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Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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nicht. Er hätte mich lieber auf einer seiner Stahlwannen gesehen, ich ihn auch. Wir standen uns eine Zeit lang gegenüber wie Warschauer Pakt und NATO in den frühen 80er-Jahren, endlich ließ er doch noch anklingen, dass er gerade sehr viel zu tun hätte, es aber eventuell schneller gehen könnte, wenn ich mich auf eine gewisse Weise erkenntlich zeigen würde.
    Da fühlte ich mich endlich wie zuhause in der eigenen Bananenrepublik!
    Gerne hätte ich mich mit einem rechten Schwinger erkenntlich gezeigt, aber hier im ehemals kommunistischen Ausland wäre ich dafür wahrscheinlich schneller im Gulag gelandet, als mir lieb war. Also zog ich meine paar verrunzelten letzten Scheine aus der Tasche heraus und fragte, ob es das wäre, was ihm gefiel? Zwar gefielen dem Feind die Scheine, aber nicht ihre Größe, Farbe und Menge. Ich kramte weiter, fand aber nichts mehr, denn ich war pleite und stand vor ihm wie ein Grieche, der ihm vielleicht noch einen Sirtaki vortanzen könnte, sonst aber nichts mehr zu bieten hatte. Diese verdammten ehemaligen Kommunisten würden bald auf uns ehemals reiche Wessis herabschauen, wenn das so weiterging, als hätten wir es zu rein gar nichts gebracht. Nicht einmal mein Pelzmantel konnte ihn beeindrucken, denn er hatte gewiss einen schöneren zuhause hängen, genäht aus ganz vielen sibirischen Tigern, ich fragte: „Meine Fellmütze vielleicht?“
    „Njet!“
    Ich stellte mich auf langwierige Verhandlungen ein und dachte an Jack schleckt im Leichenschauhaus, seinen letzten Film, in dem er seine vom Krebs bereits angeknabberte Zunge in einer Art krankem Zombiefilm in einem Leichenschauhaus unter die Leichenteile bringt. Der Film erschien kurz nach seinem tragischen Tod nur noch auf DVD, und er wäre wohl besser nicht erschienen, denn er war übelst, und nur seine eingefleischtesten Fans handelten die DVD im Internet zu Höchstpreisen. Ich bot dem Jiři jetzt meine an, weil ihn das vielleicht beruflich interessieren könnte, wie ich mir dachte, aber Zombiefilme interessierten ihn weder beruflich noch privat.
    Endlich kam mir die Idee: „Was rauchen?“
    Der Kerl war dann nach dem Joint so tiefenentspannt wie der Papst nach der Mette, wenn alles gutgegangen ist. Er gab mir sogar einen Satz Gummihandschuhe, ich bedankte mich dafür, obwohl mir Wollfäustlinge lieber gewesen wären. Dann latschte ich hinter ihm her durch eine kühle Halle, dorthin, wo bei denen die Leichen lagen – in einer Art großer Wanne mit Eiswürfeln drinnen, die man bei uns für den Fisch verwendete.
    Er sagte: „Alle gefischt aus Donau.“
    Endlich brachte er mich zu der, die er loswerden wollte und von der er behauptete, sie käme von uns.
    Nun war es so: Leichen sind nie schön, also räumt man sie normalerweise schnell weg, vergräbt sie, verbrennt sie, oder vergisst sie irgendwo in der Sonne, damit sie schnell von den Vögeln gefressen werden. Staaten und Institutionen wollen erst recht keine Leichen, denn sie bedeuten immer Arbeit und Geld, das keiner hat. Das ist ja das Traurige am Tod: Dass er mittlerweile so viel kostet! Nur diese verdammten Mexikaner spielen fröhliche Volksmusik, wenn irgendwo jemand begraben wird, und dem Inder ist sowieso alles egal, nach einem Leben als Inder hat man keine Erwartungen mehr, nicht einmal an den Tod.
    Wasserleichen aber sind ein Kapitel für sich.
    Ich ging jetzt an ein paar Prachtexemplaren vorbei, Schussverletzungen, abgerissene Arme, aufgeschlitzte Bäuche, und dann hinein ins Wasser, es war alles da. Sie lagen nebeneinander wie in einem großen Schlafsaal, als hätten sie nicht genug Geld für ein Einzelzimmer gehabt, irgendwie war das alles ein bisschen würdelos. Nicht einmal ein Faden mit Namenskärtchen am großen Zeh fand sich an ihnen.
    Der Kerl nahm jetzt das Tuch von der einen, die er mir umhängen wollte, und sie war irgendwie ganz gut erhalten.
    Leider!
    Sofort erkannte ich den Familienstammbaum, und eine schöne Schicht Gänsehaut legte sich auf meinen Rücken. Maxi steckte in schwarzer Lederhose und -jacke, die Haare waren schwarz gefärbt, wie von Ronnie beschrieben, aber jetzt, vom Wasser aufgeschwemmt, war da keine Spur mehr von Magersucht. Sie sah vielmehr überhaupt aus wie Rockin’ Ronnie selbst, wie ich fand, und zwar nicht nur vom Typ her, sondern genau eins zu eins! Und damit hatte die Kleine gewiss nicht den Joker fürs Leben gezogen, sondern die Arschkarte. Aber wenigstens wusste ich jetzt ungefähr, warum die Eltern mit ihr so unzufrieden

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