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Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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klingeln:
    D ROGENDEALER MELDEN NEUE U MSATZREKORDE!
    So ungefähr wünschte ich mir die Schlagzeile im Wirtschaftsteil der Gosse .
    Wie auf Seife ruckelte ich dann hinüber in Richtung Guttmanns Büro, das Morgenradio spielte Adriano Celentano, er sang irgendwas von „Glück“, aber er hörte sich dabei gar nicht glücklich an. Ich tippte mit der Hand im Rhythmus und klopfte mit dem Fuß den Takt, ab und an schrie ich mit ihm: „Dove saraaaaaaaahaaaa?“
    Das Lied machte mich traurig und glücklich zugleich, das kommt vor bei diesen Italienern.
    Guttmann stand in seiner Altherrenjacke schon vor der Tür und trippelte zu meinem Auto, irgendwas an ihm war anders, aber ich wusste zunächst nicht was.
    Ich fragte: „Wo soll’s denn hingehen?“
    „Die Triester Straße raus.“
    „Nach Süden? Aber du bist doch für West zuständig!“
    „Für Südwest seit Neuestem.“
    Die Arbeit wurde ja nicht weniger, nur die Leute, die sie verrichten mussten, sollten irgendwie immer weniger werden. Dafür wurden die, die nichts zu arbeiten hatten, immer mehr. Warum das so war? Weil jemand es so wollte!
    Guttmann setzte sich mit Bravour auf den Beifahrersitz und knallte die Tür zu. Sofort beschlugen die Fenster, weil er so schwer atmete und auch im Winter immer furchtbar schwitzte, das alles war nur deswegen nicht ganz ekelhaft, weil er mein Freund war. Trotzdem war er es, der sagte: „Hier stinkt’s.“
    Ich sagte: „Ja, ich bräuchte dann wieder mal einen neuen Wagen.“
    Den hier hatte ich nämlich von ihm bekommen, aber er sagte: „Du brauchst dringend einen neuen Darm, wenn du mich fragst, das hält ja keiner aus!“
    Ich hatte ja gestern tatsächlich noch diese kleine Panne gehabt, nachdem ich aus dem Cottage-Viertel weggefahren war, und es wollte dann irgendwie gar nicht mehr aufhören. Noch bevor ich zu Mannis Tanke lenken und mich aufs Klo retten konnte, zog das erste Gewitter heran, das ich nicht halten konnte, und dann noch eins, und dann noch einige mehr. Gott sie Dank hatte ich den Mantel angehabt, auf dem Grau der Jogginghose hätte man das Braun sonst zu gut gesehen, als ich endlich ausstieg. Und als dann alles in der Wäsche war, ging es zuhause noch einmal richtig los, und es hörte die ganze Nacht über nicht mehr auf, deswegen der enorme Wasserverlust.
    Folglich war ich jetzt zu geschwächt, um mich da irgendwie rauszureden, also kippte ich schnell noch einen aus dem Flachmann, um den Wasserhaushalt auszugleichen, und sagte zu Guttmann: „Ein Virus.“
    Er sagte: „Steck mich an!“
    Eine ordentliche Scheißerei würde für ihn wertvolle Krankenstandstage bedeuten und natürlich die Aussicht auf ein paar Kilo weniger. Er war nämlich wieder die eine oder andere schwere Magen-Darm-Grippe vom Idealgewicht entfernt, und als ich wegfahren wollte, konnte ich nicht, denn der Datsun saß auf seiner Seite auf. Ich schaute ihn leicht vorwurfsvoll an, und er fragte ein wenig unsicher: „Was?“
    Nun war ich von Ku leicht infiziert und wollte neuerdings mehr über die Leute wissen, mit denen ich es zu tun hatte, und darüber, warum ihr Leben so war, wie es war – nämlich elend. Ku hatte mir die Seele als weites Land nahegebracht, und irgendwie war ich angefixt von der Frage: „Wie lange bist du denn eigentlich gestillt worden, hm?“
    Und das fragte ich ausgerechnet einen Mann, dessen Lieblingsfilme in Dirty Willi’s Swedish Pornhouse Nippelodeon und Juggs for Fun hießen.
    Nachdem er beleidigt ausgestiegen war, konnte ich den Wagen endlich aus der Parklücke fahren. Dann stieg er wieder ein, und der Datsun kippte fast zur Seite, Guttmann saß fast einen Meter tiefer als ich. Ich überlegte: Wenn ich ihm fünf Fläschchen von diesen SuperSlimShots schenkte, dann wäre er am Ende des Heiligen Abends ein halbes Kilo leichter, jedenfalls laut Broschüre. Um aber wieder ein halbwegs normaler Mensch zu werden, würde ich ihm 500 Fläschchen schenken müssen. Gutti war schwer zu beschenken, denn was er wollte, das konnte ihm keiner schenken – Glück, Zufriedenheit, und eine Frau, die ihn liebte.
    Da fiel mir ein: „Wie läuft’s denn mit Jolanda?“
    Er ließ sich ja nicht mehr dabei zusehen, wie er bei Jolanda versuchte, den Eispanzer zum Schmelzen zu bringen und die Schichten Bitterkeit abzutragen, die sich im Laufe ihres Lebens auf ihre Seele gelegt hatten: eine Vergangenheit, die sie manches hatte sehen lassen, was sie gerne nie gesehen hätte – fette und schwitzende Männer, die dort unten marodierten

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