Duestere Vorzeichen
Es hatte der Besatzung unter Umständen lediglich Zeit verschafft. Vielleicht nicht einmal das. Die Station war trotzdem eingenommen worden. Wer immer hier gewütet hatte, der hatte dieses Schott irgendwie überwunden.
»Aufbrechen!«, befahl sie.
Einer der Marines trat vor und brachte mehrere Sprengladungen an der Tür an. Die Kompanie zog sich wieder etwas in den Gang zurück, während der Mann seine Arbeit verrichtete.
Die Ladungen waren so ausgelegt, dass sie ihre zerstörerische Wirkung nur in eine Richtung entfalteten. Daher waren die Marines relativ sicher. Aber relativ war zu wenig, wenn es um den Umgang mit Sprengstoff ging.
Der Soldat beendete seine Arbeit und stieß wieder zu ihnen. Einen kleinen Auslöser in der Hand.
»Alle Mann in Deckung!«, schrie er und drückte auf den Knopf. Ein ohrenbetäubender Knall zerriss die Stille. Die Richtladungen zerschmetterten die beiden Flügel des Druckschotts und verteilten die Überreste wie Konfetti im Gang dahinter. Rauch füllte den Korridor und vernebelte die Sicht.
Minoki wartete, bis sich der Qualm etwas gelegt hatte. Einige aus ihrer Kompanie husteten. Ihr selbst brannte der Qualm in den Augen. Sie wünschte sich, sie hätte wenigstens einen oder zwei der Marines in den Null-G-Kampfanzügen mitgenommen.
Im abgeschotteten Lebenserhaltungssystem der Anzüge konnten keine Fremdstoffe eindringen und die Soldaten im Inneren waren vor derlei Auswirkungen geschützt. Außerdem hatten die Anzüge die Möglichkeit auf infrarote Sicht umzuschalten, wodurch sie Gegner unter diesen Bedingungen früher hätten ausmachen können.
Minoki schob den Gedanken wieder beiseite. Es war unnötig, sich über Dinge den Kopf zu zerbrechen, die man nicht ändern konnte. Sie hakte die Idee unter Erfahrung ab und machte eine geistige Notiz, um es beim nächsten Mal besser zu machen.
Sie gab Fuentes ein kurzes Handzeichen und der Gunny winkte einen Trupp Marines nach vorn. Die Soldaten rückten bis zum zerschmetterten Druckschott vor und blieben dort wie angewurzelt stehen. Ihre Schultern sackten herab. Einige ließen sogar die Waffen sinken. In einer Kampfzone eine regelrechte Todsünde. Diese Soldaten waren Profis. Veteranen. Sie machten für gewöhnlich keine Fehler. Einen Fehler zu begehen forderte den Tod geradezu heraus. Etwas musste sie zutiefst erschreckt haben.
Minoki und der Rest der Charlie-Kompanie schlossen zu ihrer Vorhut auf. Als sie die Männer erreicht hatten, öffnete Fuentes den Mund, um die Marines zurechtzustauchen, aber als er über ihre Schultern sah und erkannte, was sie entdeckt hatten, blieb ihm das Wort im Hals stecken.
Sein Gesicht lief weiß an und er schloss den Mund mit einem hörbaren Klacken wieder. Minoki konnte es ihm nicht verdenken. Sie selbst fand auch keine Worte bei dem Anblick, der sich ihnen bot.
Der ganze Korridor war übersät mit Leichen. Es waren alles Menschen. Sie gehörten offenbar der Stationsbesatzung an. Sie trugen die unterschiedlichsten Uniformen. Es waren Techniker, Piloten, Deckcrews, Marines und noch Mitglieder aus einem Dutzend anderer Abteilungen und Waffengattungen, die hier stationiert gewesen waren.
Was Minoki und die anderen aber mehr schockierte als die schiere Anzahl der Leichen, war die Art und Weise, wie sie den Gang füllten. Viele waren verdreht und verrenkt, als hätte die riesige Hand eines Kindes sie wie Spielzeuge zerbrochen. Ihre Gesichter waren vor Schmerz und Grauen noch im Tod verzerrt.
Die meisten von ihnen waren bewaffnet. Zwischen den Leichen lagen haufenweise leere Munitionshülsen oder die leer geschossenen Zellen von Energiewaffen. Wände und Decke des Korridors waren mit Blut bespritzt. Einige der Leichen waren erschossen worden. Auch wenn Minoki nicht sagen konnte, mit was für Waffen das angerichtet worden war. Die Eintrittswunden sahen keiner Projektil- oder Energiewaffe ähnlich, die sie kannte.
Die Leichen, die man nicht erschossen hatte, waren brutal aufgeschlitzt und förmlich ausgeweidet worden. Mit Messern oder Schwertern. Fuentes überwand seine Abscheu und stieg über die Reste des zerstörten Schotts. Das Blut hatte große Lachen gebildet, dort wo die Männer und Frauen der Besatzung gefallen waren. Er arbeitete sich einige Meter vor. Jedes Mal, wenn seine Stiefel sich vom Boden lösten, gaben sie ein ekelerregendes, schmatzendes Geräusch von sich.
Der Gunny kniete sich hin und hob einige der Gewehrhülsen auf. Aufmerksam betrachtete er sie. Als er seine Begutachtung abgeschlossen hatte,
Weitere Kostenlose Bücher