Duft des Mörders
an Adam anhängen“, widersprach sie. „Ich habe Detective Stavos lediglich nahe gelegt, auch in andere Richtungen zu ermitteln, weil Roy Ballard meiner Ansicht nach unschuldig ist.“
Wieder sah er zu der niedrigen Mauer am Rand des Dachgartens. Warum machte er das?
„Und wer hat Ihrer Ansicht nach Adam umgebracht?“ fragte er sie.
Die restliche Wärme der tief stehenden Sonne konnte die Kälte nicht vertreiben, die Jenna in diesem Moment verspürte. „Das weiß ich nicht“, antwortete sie. Sie wollte sich von der Mauer entfernen, sah aber keine Möglichkeit, das so zu tun, dass es ihm nicht auffiel.
„Wieso haben Sie Angst vor mir, Jenna?“ fragte J.B. und setzte eine gequälte Miene auf.
„Ich habe keine Angst vor Ihnen.“
„Was hat Adam von Ihnen gewollt?“
„Er dachte, die Fotos, die ich bei der Vorstellung des Wizard gemacht habe, könnten ihm weiterhelfen.“
„Ah ja, die Fotos. Detective Stavos hat sie mir gezeigt, damit ich für ihn die abgelichteten Gäste identifizierte. Glücklicherweise konnte ich das auch, und ich kann Ihnen versichern, Jenna, dass sich keine finsteren Gestalten unter ihnen befanden.“ Er breitete die Arme aus. „Sie sehen, alles, was Adam gesagt hat, alles, was er zu wissen oder zu sehen glaubte – das waren alles nur Lügen oder vielleicht auch nur Hirngespinste.“
Jenna hielt es für das Beste, zum Schein auf seine Linie einzuschwenken. „Na ja, er kann sich natürlich auch geirrt haben“, sagte sie und machte einen Schritt nach hinten.
J.B. lächelte sie ungerührt an. „Wissen Sie, Jenna, als Sie an unserem Projekt Wizard mitgearbeitet haben, hatte ich Gelegenheit, Sie kennen zu lernen. Dabei habe ich erkannt, dass Sie eine sehr ehrliche Person sind, die immer die Wahrheit sagt. Immer.“
„Ja, das stimmt.“ Wieder wich sie einen Schritt zurück.
„Aber gerade sagten Sie nicht die Wahrheit, Jenna. Sie glauben nicht, dass sich Adam geirrt hat. Ich sehe in Ihren Augen, dass Sie überzeugt davon sind, ich hätte ein unsägliches Verbrechen begangen.“
„Sie irren sich.“ Ein halber Schritt. Noch ein halber, dann würde sie gegen die Mauer stoßen.
„Was verschweigen Sie mir, Jenna?“
„Nichts.“
„Wie soll ich mich verteidigen, wenn ich nicht weiß, was man mir vorwirft?“
„Ich sagte bereits, ich weiß nichts. Es tut mir Leid, wenn Sie den Eindruck haben, dass ich …“
„Haben Sie Abzüge von den Fotos?“
Die Frage traf sie völlig unvorbereitet. „Wie bitte?“
„Ich möchte wissen, ob Sie Abzüge von den Fotos haben. Wenn ja, würde ich sie mir gern noch einmal in Ruhe anschauen – für den Fall, dass ich etwas übersehen habe.“
Ihr Herz schlug so heftig und schnell, dass sie befürchtete, er könnte es hören. Merkte er ihr an, wie ängstlich sie war? „Nein, leider nicht.“ Irgendwie gelang es ihr, seinem eindringlichen Blick standzuhalten. „Meinen einzigen Satz Fotos habe ich der Staatsanwältin gegeben.“
Etwas blitzte in seinen Augen auf, aber es geschah so schnell, dass sie es nicht deuten konnte.
Sie machte zwei, drei Schritte zur Seite, um von ihm Abstand zu gewinnen. Dabei stieß sie gegen die Leiter und wäre hingefallen, hätte J.B. sie nicht gepackt.
Er hielt sie an den Armen und sagte: „Vorsichtig, Jenna.“ Er blickte über ihre Schulter und fügte an: „Bis nach unten ist es ein weiter Weg.“
28. KAPITEL
J enna wagte erst wieder auszuatmen, als sie hörte, wie sich die Aufzugtür schloss. Mit einem Blick durch den Spion überzeugte sie sich, dass J.B. tatsächlich gegangen war. Sie schloss die Wohnungstür ab, ging in die Küche und schenkte sich ein Glas Wein ein. Sie trank einen Schluck, dann einen zweiten und wartete darauf, dass der Alkohol ihre Nerven beruhigte. Doch das geschah nicht.
Normalerweise kam sie mit jedem Problem klar, doch diesmal wusste sie nicht, was sie von J.B.s Besuch halten sollte. Wenn sie auf ihren Instinkt hörte, dann war die Antwort ganz einfach: Er hatte herausfinden wollen, was sie wusste, und als das zu nichts geführt hatte, war er zu Drohungen übergegangen. Aber stimmte das wirklich? Vor kurzem noch hatte ihr Marcie eine überschäumende Fantasie attestiert. Die wollte Jenna auch gar nicht abstreiten, doch diese Fantasie ging mit einer Portion gesunden Menschenverstands einher. Und genau der sagte ihr, dass sie allen Grund zur Sorge hatte. J.B.s Benehmen war äußerst merkwürdig gewesen. Warum hatte er ihr den Weg verstellt, obwohl er bemerkt haben
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