Duett der Liebe
manchmal die ganze Welt nur noch aus Notfällen.
„Keine Sorge. Sie hat sowohl ein Zertifikat in Erster Hilfe als auch in Wiederbelebung.“
„Oh. War sie früher Krankenschwester?“
„Granny war schon vieles“, erklärte Brooke liebevoll. „Aber viele ihrer Freunde sind älter als sie, und sie ist gerne auf alles vorbereitet.“
Das war ein Charakterzug, der ihm gefiel.
„Brooke!“ Der Ruf ertönte aus dem oberen Stockwerk. Ein paar Sekunden später kam einer der Drillinge die Treppe hinuntergeschossen, dicht gefolgt von den beiden anderen.
Brooke erwartete sie am Fuß der Treppe mit weit offenen Armen. „Es ist ein bisschen so, als ob der Fotokopierer im oberen Stock außer Rand und Band geraten ist“, sagte sie über die Schulter zu Tyler. Kurz darauf stürzte sich der erste Drilling lachend in ihre Arme.
Es musste Tiffany sein, entschied Brooke. Sie war die furchtlose Anführerin der Bande.
„Was machst du hier, Brooke?“ fragte Bethany, die sich den anderen Arm erobert hatte. Stephany sagte nichts, schmiegte sich aber lächelnd an Brookes Seite.
Sie war völlig eingekreist, und genoss das Gefühl. „Ich bin hier, um eurem Daddy von der Frau zu erzählen, die auf euch aufpassen wird, während er bei der Arbeit ist.“
Tiffany ließ sie unvermittelt los und trat einen Schritt zurück. „Wir brauchen keinen Aufpasser“, sagte sie angriffslustig. „Wir sind doch keine Babys mehr.“
„Richtig“, stimmte Bethany zu. „Und schon gar nicht jemanden wie Miss Houston.“
Verwirrt blickte sich Brooke zu Tyler um. „Miss Houston?“ Hatte er schon ein anderes Vorstellungsgespräch für die Stelle gehalten?
Bevor er etwas sagen konnte, antwortete Tiffany: „Ja, sie war unser Kindermädchen, als wir noch in…“
„Das ist genug“, unterbrach Tyler sie scharf. Aber natürlich hatten sie keine Vorstellung davon, wie gefährlich es war, wenn sie darüber sprachen, wer sie waren und woher sie kamen. Freundlicher fügte er hinzu: „Du willst Miss Carmichael doch nicht mit alten Geschichten langweilen, die sie gar nicht hören will.“
Es hatte so geklungen, als hätte er sich im letzten Moment verbessert, um nicht „die sie gar nichts angehen“ zu sagen. Befürchtete er, dass die Mädchen ein Geheimnis über ihn ausplaudern würden? War er in irgendwelche kriminellen Machenschaften verwickelt? Aber ein Krimineller mit drei kleinen Mädchen im Schlepptau kam ihr reichlich seltsam vor.
Ein paar Sekunden lang wirkte Tiffany zerknirscht, bevor ihr sonniges Lächeln wieder die Oberhand gewann. Sie griff nach Brookes Hand, um ihre Aufmerksamkeit zu erheischen.
„Hast du gehört, wie unser Daddy Klavier gespielt hat?“ fragte sie. Sie warf ihrem Vater einen bewundernden Blick zu, der ihm prompt Schuldgefühle verursachte.
„Spielt er nicht schön?“
„Ja, ich habe es von draußen gehört“, erwiderte Brooke. „Und du hast absolut Recht.“ Sie lächelte Tyler an. „Es hat mich ganz nostalgisch gemacht. Ich habe so lange keine Tasten angerührt.“
Tiffany wusste zwar nicht, was „nostalgisch“ war, aber die Sehnsucht in Brookes Stimme verstand sie nur zu gut. „Das Klavier steht im Wohnzimmer. Willst du spielen?“
Tyler schien über diese Einladung nicht gerade begeistert zu sein, wollte es sich aber anscheinend mit seinen Töchtern nicht schon wieder verderben. Dennoch versuchte sie, abzulehnen, was ihr allerdings nicht gelang, denn im nächsten Moment hatte sie an jeder Hand einen Drilling, während der dritte den Weg anführte.
„Es ist vielleicht doch keine so gute Idee“, versuchte sie es noch einmal. „Nicht, nachdem euer Daddy so fantastisch gespielt hat.“
Er fand es richtig charmant, wie schüchtern sie auf einmal war. Bisher war sie ihm immer so selbstsicher vorgekommen. „Wieso?“ fragte er.
„Der Unterschied zwischen Ihrem Spiel und meinem ist in etwa so wie zwischen der Kleinen Nachtmusik und Hänschen Klein“, erklärte sie. „Ich beherrsche gerade mal die Grundlagen, das ist alles. Und ich habe seit Ewigkeiten nicht gespielt.“
Seit ihr Vater gestorben war. Schließlich war er es gewesen, dem sie immer etwas vorgespielt hatte.
Tyler sah ihr Schwanken zwischen Widerstreben und Sehnsucht. Doch Musik war etwas, was einen nicht wieder losließ, was einen wie eine Leidenschaft überkam und das man nicht wieder aufgeben konnte. „Bitte, spielen Sie. Ich wollte Sie nicht verunsichern.“
Zu spät.
Die Mädchen blickten erwartungsvoll zu ihr auf.
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