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Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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waren, denn mit diesem Gesicht war es wirklich schwer, gemocht zu werden.
    Jiři schob dann den Ärmel an ihrem linken Arm noch ein Stück hinauf, und dort sah ich die Tätowierung, die Ronnie mir beschrieben hatte. Jiři lachte verächtlich und fragte: „Wie kann junge Mädchen machen Tätowierung, was sieht aus so Scheiße wie diese hier, ha?“
    Ich sagte: „Schon mal was von Rebellion gehört?“
    Aber nach 50 Jahren Kommunismus war ihm das natürlich ein Fremdwort.
    Ich hatte ja so eine leichte Tendenz, mich vor Arbeit zu drücken, und lieber machte ich die Augen zu, als dass ich ganz genau hinschaute. Okay, sie war es, und ich würde Kubelka darüber berichten, und der würde es Ronnie sagen, und Schluss. „Beim Eislaufen ausgerutscht und in der Donau ertrunken“, so würde ich ihnen die Sache verkaufen. Aber ich wollte ihm die Leiche nicht abnehmen und sagte: „Nicht meine, sorry.“
    Ich schob das Laken wieder drüber und wollte gehen, ohne mich zu verabschieden. So wie ich schon oft in einer frühen Morgenstunde die Decke auf eine Lady draufgelegt hatte und gegangen war, ohne mich zu verabschieden. Aber da packte mich der Kerl am Handgelenk und sagte: „Ihre Hose ist geschissen voll.“
    Ah ja, das hätte ich fast vergessen. Gut, dass er mich daran erinnerte! Trotzdem sagte ich: „Auf Wiedersehen.“
    Er zerrte mich zurück und zeigte jetzt auf das linke Handgelenk der Leiche, ich fragte: „Was ist?“
    Kein halbwegs niveauvoller Freitagskrimi kam heute mehr ohne wund gescheuerte Handgelenke aus, darum wollte ich es zunächst nicht recht glauben. Aber es war ihm bitterernst damit, dass sie gefesselt worden war, bevor sie starb, und ich musste sofort an den Keller denken, in dem diese Mädchen dann immer jahrelang versteckt und eingesperrt waren. Das Land hat ja eine gewisse eigentümliche Tradition, was Keller anbelangt.
    Damit war aber leider auch klar, dass sie nicht gestolpert und ins Wasser gefallen war, und nun hatte ich den Salat. Jiři merkte meine Enttäuschung und brummte: „Na? Ist Leiche von Österreich von dir oder was?“
    Ich war bisher absichtlich ruhig und gelassen geblieben, schon gar nicht hatte ich Freude darüber gezeigt, dass ich das Mädchen gefunden hatte. Ich schaute ihn also nur an und wog unentschlossen den Kopf. Er kapierte zunächst nicht, was genau mich so kopfschüttelnd machte, er war oder gab sich begriffsstutzig. Erst als ich meine leeren Hosentaschen herauszog, klingelte es bei ihm. Letztlich lief es darauf hinaus, dass er mein Geld gegen seine Leiche tauschte. Das waren nun mal die Gesetze des freien Marktes, an die er Arschloch sich erst noch gewöhnen musste.
    Dann sagte ich: „Einpacken!“
    ***
    Ich fragte die Lady, die mir im Gang des Leichenschauhauses mit Putzkübelchen begegnete, ob sie vielleicht eine Ahnung hätte, wo der Frauenknast war. Sie sah nämlich irgendwie so aus, als wäre sie selbst schon mal drinnen gewesen, tätowiert und muskelbepackt, und wie immer täuschte mich meine Ahnung nicht. Wenn man mal länger im Frauenknast war, dann kriegt man später nur noch Jobs als Putzfrau im Leichenschauhaus, das ist nun mal so, und damit ist man sogar noch unter den Leichenwäschern angesiedelt. Happiness musste also dringend raus aus dem Knast, sonst blieb ihr nur noch ein Putzjob!
    Ich bedankte mich artig bei der Dame, nachdem sie mich informiert hatte, dass der niedliche Plattenbau mit vergitterten Fenstern etwas außerhalb der Stadt am Wasser liegt, gute Aussicht, gute Luft, alles gut.
    Nur leider die schwedischen Gardinen, die die gute Luft teilten.
    Im Auto rief ich dann Kubelka an und teilte ihm mit: „Gefunden!“ Und dass er heute Abend zu Lemmy kommen sollte, dort würde ich ihm mehr erzählen. Da sagte Ku: „Jetzt, wo du ‚erzählen‘ sagst: Hab ich dir eigentlich schon erzählt, wie das Mädchen gezeugt wurde?“
    „Du hast was von Samenspende gesagt.“
    „Heute Abend erzähl ich’s dir im Detail. Jetzt muss ich wohl Ronnie die schlechte Nachricht überbringen, und zwar schonend. Da fällt mir ein Witz ein, hast du noch kurz Zeit?“
    „Kurz.“
    „Also, Bauarbeiter Berger fällt vom Gerüst und ist sofort tot, die Kollegen beraten sich, wer es am besten seiner hinterbliebenen Frau mitteilen könnte, kennst du den?“
    „Noch nicht.“
    „Die Wahl fällt schließlich auf Bauarbeiter Huber, weil er von allen auf der Baustelle der einfühlsamste ist, nicht, dass er schwul wäre, aber halt einfühlsam.“
    „Aber nicht schwul? Nur

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