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Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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von sich gestreckt, das Gesicht zur Seite. Ich kriegte langsam ein bisschen Angst, dass mich das Fett-Thema nicht mehr loslassen würde – der fette Guttmann, der fette Ronnie, jetzt dieses fette Mädchen, der zu dünne Lemmy, die magersüchtige Maxi. Und überall Werbung, wie man die Pfunde wieder verlieren könnte. Nur dass sie letztlich keiner mehr verlor.
    Guttmann stand nun über das Mädchen gebeugt, ihr Oberkörper war halb nackt, sie trug nur einen BH, eine enge Wollleggings und einen Jeansrock darüber, dazu Stiefel. Ihr übriges Gewand lag neben ihr, und halb auf ihr drauf lag ein grauer Racer-Blouson mit einem gelben Drachen hinten drauf.
    Sie war eindeutig nicht magersüchtig und hatte auch sonst keine Ähnlichkeit mit Ronnies Nichte, auch hatte sie keine Tätowierung am Unterarm. Wir drehten sie auf den Rücken, auf ihrem Dekolleté stand in Großbuchstaben hingemalt UGC.
    Ich fragte: „Ist das ihr Name?“
    Die Biene zuckte die Schultern und sagte: „Ich denke mal eher, nein. Eine Botschaft vielleicht? Oder ein Art Stempel? Ein Gütesiegel?
    Die Biene klang verächtlich. Das lag an uns Männern, und an dem, wozu wir fähig waren, sie sagte: „Ich schätze mal, diese Jungs brachten sie mit einem Wagen hierher und fuhren dann einfach ohne sie wieder weg.“
    Guttmann fragte: „Wie kommst du denn überhaupt drauf, dass es Jungs waren?“
    Die Biene zeigte auf die Jacke, die auf dem Mädchen lag.
    „Das hier ist wohl eine Männerjacke, Größe 50. Allerdings korrespondiert sie nicht mit dem Akt von Grausamkeit und Herzlosigkeit, den wir hier insgesamt vorfinden.“
    Der Trend bei den jungen Wilden rund um die Lugner-City ging ja zu diesen kurzen, schwarz glänzenden Steppjacken, die sie zu ihren engen Jeans und weißen Turnschuhen trugen, dazu ihre im Sonnenstudio gebräunten Gesichter und die auf Zackzack geschnittenen Frisuren an ihren dummen Schädeln, mit denen sie dann erst recht wie richtige Idioten aussahen. So eine schwarze gesteppte Jacke hätte wenigstens ein bisschen gewärmt. Diese Jacke hier aber war nur ein dünner Blouson. Trotzdem sagte Guttmann: „Ich finde, es könnte auch ein Zeichen von Anteilnahme sein, dass die Jacke auf ihr liegt.“
    Wer nun glaubte, die Biene hielte sich die ganze Zeit nur an den Schnaps, den sie unten in der Asservatenkammer mitverwaltete, der täuschte sich gewaltig. Sie war ein helles Köpfchen, das sich auch so manche Gedanken über Jacken machte: „Schwer zu sagen, was ihr Männer euch denkt, nachdem ihr Frauen vergewaltigt und weggeworfen habt, aber die Jacke ist nicht sehr dick, also war die Anteilnahme nicht sehr groß.“
    Sie hatte nun schon wieder „weggeworfen“ gesagt, und diesmal hatte es noch verächtlicher geklungen.
    Mittlerweile war mir ein wenig kalt an den Pfötchen geworden, also nahm ich die Biene zur Seite, öffnete ihren Mantel, schob ihr den Pullover hinauf und verstaute meine Hände auf dem Gold ihrer Hüften. Kurz war ihr, als müsste sie sterben, aber dann entspannte sie sich doch noch ein wenig und sagte: „Halt mich bitte ganz fest.“
    Das tat ich dann auch.
    Sie weinte eine Runde, und dann sagte sie: „Ihr Männer seid solche Schweine.“
    Das war jetzt aber etwas zu allgemein, wie ich fand, denn ich war doch ein wirklich netter Typ.
    ***
    Ich ging dann mit Guttmann etwas abseits, wir stellten uns in den Schnee und packten beide aus, normalerweise machte das in der Kälte noch mehr Spaß, wenn es schön dampfte und man mit seinem Strahl Männchen in den Schnee zeichnen konnte. Aber es ging bei uns beiden nichts, weil uns die Biene zuschaute und es so verdammt kalt war, also erzählte ich Guttmann von Rockin’ Ronnies Texas Tabledance und dass er darin seine einsamen Abende verbringen könnte, bis die Wunde an seiner Nase verheilt war und die noch größeren an seiner Seele: „Schau dir den Laden mal an! Du musst ja keine anfassen, wenn du nicht willst.“
    Es ging dann noch immer nichts, also erzählte ich ihm von Rockin’ Ronnie und seiner bitteren Familiengeschichte, und von seiner Nichte, die verschwunden war. Ich sagte: „Sie heißt Maxi von Hagen, und Dr. Nyilasi heißt ihr Vater, der aber auch nicht mehr nach Hause kommt, seitdem er sich in Richtung Ungarn zum Zahnarzt aufgemacht hat. Versuch doch bitte mal herauszufinden, wo der ist, ob noch in Ungarn beim Zahnarzt, oder ob er irgendwo beim Salamikauf hängen geblieben ist.“
    Es ging dann noch immer nichts, also fragte Guttmann: „Was ist mit ihrer

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