Duft des Mörders
Woche hinter sich und müsse unbedingt ausspannen.
Als sie ankam, waren bereits alle ihre Lieblingsgerichte von einem China-Restaurant geliefert worden – Hühnchen Kung Pao, Schweinefleisch Hunan, dazu Mu Shu-Gemüse und eine doppelte Portion Glückskekse. Sie und ihr Vater machten es sich zum Essen vor dem Fernseher gemütlich und amüsierten sich köstlich über Wiederholungen der Serie
Happy Days
.
Danach ging sie früh zu Bett und schlief tief und fest. Sie war todmüde, und ihr altes Zimmer war für sie der friedlichste Ort auf Erden. Umgeben von Erinnerungen aus einer glücklichen Jugend fiel sie in einen erholsamen Schlaf, aus dem sie erst am Morgen durch das Klappern aus der Küche im Erdgeschoss geweckt wurde.
„Wie würde dir ein Spaziergang durch den Garten deiner Mutter gefallen?“ fragte Sam, als sie gefrühstückt hatten. „Die Ahornbäume sehen zu dieser Jahreszeit wunderschön aus.“
„Ja, das wäre toll.“
Arm in Arm spazierten sie gemächlich durch den Garten, den Elaine Meyerson mehr als dreißig Jahre lang gepflegt hatte.
„Du kümmerst dich gut um ihre Rosen.“ Jenna beugte sich nieder, um an einer der Blüten zu schnuppern.
„Es ist das einzig Lebendige, was mir von ihr geblieben ist.“ Sam drückte Jenna an sich. „Abgesehen von dir natürlich.“ Er musterte sie intensiv. „Geht es dir gut, Honey? Du bist heute Morgen so schweigsam. Hast du genug gegessen?“
Jenna musste lachen und legte eine Hand auf ihren Bauch. „Dad, bitte. Zwei Pfannkuchen, zwei Portionen Bacon und zwei Eier! Damit komme ich sonst eine ganze Woche aus. Ich kann es noch immer nicht fassen, dass ich das alles verputzt habe.“
„Vielleicht musst du ja noch ein wenig wachsen.“
„Pass bloß auf, was du sagst“, gab sie zurück und stieß ihn in die Rippen.
Sie war gern mit ihrem Vater zusammen. Sie liebte es, so wie früher mit ihm zu lachen. Hier empfand sie keine Angst, hier waren J.B. und die schwarze Rose nur eine verblassende Erinnerung.
„Und?“ fragte er, als sie den Teich erreichten. „Wie steht es zwischen dir und Frank?“
Mit dieser Frage hatte sie nicht gerechnet. „Wie meinst du das?“
„Du weißt schon. Macht eure Beziehung Fortschritte?“
Sie lachte, doch in ihren eigenen Ohren klang es ein wenig aufgesetzt. „Dad, es gibt keine Beziehung.“
Er blieb stehen, um sie erneut eindringlich anzusehen. „Den Eindruck hatte ich am Freitag auf dem Friedhof nicht.“
„Wir haben uns nur unterhalten.“
„Wenn du das sagst.“
Gut eine Minute lang dauerte es, ehe Jenna fragte: „War ich damals gemein zu ihm, Dad?“
Sam lachte. „Oh, Honey, du warst damals noch so jung.“
„Das klingt nach einem Ja.“
„Warum machst du dir jetzt darüber Gedanken? Frank scheint es vergessen zu haben.“
„Da bin ich mir nicht so sicher.“
„Wie meinst du das?“
„Als ich ihn am Tag nach Adams Ermordung aufsuchte, war Frank ziemlich gehässig zu mir.“
„Frank? Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Er macht nicht den Eindruck, als sei er dazu in der Lage.“
„Genau das meine ich ja. Er
wollte
gemein sein, er
wollte
mir wehtun.“
Sam nickte verstehend. „Wahrscheinlich war das eine Abwehrreaktion.“
„Eine Abwehrreaktion gegen was?“
„Gegen dich, Sweetheart.“ Er zwinkerte ihr zu, ehe er eine Rose aufhob, die abgebrochen war. „Na, komm schon, Jenna. Erzähl mir nicht, dass du das nicht gemerkt hast. Der Mann liebt dich, und zwar noch viel mehr als vor fünfzehn Jahren.“
„Du meinst, er fühlt sich zu mir hingezogen?“
„Nein, ich meine, er
liebt
dich. Kein Mann sieht eine Frau so an, wie er es am Freitag getan hat, wenn er nicht sehr, sehr viel für sie empfindet. Diese Gefühle könnten der Grund für seine Abwehrreaktion sein, als er dich wiedersah. Er wollte nicht noch einmal leiden so wie vor fünfzehn Jahren, als er von dir abgewiesen wurde.“
„Ich habe ihn nicht abgewiesen. Er hat einfach aufgehört, um mich zu kämpfen.“
„Hast du dich jemals gefragt, warum er das getan hat?“
„Er hat sich nicht mehr für mich interessiert.“
Sie sah ein lebhaftes Funkeln in seinen Augen. „Da könntest du dich irren.“
Mit einem Mal fühlte sich Jenna unwohl bei diesem Gespräch. Sie befürchtete, es könne etwas über sie offenbaren, das sie selbst nicht hören wollte. Aber sie hatte damit angefangen, daher konnte sie das Thema nicht einfach so beenden. „Wieso weißt du so viel über Frank und mich? Hast du mit ihm
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