Duett der Liebe
Zögernd kaute sie an ihrer Unterlippe.
„Ich mache mich normalerweise nicht gerne zum Narren…“ Vielleicht kam es ihr nur so vor, doch die Drillinge schienen näher an sie heranzurücken, als ob sie versuchten, einen magischen Kreis zu bilden, der sie mit unerwarteten Talenten ausstatten würde. Brooke gab nach. „Na gut, überredet.“
Sie setzte sich ans Klavier und begann zögernd mit einem Stück, das sie seit langer Zeit auswendig kannte. Greensleeves, eins der Lieblingsstücke ihres Vaters. „Ich bin aber wirklich völlig eingerostet“, warnte sie noch einmal.
Tyler schien ihr nicht zuzuhören. Stattdessen beobachtete er ihre Hände.
Wahrscheinlich gab es an ihrer Fingerhaltung einiges auszusetzen.
Es kostete sie Überwindung, das Stück überhaupt zu Ende zu bringen. Schließlich nahm sie die Hände von der Tastatur. Die Drillinge klatschten begeistert, was sie rührte, auch wenn es völlig unverdient war.
„Du spielst schön“, flüsterte Stephany scheu. Es waren dieselben Worte, die Tiffany benutzt hatte, um das Spiel ihres Vaters zu beschreiben.
Brooke legte eine Hand unter ihr Kinn und drückte einen Kuss auf ihre Stirn.
„Und du lügst zauberhaft.“
Die anderen beiden wollten Stephany nicht nachstehen und erklärten, wie gut ihnen das Stück gefallen hatte.
„Es war das Lieblingsstück meines Vaters“, sagte sie leise, wobei ihr Tränen in die Augen traten. Na wunderbar. Tyler würde sie für ziemlich seltsam halten, wenn ihr bei Greensleeves die Tränen kamen. Sie versuchte, den Moment zu überspielen, indem sie zu Tyler sagte: „Sie haben es so gewollt.“
Er schüttelte den Kopf. „Sie spielen nicht so schlecht, wie Sie denken.“
Das war wohl als Kompliment gedacht? „Das wäre auch kaum möglich.“
Zu ihrer Überraschung setzte er sich neben sie auf die Klavierbank. „Es hapert nicht wirklich an der Technik.“
War ihm klar, dass sein Bein ihrs gestreift hatte, als er sich niederließ? Und bildete sie sich die Hitze, die sich von diesem Punkt aus durch ihren ganzen Körper ausbreitete, nur ein?
„Woran dann?“ fragte sie mit belegter Stimme.
Er blickte ihr geradewegs in die Augen. „Am Zutrauen.“
„Ja“, stimmte sie zu, „daran könnte es auch liegen. Aber das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass ich Sie spielen hörte, als ich herkam. Die Musik hätte Engel zum Weinen gebracht.“
„Daddy bringt Engel zum Weinen?“ fragte Tiffany dazwischen.
„Aber ich fand es schön“, protestierte Stephany.
„Es ist nur eine Redensart“, erklärte Brooke.
„Ganz genau“, warf Tyler ein. „Und es hat nichts mit mir zu tun.“ Als sie ihn skeptisch anblickte, fügte er hinzu: „Sie könnten auch so spielen.“
Brooke lachte. Der Mann war ja noch viel höflicher, als sie erwartet hatte. „Das halte ich für unwahrscheinlich.“ Sie strich über die Tastatur. „Zumal ich überhaupt nur spielen lernte, weil es meinem Vater so viel bedeutete.“
„Warum?“ fragte er daher. „War er ein professioneller Musiker? Oder wollte er durch Sie seine Träume ausleben?“
Die zweite Frage kam ihr seltsam vor. „Weder noch. Er hätte gerne eine musikalische Karriere ergriffen, zumal er so vielseitig war. Klavier, Gitarre, Trommeln… er liebte einfach Musik.“ Wenn sie die Augen schloss, sah sie ihn vor sich, wie er stundenlang geduldig eine Melodie suchte und schließlich fand.
„Was hat ihn aufgehalten?“ fragte Tyler.
„Dass er selbstlos war“, erwiderte sie. „Er liebte Heather und mich mehr als die Musik und wollte nach dem Tod unserer Mutter, dass wir zumindest einen Vater hatten. Sicher, Granny hat sich immer um uns gekümmert, aber das war ihm nicht genug. Er wollte selbst für uns da sein. Also hat er seinen Traum aufgegeben. Für uns.“
Verwirrt versuchte Tyler, das mit dem zu vereinbaren, was sie ihm bei anderer Gelegenheit erzählt hatte. „Aber sagten Sie nicht, dass er Kinderbücher schrieb und illustrierte?“
„Richtig.“ Ihr Vater war einer der vielseitigst talentierten Menschen gewesen, denen sie jemals begegnet war. „Das hat ihn auch erfüllt, aber niemals so wie die Musik. Es war niemals still in unserem Haus, und die meiste Zeit war er es, der spielte.“
Sie lachte, als sie sah, wie andächtig die Mädchen ihr zuhörten.
„Was Sie brauchen“, erklärte Tyler nun übergangslos, „ist jemand, der Ihnen die richtige Fingertechnik beibringt.“
„Das kannst du doch machen“, schlug Tiffany prompt vor.
„Ja,
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