Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch
nächsten Morgen fanden sich zur Dienstbesprechung im Kommissariat 1 auch zwei Kollegen der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift, kurz GER genannt, ein. Der Drogenfund in dem Backhaus war das Top-Thema.
»Wenn man nicht weiß, wo man suchen muss, ist das Gebäude kaum zu finden«, berichtete ein kleiner, drahtiger Kollege von der GER . »Kein Wunder, dass es während unserer ersten Ermittlungen übersehen wurde. Das Häuschen befindet sich nicht auf dem Grundstück der Falkes, sondern ein ganzes Stück weiter weg, auf dem Gelände des Nachbarhofs.«
»Wir haben mit dem Besitzer des Hofs gesprochen«, ergänzte sein Kollege. »Jörg Seesen hat ausgesagt, dass das Backhaus schon seit Ewigkeiten nicht mehr genutzt wird. Es ist baufällig. Deshalb hat er auch ein Warnschild aufgestellt und lässt alles zuwuchern.«
»Und wenn er trotzdem wusste, was in seinem Backhaus deponiert war?« Broders sah in die Runde.
»Unwahrscheinlich. Der Drogenfund ist eindeutig unserem Lübecker Diskotheken-Fall zuzuordnen«, schaltete sich der GER -Mann sofort wieder ein. »Dieselbe Herkunft – dieselbe Ware. André Falke muss das Rauschgift in dem Backhaus versteckt haben, und zwar kurz bevor er festgenommen worden ist.«
»Wie kommt es, dass er solche Mengen an Drogen besaß?«, fragte Gerlach.
»André Falke war kein kleiner Dealer. Wir betrachteten ihn innerhalb der Tätergruppe als eine Art Zwischenhändler.«
»Die Frage ist doch, ob sein Tod mit seiner Verwicklung in die Drogengeschäfte zusammenhängt oder nicht«, sagte Gabler.
»Grob geschätzt, zu fünfundneunzig Prozent ja«, mutmaßte der andere Kollege von der GER .
Gabler sah nicht überzeugt aus, nickte dem Mann aber zu fortzufahren.
»Wir wissen, dass bei Zahlungsverzögerungen oder der Nichtabnahme von Mindestmengen den Kleindealern dieser Gruppe körperliche Repressalien und Sachbeschädigungen angedroht worden sind. In ein paar Fällen blieb es nicht nur bei Drohungen. Da André Falke größere Mengen an Drogen bei sich deponiert hatte, sie aber nicht weiter in Umlauf brachte, ist er vertragsbrüchig geworden. Dadurch schuldete er den Organisatoren eine Menge Geld. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass der Mord an Falke mit unserem Drogenfund zusammenhängt.«
»Aber die Haupttäter befinden sich alle noch in Haft«, wandte Broders ein.
»Ein Mord lässt sich auch aus dem Gefängnis heraus organisieren«, antwortete der Drahtige.
Pia musste an die »Diebe im Gesetz« denken. Und an Vadim Droski. Wo war Lessing überhaupt? Er saß mit stoischer Miene in einer hinteren Ecke des Raumes. »Derjenige, der André Falke ermordet hat, hat höchstwahrscheinlich auch seine Mutter getötet. Wie passt das ins Bild?«, fragte sie.
Der GER -Mann streckte sich auf seinem Stuhl. »Vermutlich konnte oder wollte sie ihrem Mörder nicht sagen, wo ihr Sohn das Rauschgift deponiert hatte. Außer Falke selbst wusste das anscheinend keiner. Und der hatte es wie bei Hänsel und Gretel in einem riesigen Backofen versteckt.« Er grinste andeutungsweise.
Pia zog fragend die Augenbrauen hoch.
Der GER -Mann, der neben Gabler saß, klopfte mit seinem Stift auf die Unterlagen. »Hinter der Organisation steckten fünf Haupttäter. Die Tätergruppe war straff organisiert. Sie haben sich einmal in der Woche in Lokalitäten in der Lübecker Altstadt getroffen, um ihre Geschäfte zu besprechen. Es gab eine Art Kassenwart, der einen Mitgliedsbeitrag einsammelte, um die Logistikkosten der Gruppe damit zu bestreiten. Die fünf Männer hatten jeweils ihre Kontakte, über die sie die Ware beschafft haben. Die wurde dann einer begrenzten Zahl von Zwischenhändlern auf Kommissionsbasis zur Verfügung gestellt. Und die haben die Drogen an die Kleindealer weiterverkauft. Falke war, wie schon gesagt, so ein Zwischenhändler. Als er aus dem Bau kam, hatte er offensichtlich noch eine Ladung unbezahlter Ware in seinem Besitz.«
»Er muss doch gewusst haben, dass er sich in Lebensgefahr befindet, wenn er seine Schulden nicht bezahlt. Ich gehe davon aus, dass ihm eine Frist gesetzt worden ist.« Gerlach klang ungläubig.
»Als André Falke seine Haftstrafe verbüßt hatte und wieder auf freiem Fuß war, war es bestimmt schwierig bis unmöglich für ihn, seine früheren Geschäftskontakte wieder aufzunehmen. Die meisten, mit denen er zu tun hatte, sind ebenfalls verurteilt worden. Vielleicht wollte er auch gar nichts mehr mit Drogendelikten zu tun haben.«
»Wenn er die Drogen gerade nicht
Weitere Kostenlose Bücher