Duft des Mörders
Taschentuch ab. „Ich konnte nicht.“ Sie zeigte auf den Monitor. „Da steht noch mehr.“
Jenna scrollte mit der Maus weiter nach unten und entdeckte noch einige weitere Zeilen Text.
„Auch wenn es trotz einer intensiven, zwölf Monate langen FBI-Untersuchung nicht gelungen ist, Beweise dafür zu liefern, so wird dennoch vermutet, dass das weltweit operierende russische Verbrechersyndikat Bratstvo in erheblichem Umfang Gelder in US-Währung an Ausbildungslager für Terroristen im Jemen transferierte.“
Jenna schauderte, während sie darüber nachdachte, worauf Adam da gestoßen war. Als Assistent des Bezirksstaatsanwalts hatte er so wie auch Jennas Vater viel Zeit darauf verwendet, gegen verschiedenste kriminelle Organisationen – darunter auch die Russen-Mafia – zu ermitteln und ihre Mitglieder vor Gericht zu bringen.
Bratstvo
– was im Russischen ‚Bruderschaft‘ bedeutete – verfügte schätzungsweise über 25.000 Mitglieder und unterteilte sich in gut fünfzig Gruppen, die über die ganze Welt verteilt waren. Der US-Ableger, nach Südostasien der zweitgrößte, war in Brighton Beach beheimatet, einem Stadtviertel in Brooklyn, in dem so viele Russen wohnten, dass es schon vor langer Zeit den Spitznamen Little Odessa erhalten hatte. Über die Jahre hinweg war es den Führungsgrößen der Organisation in den Vereinigten Staaten gelungen, unerkannt zu bleiben. Jenna konnte sich an einen Fall erinnern, in dem ihr Vater einem großen russischen Drogendealer völlige Immunität zugesichert hatte, wenn der ihm die Hintermänner nannte. Der Mann hatte weiterhin geschwiegen und lieber eine sechsjährige Haftstrafe sowie die Beschlagnahmung seines Vermögens in Höhe von fünfzig Millionen Dollar hingenommen.
So wie andere Syndikate betrieb auch
Bratstvo
völlig legale Unternehmen und Geschäfte, die als Deckmantel für alle illegalen Aktivitäten dienten. Der Großteil der Gelder stammte aus Erpressungen, Waffen- und Drogenschmuggel, Kreditkartenbetrug und Prostitution. Hinzu kam, dass sich russische Unternehmer, die enge Kontakte zu
Bratstvo
unterhielten, in ausländische Konzerne einkauften und so eine ideale Grundlage für die kriminellen Aktivitäten schufen.
Jennas Blick war noch immer auf den Monitor gerichtet. „Adam war irgendeiner Sache auf der Spur“, sagte sie mehr zu sich selbst. „Oder irgendjemandem. Nur wem?“ Sie sah Claire an. „Haben Sie eine Idee?“
„Nein“, antwortete Claire und tupfte wieder ihre Tränen weg. „Aber Sie fragten vorhin am Telefon, ob er sich seltsam verhalten habe.“
„Ja, und?“
„Vor einigen Wochen erwähnte er, er sei um seinen Posten besorgt. Der Sohn des Chefs, der gerade erst seinen Abschluss in Harvard gemacht hat, wurde als Partner aufgenommen und sorgt für einige Unruhe, weil er die Rechtsabteilung führen und umkrempeln will. Adam hat sich darüber sehr aufgeregt. Er bezeichnete das Ganze als einen klassischen Fall von Vetternwirtschaft, auch wenn dieser Andrew – also der Sohn des Chefs – ein ziemlich cleverer Anwalt wäre.“
Jenna begann zu überlegen. Vielleicht hatte Adam aus Sorge um seinen Job beweisen wollen, wie nützlich er für das Unternehmen war. Vielleicht hatte er sich deshalb mit dieser Faxel-Angelegenheit befasst.
„Claire, hat Adam mit Ihnen jemals über Faxel gesprochen?“
„Nur, wenn es mit Global Access zu tun hatte und unseren Bemühungen, nicht den Anschluss an deren Technologie zu verlieren.“
Jenna starrte wieder auf den Monitor. „Wussten Sie, dass er mich am Montagabend in der Galerie besucht hat?“
„Er sagte, er würde bei Ihnen vorbeischauen.“
„An dem Abend hat er mir erzählt, er vermute, dass bei Faxel irgendein mieses Ding laufe. Aber er ging nicht ins Detail.“
„Davon weiß ich nichts.“
„Das heißt, Sie haben nichts in dieser Art für ihn geschrieben oder abgelegt?“
„Nein. Aber wenn er auf etwas derart Schwerwiegendes gestoßen wäre, dann hätte er das vermutlich selbst niedergelegt.“ Sie sah auf den Laptop. „So wie diese Datei hier.“
„Wo würde er eine entsprechende Akte versteckt haben?“
„Ich weiß nicht. In seinem Computer habe ich nichts gefunden.“ Claire biss sich auf die Unterlippe. „Ich könnte natürlich noch mal nachsehen.“
Jenna sah sie wieder an. „Ist das denn möglich?“
„Ich habe noch immer den Schlüssel zu seinem Büro, außerdem konnte ich für Mr. Black noch nicht alle Dateien kopieren. Ich kann mich nach Belieben dort aufhalten
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