosigkeit, mit diesem pragmatischen, verstockten, für jedes feinsinnigere Thema unzugänglichen Menschen ein Gespräch führen zu wollen, und ließ es dabei bewenden. Paul mochte sich zwar auf dem heimischen Biermarkt auskennen

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