Duft der Unschuld - Tennington (German Edition)
wachem Zustand machen. Es ging dabei um meine Motorik, meine Kraft, meine Ausdauer, mein Lungenvolumen, sogar um meine Intelligenz.
Nach dem Gespräch führte Doktor Kehl mich durch das Kernlabor und ich erstarrte beinahe in Ehrfurcht, als ich den Sessel in seinem Zentrum sah.
Doktor Jenkins, Yves’ eigener Neurospezialist, erklärte mir die Funktionsweise und bat mich, kurz Platz zu nehmen.
Offensichtlich versprachen sie sich keinerlei nennenswerte Ergebnisse von diesem Hirnstromtest, denn wenn man so etwas so zwischen Tür und Angel machen konnte, blieb wohl wenig Raum für große Hoffnungen in bezug auf mein Gehirn.
Zur Verwunderung aller – meiner wohl am meisten – zeigte die Maschine, die mir mit ihrer gigantischen Glaskuppel zunächst echte Klaustrophobie bescherte, relativ gute Ergebnisse.
Mein Gehirn war laut Doktor Jenkins ganz sicher nicht gealtert. Die Spekulationen darüber, woran das liegen konnte, verfolgte ich nur mit mäßigem Interesse und Kehl führte mich weiter durch die Räume, bis wir das Verlies erreichten.
Der Raum hatte etwas Cyberspaciges. So richtig düster und futuristisch. Ein Liegesessel, ein weiteres Stirnband und diese gigantische Oberfläche eines Flachbildschirms dominierten den Raum, der mich schaudern ließ.
„Yves ist gern hier“, erklärte Kehl und maß mich mit einem forschenden Blick. Ich ging auf den Stuhl zu und ergriff das Stirnband, um es in meinen Händen zu drehen.
„Es ist auf Yves Hirnwellen kalibriert. Er bedient damit ohne jedes andere Eingabegerät den Computer des Zentralarchivs.“ Kehl deutete mit einer wedelnden Handbewegung auf den Monitor.
Als ich das Stirnband weiter anhob, um es im spärlichen Licht zu betrachten, flackerte der Monitor unerwartet auf und ich entließ einen kleinen Schreckensschrei, während ich vom Monitor zurückschreckte.
„Oh“, machte Kehl und trat stirnrunzelnd neben mich. „Wie hast du das gemacht?“
„Keine Ahnung. Jedenfalls sicher nicht mit meinen Hirnströmen“, witzelte ich und Kehl nickte ernst.
„Setz es trotzdem mal auf, bitte.“
Ich schürzte die Lippen. Konnte mir ja nichts passieren, oder? Das Ding hier war ein Sender, ein Interface. Und ich schlichtweg nicht der Mensch, auf den es angepasst war.
Als ich das Stirnband nun erneut hob, rief der Monitor Bilder auf, die mich zeigten. Drei Stück. Zwei davon in London, das erkannte ich an Straßenschildern und meiner Kleidung, das andere musste in Süddeutschland entstanden sein.
„Was …?“, fragte ich und starrte fassungslos auf die drei Bilder.
„Er hat dich gesucht, er sagte, er habe dir etwas geschenkt, mit dem er dich vielleicht anpeilen könnte …“ Kehl wirkte nachdenklich und ich griff einmal mehr nach dem Anhänger.
„Diese Kette habe ich bekommen“, sagte ich.
Kehl nahm mir das Stirnband aus der Hand und hob es so vor meinen Hals, das die Metallkugel in seinem Zentrum baumeln musste.
Die Bilder erhielten Untertitel und Zeitangaben, eine Suchmaschine spuckte zusätzliche Artikel aus dem Internet aus. Der Monitor unterteilte sich in immer kleine Einzelfelder, bis er aussah wie ein quietschbuntes, rechteckiges Schachbrett.
„Faszinierend“, murmelte Kehl. „Ich frage mich …“ Er legte das Stirnband weg und drehte die Metallkugel, bis ich sie ihm mehr oder weniger sanft entwand. Ich hatte plötzlich den Eindruck, sie vor fremdem Zugriff schützen zu müssen. Dass das Geheimnis dieser Metallkugel nur Yves und mir gehörte.
„Er muss das Ding irgendwie präpariert haben.“ Der Doktor hob die Schultern und wandte sich ab. Ich folgte ihm. Hier konnte ich ja sowieso nichts tun.
„Wir sehen uns dann morgen, sobald du dich wohl genug fühlst“, verabschiedete Kehl sich und ich sah Connor am Ende des Kernlabors auf mich warten.
„Beeindruckende Werte hast du geliefert, Etienne. Du magst vielleicht nicht so hyperintelligent sein wie Yves, aber du erreichst wirklich gute Ergebnisse.“
Ich kicherte. „Das sag mal Yves, der musste mir vor Weihnachten in so ziemlich jedem Fach Nachhilfe geben, weil mein Hirn sich in eine wissensabweisende Teflonkugel verwandelt hatte!“
Connor lachte und wies mir den Weg hinaus. Draußen sagte er: „Wieso nennt Yves dich ‚kleiner Rabe‘?“
„Wegen meiner Haarfarbe, deshalb hat er ja auch den Namen ausgesucht: Corvin.“
„Aber er ist kleiner als du …“, erwiderte er und wir gingen über einen der geräumten Wege zur Villa.
„Nicht wirklich. Ich meine, ja, gemessen an der
Weitere Kostenlose Bücher