Duft des Mörders
so zerzaust wie früher, als er gewohnheitsmäßig mit seinen Fingern hindurchfuhr. Seine dunkelblauen Augen, die alle Frauen an der Universität ins Schwärmen brachten, zogen Jenna noch immer wie magisch an, auch wenn sie jetzt nicht sehr freundlich dreinblickten. Der einzige Unterschied, der ihr auffiel, war sein Oberkörper. Seine Schultern und sein Brustkorb wirkten breiter als damals; er lenkte wahrscheinlich noch stärker als früher alle Aufmerksamkeit auf sich. Obwohl er noch kein Wort gesprochen hatte, schien der Raum von einer prickelnden Energie erfüllt.
„Hallo, Frank.“
Sie wartete auf ein Lächeln, auf eine Begrüßung, auf irgendeine Reaktion, die der peinlichen Stille ein Ende machte. Stattdessen starrte er sie nur völlig ausdruckslos an. Er war schon immer gut darin gewesen, seine Gefühle zu verbergen. Doch vielleicht täuschte sie sich, und es waren gar keine Gefühle mehr da, die er hätte verbergen können.
Mit einer sehr vertrauten Lässigkeit lockerte er seine Krawatte und sagte: „Was machst du denn hier?“
Tolle Begrüßung.
Jenna stand auf, bemüht, sich von seiner schroffen Art nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. „Ich bin hier, um mit dir über Adam zu reden.“
„Warum?“
„Weil er letzte Nacht umgebracht wurde, Frank. Oder weißt du das noch nicht?“
„Ich weiß es.“ Er zog sich die Krawatte über den Kopf, schnappte sich wieder seine Aktentasche und öffnete eine Tür, an der ein kleines Messingschild mit der Aufschrift ‚F. Renaldi‘ angebracht war. Er machte sich nicht die Mühe, Jenna hereinzubitten.
Na gut, das Wiedersehen sollte offenbar nicht ganz reibungslos verlaufen. Vielleicht hätte sie damit rechnen müssen. Womöglich hatte ihn ihre Zurückweisung damals mehr getroffen, als ihr bewusst gewesen war, und womöglich war er immer noch wütend auf sie. Aber das hier war nicht mehr die Universität. Sie waren jetzt verantwortungsvolle Erwachsene, die in der Lage sein sollten, sich zivilisiert zu unterhalten, ohne sich gegenseitig den Kopf abzureißen.
Das jedenfalls redete sich Jenna ein, während sie ihm folgte und leise die Tür schloss. Sein Büro war nur geringfügig größer als das Vorzimmer, dafür aber absolut überfüllt. Aufgeschlagene Akten und Fotos lagen auf dem Schreibtisch verstreut, das einzelne Regal war hoffnungslos mit Gesetzbüchern voll gepackt, und auf einem der beiden Stühle vor dem Schreibtisch stapelten sich Tageszeitungen.
Frank warf seine Tasche achtlos auf die Akten, dann drehte er sich zu ihr um. „Es gibt nichts, worüber wir reden müssen, Jenna. Wenn du auf die Idee gekommen wärst, vorher anzurufen, hättest du dir viel Zeit erspart.“
Sein eisiger Ton und seine noch frostigeren Worte machten sie wütend. „Hör zu, Frank. Mir ist klar, dass du sauer auf mich bist, aber du wirst doch bestimmt für ein paar Minuten dein verletztes Ego vergessen können, um wie ein erwachsener Mann mit mir zu reden!“
Er warf seine Krawatte auf den leeren Stuhl, und gleich darauf folgte sein Jackett. Selbst in Hemdsärmeln strahlte er Stärke und bodenständigen Charme aus. „Was hat mein Ego damit zu tun?“ fragte er. „Und warum sollte ich sauer auf dich sein?“
Allmählich fühlte sie sich unbehaglich. Das war nicht die Richtung, in die sich diese Unterhaltung bewegen sollte. Doch jetzt waren sie beim Thema, und sie wollte ein für alle Mal reinen Tisch machen. „Du bist sauer, weil ich mich nicht für dich, sondern für Adam entschieden habe!“
Er setzte eine schockierte Miene auf und rief: „Du glaubst, ich bin immer noch hinter dir her? Ist das dein Ernst?“
„Das habe ich nicht gesagt!“
„Aber du wolltest es damit andeuten.“ Er lachte kurz auf. Es war ein verletzendes Lachen. „Manche Dinge ändern sich einfach nie, nicht wahr, Jenna? Du bist nach wie vor das kleine Mädchen, das so sehr von sich eingenommen ist.“ Sie wollte etwas sagen, doch er ließ sie nicht zu Wort kommen. „Nur damit du es weißt: Ich bin schon lange über dich hinweg. Wenn ich zurückdenke, dann weiß ich gar nicht, wieso ich mich überhaupt jemals in dich verliebt habe. Vielleicht war das nur mein Sportsgeist, dieses ständige Verlangen, Adam in allem überbieten zu müssen, ganz gleich, was er machte. Es war dumm und kindisch, und gebracht hat es mir nichts. Ich hätte wissen sollen, dass ich diesen Wettkampf nicht gewinnen konnte. Du hast doch immer geglaubt, ich sei nicht gut genug für dich, nicht wohlerzogen genug, nicht
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