Duft des Mörders
gesprochen?“
„Das muss ich nicht. Ich bin ein Mann. Ich weiß, welche Spiele ihr Frauen treibt, um Männer auf euch aufmerksam zu machen.“
„Das hört sich an, als sei ich eine sehr oberflächliche Person.“
„Wie gesagt: Du warst noch sehr jung, gerade mal neunzehn.“ Er strich mit den Blättern der abgebrochenen Rose über ihre Nase. „Ja, und ein ganz klein wenig oberflächlich.“ Als sie nicht darüber lachen konnte, fragte er sehr ernst: „Empfindest du etwas für Frank, Honey? Geht es darum?“
„Ist das so offensichtlich?“
„Für einen Vater schon.“
Sie schwieg eine Weile und dachte zurück an jene verrückte Zeit, als die zwei intelligentesten und attraktivsten Männer der gesamten Universität um sie geworben hatten. Dass sie niemandem wehtun wollte, war keine Entschuldigung; Frank hatte allen Grund, sauer auf sie zu sein. Sie hatte mit seinen Gefühlen gespielt, ohne sich etwas dabei zu denken. Und als sie fünfzehn Jahre später in sein Leben zurückkehrte, da hatte sie erwartet, von ihm mit offenen Armen empfangen zu werden?
Wie konnte sie nur so verdammt unsensibel sein?
Sie kickte einen kleinen Stein weg und sah ihm nach, wie er in einem Blumenbeet landete. Vielleicht war es an der Zeit, Frank zu zeigen, dass aus dem Gör, das er geliebt hatte, eine Frau geworden war, die es wert war, sich wieder in sie zu verlieben.
29. KAPITEL
D as sonntägliche Mittagessen bei den Renaldis hatte immer etwas von einem Großereignis. Um Punkt zwölf Uhr holte Frank seine Mutter Mia ab; sie lebte noch immer in der Wohnung in Little Italy, in der er und seine Schwester aufgewachsen waren. Die Lasagne, die Ricotta-Pastete und die selbst gebackenen Brötchen platzierte er im Kofferraum seines Thunderbird, dann fuhren sie zusammen nach Staten Island. Das folgende Mittagessen nahm um zwei Uhr seinen Anfang und endete nicht vor fünf.
Manchmal kam sogar seine Schwester Lydia zu Besuch und machte den Tag noch schillernder und aufregender. Meistens aber – so wie an diesem Sonntag – war ‚die Schauspielerin‘, wie Mia ihre vierundzwanzigjährige Tochter nannte, zu beschäftigt, um an dem familiären Essen teilzunehmen, da sie zum einen als Verkäuferin bei Banana Republic arbeitete, zum anderen ihren Schauspielkurs besuchen musste.
An diesem Sonntag aßen sie gerade die Gnocchi, die Vinnie gekocht hatte, als ein dröhnendes Motorengeräusch direkt vor dem Haus die Unterhaltung verstummen ließ.
Danny sprang vom Tisch auf und rannte zum Fenster, wobei er die letzten Schritte auf dem gewachsten Holzboden rutschend zurücklegte. „Oh, Mann! Dad! Uncle Vinnie! Das müsst ihr euch ansehen!“
Nach der Begeisterung des Jungen zu urteilen konnte es sich nur um ein Motorrad handeln. Motorräder waren gleich nach Eishockey Dannys große Leidenschaft, und seitdem er das Magazin
Motor Bike
abonniert hatte, kannte er jede Maschine, ganz gleich, ob sie aus dem In- oder dem Ausland stammte.
„Iss erst auf, ehe es kalt wird“, sagte Franks Mutter, eine zierliche, gut aussehende Frau mit einer angenehm lässigen Art. Von der war nur beim sonntäglichen Mittagessen nichts zu spüren, denn es hatte für Mia einen geradezu heiligen Status; für sie kam es einem Sakrileg gleich, wenn das Essen durch irgendetwas gestört wurde.
Vinnie tätschelte ihren Arm. „Der Junge sagt, dass wir uns etwas ansehen müssen, und das machen wir auch. Essen kann er anschließend immer noch.“
Mia wollte protestieren, doch Frank bedeutete ihr mitzukommen. Sie murmelte etwas Unverständliches und ging mit den Männern zum Fenster.
„Das ist ja eine irre Maschine, Dad!“ rief Danny begeistert, als sich Frank zu ihm stellte und die schwarze Harley Davidson sah, die gerade vor dem Fenster aufgebockt wurde. „Eine Fat Boy, spätes Baujahr. Mann, ist die aufgemotzt!“
Während Danny die Besonderheiten der Maschine aufzählte, betrachtete Frank den Fahrer, der soeben von der Maschine stieg. Es handelte sich um einen jungen schlanken Mann, der knapp 1,70 Meter groß sein mochte und in schwarzes Leder gekleidet war. Hinter ihm saß eine junge Frau, die ebenfalls Leder trug. Frank hatte keinen der beiden schon einmal gesehen.
Auf einmal wechselte Dannys Interesse von der Maschine zu der jungen Frau. Die saß zwar noch auf der Harley, hatte aber den Helm bereits abgenommen und schüttelte ihr langes schwarzes Haar. „Wow!“ Danny rief es mit solcher Ergriffenheit, dass sich Frank ein Lachen verkneifen musste. Er hielt
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