Duestere Vorzeichen
unserer Eskorte ist auch keiner mehr übrig.«
Wie betäubt ließ sich Minoki zurück in ihren Sessel sinken. Das ganze Bataillon war ausgelöscht. Nur die Charlies hatten bisher überlebt. Ein weiterer Beinahetreffer ließ sie realisieren, dass es durchaus im Bereich des Möglichen war, dass heute das ganze Bataillon vernichtet werden würde. Noch waren sie nicht in Sicherheit.
Sie verkniff sich jede weitere Frage und ließ die beiden ihre Arbeit machen. Bei der Menge an Feuerkraft, die da auf sie zukam, war es ein Wunder, dass sie bisher nicht härter getroffen worden waren. Minoki hoffte inbrünstig, dass es auch so blieb. Nichts tun zu können war für einen Marine das Allerschlimmste. Zur Untätigkeit verdammt, bis das Landungsboot aufgesetzt oder angedockt hatte.
»Oh Scheiße!«, fluchte der Pilot plötzlich. Sie hatte ihn noch nie mit so viel Panik und Angst reden hören. Schon die Intensität seiner Stimme ließ sie aufhorchen. Ein Ruck ging durch den Stingray. Gefolgt von einem stärkeren Schlag gegen die Außenhülle.
»Oh Scheiße!«, wiederholte der Pilot. Diesmal lauter.
»Das schaffen wir nicht«, mischte sich der Copilot ein. »Der wird uns treffen.«
Minoki wollte fragen, was sie denn treffen würde, als der Stingray sich aufbäumte und bockte wie ein verwundetes Tier. Die Maschine legte sich schwer auf die Seite. Sie spähte nach vorn über die Schulter des Piloten. Der Rumpf der Lydia füllte nun ihr ganzes Blickfeld aus. Ihr stockte der Atem. Sie rasten mit halsbrecherischer Geschwindigkeit darauf zu und der Pilot machte keinerlei Anstalten abzubremsen. Der Stingray bockte ein letztes Mal. Minoki stieß sich schwer den Kopf. Blut lief ihr über das Gesicht. Sie versuchte mit aller Kraft, wach zu bleiben, obwohl die Benommenheit bereits an ihr zu zerren begann. Sie verlor den aussichtslosen Kampf und wurde ohnmächtig.
Der Ruul an der taktischen Station grinste den Anführer grausam an. Er bleckte dabei seine Reihen spitzer Zähne. Die Waffen der Lydia stellten das Feuer ein. Der ruulanische Anführer wirkte sehr mit sich zufrieden. Der letzte blinkende Punkt auf dem Radarschirm, der den überlebenden anfliegenden Stingray symbolisiert hatte, war soeben erloschen.
Kapitel 10
Widerstandslos ließen sich die Gefangenen von ihren ruulanischen Bewachern von der Brücke führen. Vincent spürte die Schläge kaum, mit denen die Slugs sie zur Eile antrieben. Er schleppte seinen Körper wie im Halbschlaf vorwärts. Zu begreifen, was gerade vorgefallen war, fiel ihm denkbar schwer. Der ruulanische Anführer hatte etwas geschafft, was er eigentlich nicht hätte schaffen dürfen.
Er hatte nicht nur gewusst, wo die kleine Tastatur versteckt war, über die man die Schiffsfunktionen sperren konnte. Der Slug verfügte sogar über die Kommandocodes, um die Systeme der Lydia wieder online zu kriegen. Und so sehr sich sein Verstand auch weigerte, diesen Punkt zur Kenntnis zu nehmen, er ließ sich nun mal nicht leugnen. Außerdem waren da noch ihre Probleme mit der Kommunikation während der Schlacht. Diese beiden Punkte ließen wiederum nur eine Schlussfolgerung zu: Die Ruul hatten Hilfe bei der Einnahme der Lydia gehabt. Anders ließ sich dieses Insiderwissen nicht erklären.
Vincent schüttelte benommen den Kopf. Langsam aber sicher bekam er Kopfschmerzen von diesen Gedanken. Welcher Mensch würde mit den Ruul zusammenarbeiten? Gut, das war schon zuvor vorgekommen, wie der Fall Jason Grey auf dem Mars vor fünf Jahren eindrucksvoll bewiesen hatte. Aber Grey war kein Mitglied der Streitkräfte, sondern nur Kommandeur der planetaren Miliz des Mars gewesen. Dass ein Mitglied der regulären Streitkräfte mit dem Feind kollaborieren würde, war einfach undenkbar. Und trotzdem war es die einzig logische Erklärung.
Zu gern hätte er seine Gedankengänge mit Hassan besprochen, aber sein Erster Offizier ging mit gesenktem Blick zwei Schritte hinter ihm. Ein Blick auf seine ruulanischen Bewacher und er wusste, dass sie jeden Versuch der Gefangenen, miteinander zu sprechen, sofort unterbinden und schwer bestrafen würden.
Schweigend wurden die Gefangenen tiefer ins Innere der Lydia geführt. Vincent hatte so langsam eine Ahnung, wo sie hingebracht würden. Wenn ihn nicht alles täuschte, so waren sie auf dem Weg zu ALPHA. Er hatte zwar keine Ahnung, was die Ruul dort mit ihnen vorhatten, aber zweifelsohne würde es nichts Angenehmes sein. Vincent wünschte, er hätte eine Waffe gehabt. Eine hätte bereits eine Chance
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