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Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Titel: Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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durchdringend.
    »Mir die Nase pudern.« Tizia lächelte ironisch. Dann fragte sie sich, ob er die blöde deutsche Umschreibung für »aufs Klo gehen« überhaupt verstand. Sie deutete mit dem Kopf in Richtung der Toiletten.
    »Ach so. Der Ort, wo Frauen immer zu zweit hingehen«, sagte er und sah Nadja auffordernd an. Einen Moment lang rührte sie sich nicht, sondern starrte nur zurück. Lange hielt sie Vadims Blick jedoch nicht stand.
    »Schon gut. Ich komme mit dir, Tizia«, sagte die Russin und stand auf.
    Lessing sah zu den Türmen der Marienkirche hinauf. Er wirkte bei ihrer spontanen Stadtführung »Lübeck bei Mondschein« so konzentriert wie vormittags um elf. Die Glocke im Turm schlug: Es war halb eins.
    Er hatte Pia eben vor dem Restaurant vorgeschlagen, sie ein Stück zu begleiten. Sie waren beide zu Fuß unterwegs; sie zu sich nach Hause, er zu seinem Hotel. Es wäre albern gewesen, das abzulehnen. Pia hatte sich einen Spaß daraus gemacht, ihm das Buddenbrookhaus in der Mengstraße, das historische Rathaus und nun die Marienkirche zu zeigen. Er war schon seit Tagen in Lübeck und schien noch rein gar nichts von der Stadt gesehen zu haben. Den Koberg mit dem Heiligen-Geist-Hospital, der Schiffergesellschaft und dem asiatischen Restaurant daneben hatte sie bei ihrer Führung ausgelassen. Zu tief saß die Demütigung – die Erinnerung an ihr letztes Treffen mit Hinnerk.
    »Komm, lass uns weitergehen!«, sagte sie, nachdem sie ihm die Geschichte des Teufels aus Bronze erzählt hatte. Die Maus in der Kirche konnten sie um diese Uhrzeit nicht mehr suchen.
    »Ist dir kalt?«
    Sie nickte. »Ich hab meine Jacke vorhin im Auto liegen gelassen.«
    »Wo steht dein Auto? Wir können sie noch holen«, schlug er vor.
    »Das lohnt sich nicht«, sagte Pia. »Ich habe es nicht mehr weit.« Ihre Schritte auf den ungewohnt hohen Schuhen hallten laut von den steinernen Fassaden wider. Sie gingen die stille Fischstraße hinunter. Nachts strahlte Lübeck einen eigenartigen Zauber aus. Pia fragte sich, ob Lessing etwas davon mitbekam. Sie war sich seiner Gegenwart die ganze Zeit über deutlich bewusst. Nebeneinander überquerten sie die Straße »An der Untertrave« und gingen ein Stück am Ufer entlang. Die Lichter des gegenüberliegenden Hotels spiegelten sich im dunklen Wasser. Als rechts das Holstentor auftauchte, blieb Pia stehen. »Wir sind am Stadttor angelangt«, sagte sie.
    »Ist die Führung hier etwa zu Ende?«, fragte er.
    »Sieht so aus.«
    »Und ich dachte, das da ist nur eine steingewordene Erinnerung an den alten Fünfzigmarkschein«, neckte er sie.
    »Du solltest noch mal genauer hinsehen. Es nennt sich Holstentor und ist das Wahrzeichen von Lübeck. Es hat auch eine Inschrift: Concordia domi foris pax .«
    »Wie bitte?«
    »Ich kann zwar kein Latein, aber es heißt in etwa: Drinnen Eintracht, draußen Frieden. «
    »Aha.« Er konnte auf eine Art und Weise lächeln, dass man ihm spontan alles verzieh. Sogar eine missratene erste Begegnung. Und eine seltsame zweite. Sie dachte daran, wie er vor Monas Kate auf dem Feldstein gesessen hatte. Verdammt! Was wollte sie? Die Nacht mit ihm verbringen? War sie bereit, den Preis dafür zu zahlen? Vielleicht. Irgendwann einmal. Später?
    »Ich würde dich gern nach Hause begleiten. Natürlich nur, weil es sich so gehört.« Er sah sie erwartungsvoll an. »Nicht, dass ich denken würde, du könntest nicht ganz gut auf dich allein aufpassen.«
    »Das hast du ja gerade noch mal so hingebogen.« Pia versuchte, in seinem Gesicht zu lesen. Hinnerk konnte man die meisten seiner Gefühle und Gedanken an den Augen ansehen. Und Marten? Mit ihm hatte sie so lange und intensiv zusammengearbeitet, dass sie auch ihn die meiste Zeit recht gut einschätzen konnte. Lessing hingegen war nicht greifbar. Dass er attraktiv war, stand außer Frage. Sie mochte seine Stimme und die Art, wie er unbeirrbar diesem Vadim Droski hinterherjagte. Die absolute Hingabe an seinen Beruf. Und sie mochte Männer – ganz grundsätzlich. Das hatte sie schon manches Mal in Schwierigkeiten gebracht. Lass es sein!, sagte sie sich. Denk daran, wo er herkommt! Er arbeitet für das BKA . Da sollten doch eigentlich alle Warnlichter in deinem Kopf blinken.
    »In ein paar Tagen bin ich wieder weg.« Lessing rührte sich nicht, sah sie nur abwartend an. Ihr Herz fing an zu klopfen.
    »Okay«, sagte sie. »Ich kann deine Unwissenheit nicht verantworten. Wir setzen die Stadtführung in diese Richtung fort.« Sie

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