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Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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beinahe erstickte. Ich schleppte sie in eine Ecke der Küche, legte sie dort ab und verabschiedete mich.
    Als diese Olga bei der Tür herinnen war, schlich ich mich hinaus.
    Draußen schwang ich mich eine Balustrade hinauf und schaute durch das Fenster noch einmal hinein in die Küche. Dort sah ich, dass Berthas Plan nicht aufgehen würde. Das Mädchen latschte zwar zum Kühlschrank und holte sich einen Saft, aber es hatte diese Kopfhörer am Ohr, sodass sie sowieso nichts hörte, und Bertha hatte nun einen ordentlichen Knebel im Mund, sodass sie nicht schreien konnte. Die kleine Leckere ging also einfach wieder und verschwand irgendwo im Haus, während Bertha hilflos dalag und mich mit großen ängstlichen Augen anstarrte.
    Aber das war jetzt irgendwie nicht mehr mein Problem, ich hatte ein anderes.
    Kaum saß ich nämlich wieder im Auto, hatte ich dieses ungute Gefühl in der Magen-Darm-Gegend, das man nach Jungweinverkostungen kennt, und was dann passierte, das kann ich wirklich nur schwer beschreiben: Es war wie diese Wolkenbrüche in der Karibik, die immer wie aus dem Nichts auftauchten und dann wieder verschwinden, aber nicht, ohne vorher ordentlichen Schaden angerichtet zu haben. Ein paar solcher Stürme, und ich konnte mich als nasses Handtuch am Klo aufhängen, es war die Hölle.
    ***
    Ich brauchte zu Weihnachten keinen Baum, um in feierliche Stimmung zu kommen, mir genügte eine Bar, in der ich absacken konnte. Das war während der letzten Jahre das Pink Flamingo gewesen, wo Happiness am 24. meistens noch Tagesschicht machte und mich zu Mittag empfing. Ich rutschte immer noch für eine kurze Weihnachtsnummer über sie drüber, dann setzten wir uns draußen an die Bar und stießen kurz miteinander an, bevor sie wieder arbeiten musste und ich hinüber zu Jolanda ins Hard & Heavy weiterzog, wo ich nachmittags die Kumpels traf, bevor es dann später mit Assholy Nights bei Dirty Willi weiterging.
    Aber Happiness war heuer nicht da, sie saß drüben in Bratislava im Gefängnis. Das Pink Flamingo hatte nämlich im Herbst wegen Schabenbefalls schließen müssen und Happiness hatte ihren Job verloren. Ich hatte ihr angeboten: „Liebling, wir schaffen das, zieh doch erst mal zu mir, ich krieg uns schon durch.“
    Sie zweifelte entweder daran, dass ich uns durchkriegen würde, oder sie fand das Angebot ihres nigerianischen Brothas Lovegod, der nicht ihr Bruder war, sondern ihr Brotha, zur Überbrückung der vorübergehenden Einkommenskrise so sensationell gut, dass sie gleich für ihn nach Lagos flog und sich dort ein paar Kilogramm Heroin in den Arsch stecken ließ, mit denen sie dann wieder zurück nach Bratislava flog, wo der seine Basis für den mitteleuropäischen Heroinhandel aufgeschlagen hatte. Das Drogengeschäft in Europa florierte, was auch mit dem nahenden Tannenfest und dem nahenden Zusammenbruch von praktisch allem zu tun haben mochte, denn selten waren die Gemüter der Menschenkinder so aufgewühlt wie vor dem Weihnachtsfest, selten hatten sie so eine Sehnsucht nach Liebe und Gefühlen, die aber wegen dem Internet immer seltener befriedigt wurde, sodass dann nur noch Lovegods Heroin oder Speed oder Lemmys Downers halfen. Leider war dann für Happiness schon beim Zoll Endstation, sie sah wohl einfach zu gut aus, als dass man sie einreisen lassen wollte, ohne ihr vorher in den süßen Arsch hineinzuschauen. Als kleine zusätzliche Strafe hatten die Fahnder sie dann noch über den Tisch geworfen und sie einer nach dem anderen vergewaltigt, aber gut, das war sie mittlerweile bei den Einreiseformalitäten nach Euroland gewöhnt. Fast bereute ich jetzt, dass ich ihr nicht „Falls wir uns nicht mehr sehen – Frohe Weihnachten!“ gesagt hatte, als ich sie vor einem Monat am Flughafen verabschiedet hatte.
    Wie ein verdammter Teenager kroch ich jetzt ungeduscht unter die schwere Decke hinein und dachte an diesen süßen Arsch, der mir schon so viel Freude bereitet hatte, mehr als jedes Christkind. Dabei versuchte ich mir einen runterzuholen, aber es ging irgendwie nicht. Letztlich war ich schon froh, dass ich dabei nicht kollabierte.
    Ich wachte am nächsten Morgen auf, und das war ein kleines Wunder, denn die Decke war an meinem Kinn festgefroren, die Ohren waren steif, und meine Haare waren … kalt.
    Wie ein verdammter Spekulant ließ Lemmy das Haus verfallen, wegen der durchwachsenen Mischung seiner Mieter klagte er über zu wenig Einnahmen, um in allen Wohnungen eine Heizung installieren zu lassen.

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