Duft des Mörders
geschehen würde, damit hatte er gerechnet. Aus diesem Grund hatte er vor fünfzehn Jahren den Kontakt zu ihr abgebrochen und sich auch nicht, nachdem er nach New York zurückkehrte, bei ihr oder Adam gemeldet.
Er ging zum Fenster und blickte nach draußen, als sie gerade das Gebäude verließ. Sie war noch schöner als in seiner Erinnerung. Ihr Haar hatte noch immer diesen honigblonden Farbton mit dem goldenen Hauch, der Ausdruck ihrer großen braunen Augen konnte nach wie vor im Bruchteil einer Sekunde von hitzig auf eiskalt umschlagen, und ihre Lippen waren noch so voll und verlockend wie damals, als er sie in einem Anflug von Wahnsinn ein einziges Mal küsste.
Er sah ihr nach, wie sie zur Bushaltestelle ging, mit ausholenden, wiegenden Schritten, die ihre Hüften schwingen ließen. In ihrer Jeans und der schwarzen Lederjacke konnte sie auch jetzt noch für eine Studentin durchgehen. Sie hatte Recht. Er war sauer. Sauer, weil sie sich damals für den falschen Mann entschieden hatte. Sauer, weil Adam sie heiratete, obwohl er ganz genau wusste, dass diese Verbindung nicht von Dauer sein konnte.
Und jetzt war sie in sein Leben zurückgekehrt. Das Schicksal in Gestalt einer Tragödie hatte sie wieder zusammengebracht. Ob er sie wohl hatte täuschen können? Oder hatte sie seine kühle Fassade durchschaut und begriffen, dass er noch immer verrückt nach ihr war?
An der Haltestelle blieb sie stehen und sah auf ihre Armbanduhr. Aus einem unerfindlichen Grund fragte er sich, ob sie zurück nach Hause oder vielleicht zu der Kunstgalerie fahren würde, wo ihre Arbeiten ausgestellt waren. Er zuckte mit den Schultern. Es war nicht wichtig, wohin sie fuhr, denn er wollte sie nie wiedersehen. Von den Frauen hatte er die Nase voll. Erst Jenna, die den falschen Mann heiratete, dann seine Frau Denise, die ihn wegen eines italienischen Radsportlers verließ und jetzt in Mailand lebte. Nach Denise hatte es noch die eine oder andere Frau in seinem Leben gegeben, aber bei keiner von ihnen hatte er eine langfristige Beziehung in Erwägung gezogen, auch wenn diese Frauen nicht abgeneigt gewesen wären. Vielleicht lag es ja an ihm. Vielleicht war
er
derjenige, der all die falschen Entscheidungen traf.
Er dachte an das Treffen mit Adam. Es war in einer eher sachlichen Atmosphäre verlaufen – zwei alte Kumpel, die sich zufällig wiedersahen. Sie sprachen über alte Zeiten und über die letzten fünfzehn Jahre. Dann kam Adam auch schon auf den Grund seines Besuchs zu sprechen. Er erzählte Frank von seinem Verdacht, seine hübsche junge Frau könnte eine Affäre haben.
Frank übernahm solche Fälle normalerweise nicht. Er ermittelte für gewöhnlich nur dann, wenn wirkliche Verbrechen im Spiel waren. Doch Adam schien so tief getroffen und geknickt, dass Frank den Auftrag dennoch annahm. Er erhielt tausend Dollar Vorschuss. Sobald er etwas herausfand, sollte er sich bei Adam melden.
Tanya, die gelegentlich für Frank auch verdeckt ermittelte, meldete sich freiwillig zur Observation. Eine untreue Ehefrau zu beschatten, war eine todlangweilige Angelegenheit, doch Tanya gefiel es. Als ehemalige Polizistin hatte sie eine Engelsgeduld und konnte stundenlang im Wagen sitzen, während Frank spätestens nach fünf Minuten unruhig wurde.
Sie folgte Adams Frau allerdings nicht zu einem Liebesnest, sondern zu einer gut besuchten Snackbar an der Sixth Avenue. Amber Lear suchte die Snackbar in dieser Woche gleich zweimal auf, jedes Mal, um sich mit einem Mann zu treffen. Frank brachte in Erfahrung, dass es sich bei ihm um Billy Ray Shaeffer handelte, einen Exhäftling, der wegen fahrlässiger Tötung zweieinhalb Jahre im Gefängnis saß. Amber, die ursprünglich Teresa Berensky hieß, war zur Tatzeit Shaeffers Freundin und die frisch gekrönte Miss Jersey City. Auf der Rückfahrt von einer Party fuhr Billy Ray einen Fußgänger an, der seinen Verletzungen erlag.
Die meisten Frauen warteten wenigstens ein paar Wochen oder Monate, ehe sie ihrem im Gefängnis sitzenden Freund den Laufpass gaben. Amber war da anders. Nachdem sie die Qualifikation zur Miss New Jersey nicht schaffte, änderte sie ihren Namen in Amber North und ließ Billy Ray durch ihre Mutter ausrichten, dass sie sich von ihm trennte. Dann zog sie nach New York City, um zu Ruhm und Reichtum zu gelangen.
Ruhm fand sie nicht, aber das mit dem Reichtum klappte ganz gut. Zwei Jahre nach ihrem Umzug in den Big Apple traf sie Adam, ein Jahr darauf waren sie bereits verheiratet.
Tanya
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